Leitartikel27. Juni 2025

Es geht nicht um einen »Kompromiss«, sondern darum, alle Verschlechterungen zu verhindern

von Ali Ruckert

Wenige Tage vor der nationalen Demonstration der Gewerkschaftsfront von OGBL und LCGB am 28. Juni, denen sich weitere Gewerkschaften, Parteien, darunter die KPL, sowie gesellschaftliche Organisationen aus dem Sozial- und dem Umweltbereich angeschlossen haben, scheinen die Nerven bei manchen Gegnern des Bündnisses blank zu liegen.

Ein ebenso beredtes wie schäbiges Beispiel dafür gab am Mittwoch der Präsident der Dachorganisation des Patronats UEL ab, als er – nachdem der CSV-Premier bereits zuvor verkündet hatte, er werde am 28. Juni in den Wald spazieren gehen – in einem Radiointerview die Zuhörerinnen und Zuhörer dazu aufrief, nicht an der Manifestation vom Samstag teilzunehmen.

Er unterstellte den Gewerkschaften, Lügen und Halbwahrheiten zu verbreiten und die Menschen gegen die Regierung aufwiegeln zu wollen, um diese zu Fall zu bringen.

Ist das wirklich so?

Soweit bekannt ist, und von den Gewerkschaften in gedruckter Form an alle Haushalte im Land übermittelt wurde, richtet die Manifestation sich ganz gezielt »gegen diese Regierungspolitik«. Ausgelöst wurde sie durch die Entscheidung von CSV und DP, eine Verwässerung des Kollektivvertragsgesetzes und eine Einschränkung der Rechte der Gewerkschaften durchzuboxen, die Arbeits- und Lebensumstände von 50.000 Beschäftigten aus dem Einzelhandel und dem Lebensmittelhandwerk durch eine vollständige Liberalisierung der Öffnungszeiten im Handel durcheinanderzubringen und eine schrittweise Verlängerung der Lebensarbeitszeit von bis zu fünf Jahren durchzupeitschen.

Hinzukommt, dass diese Regierung sich weigert, den Mindestlohn und die Mindestrente substantiell zu erhöhen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Armut und Wohnungsnot zu beseitigen.

In Angriff genommen wurden die sozialen und arbeitsrechtlichen Verschlechterungen, ohne dass es seitens der Regierung ernsthafte Bestrebungen gegeben hätte, mit den Gewerkschaften zu sprechen, geschweige denn zu verhandeln.

Das hat damit zu tun, dass Regierung und Patronat sich in der Sache einig sind, was denn auch erklärt, dass deren Dachorganisation die Regierung ermutigt, ihre »Reformen« durchzuziehen und noch einen draufzusetzen.

Angesichts dessen ist es mehr als fraglich beziehungsweise in höchstem Maße unwahrscheinlich, dass sich daran etwas ändern würde, wenn die von Regierung und Patronat gewollten sozialen und arbeitsrechtlichen Verschlechterungen Gegenstand einer Tripartite wären.

Unter den gegenwärtigen Umständen kann es keineswegs darum gehen, in einer Dreierrunde einen »Kompromiss« zu finden, denn das könnte heißen, dass die Verschlechterungen lediglich weniger schlimm ausfallen würden als von der Regierung und vom Patronat gefordert. Vielmehr geht es darum, die Verschlechterungen allesamt zu verhindern, wenn die Schaffenden und ihre Gewerkschaften nicht zum Verlierer der nächsten Jahre werden sollen.

Deshalb muss die Demonstration am morgigen Samstag zu einem Erfolg werden. Damit ihr im Herbst ein Generalstreik folgen kann, sollten das Patronat und seine Regierung auf Verschlechterungen beharren.

Es kommt auf jeden an, auch auf Dich!