Ausland05. November 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

»Die gesamte Region steht am Rande des Abgrunds«

Angriff auf Polio-Impfzentrum

Israels Armee setzt ihre Angriffe im Gazastreifen fort. Während die Polio-Impfkampagne im nördlichen Teil des Gazastreifens fortgesetzt wird, hat die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Bericht über einen Angriff auf ein Impfzentrum erhalten. »Sechs Menschen, darunter vier Kinder, wurden verletzt«, schrieb der Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf X. »Dieser Angriff während der humanitären Pause gefährdet die Unantastbarkeit des Gesundheitsschutzes für Kinder und könnte Eltern davon abhalten, ihre Kinder zur Impfung zu bringen«, warnte der WHO-Direktor.

Die Leiter von 15 UNO-Hilfsorganisationen und privater Gruppen haben in einer gemeinsamen Erklärung ein sofortiges Ende der Kämpfe im Gazastreifen gefordert. Besonders dramatisch sei die Lage im Norden des Küstenstreifens, wo Israels Armee Anfang Oktober eine neue Bodenoffensive gestartet hatte. »Die gesamte palästinensische Bevölkerung in Nord-Gaza ist akut vom Tod durch Krankheit, Hunger und Gewalt bedroht«, hieß es in der Erklärung. Zu den Unterzeichnern gehörten unter anderem die Leiter des UNO-Nothilfebüros (OCHA), des UNHCR, von UNICEF, der WHO und des Welternährungsprogramms (WFP) sowie der Hilfsorganisation Oxfam. »Die gesamte Region steht am Rande des Abgrunds«, warnen die Unterzeichner.

USA-Truppen im Nahen Osten

Angesichts der Spannungen im Nahen Osten verlegt das USA-Kriegsministerium zusätzliche militärische Kapazitäten in die Region. Kriegsminister Lloyd Austin habe die Entsendung weiterer Kriegsschiffe zur Raketenabwehr, eines Jagdgeschwaders, von Tankflugzeugen und mehreren Langstreckenbombern des Typs B-52 genehmigt, hieß es. Die Verstärkung soll in den kommenden Monaten erfolgen, während der Flugzeugträger »USS Abraham Lincoln« (Foto) und dessen Begleitschiffe auf den Abzug aus der Region vorbereitet werden.

Weitere Warnstreiks der IG Metall

Die IG Metall hat im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie ihre Warnstreiks in mehreren Bundesländern fortgesetzt. Bundesweit nahmen rund 30.000 Beschäftigte an den Protesten teil. In den ersten vier Tagen hatten sich 216.000 Menschen beteiligt. Für den kommenden Montag ist in Hamburg ein Verhandlungstermin anberaumt. Die größte Protestaktion vom Montag fand im Mercedes-Benz-Werk in Sindelfingen statt. Rund 10.000 Beschäftigte legten um 8.30 Uhr die Arbeit nieder und versammelten sich zu einer Kundgebung. Zudem waren die Beschäftigten der Nachtschicht am Montagabend zum Streik aufgerufen. Weitere Arbeitsniederlegungen gab es in Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Am Dienstag will die IG Metall mehr Mitglieder zum Warnstreik aufrufen. Die Gewerkschaft fordert bundesweit für die 3,9 Millionen Beschäftigten sieben Prozent mehr Lohn bei einer Vertragslaufzeit von einem Jahr.

Israelische Siedler attackieren Palästinenser

Ramallah – Es ist ein neuer Fall von Vandalismus radikaler israelischer Siedler im Westjordanland. In der Nacht wurden 18 Fahrzeuge von Palästinensern in Brand gesetzt.

Laut Augenzeugen handelte es sich um etwa zehn Angreifer. Sie hätten in die Luft geschossen, als palästinensische Feuerwehrfahrzeuge in dem Ort nahe Ramallah eintrafen, um die Brände zu löschen. Nach Konfrontationen mit den Einwohnern seien die Siedler wieder verschwunden.

Es gibt immer wieder Berichte über Siedlergewalt gegen Palästinenser im besetzten Westjordanland. Israel hatte im »Sechstagekrieg« 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute inmitten von drei Millionen Palästinensern rund 700.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Der UNO-Sicherheitsrat hatte Israel Ende 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalems aufgefordert. Siedlungen wurden in einer UNO-Resolution als Verstoß gegen internationales Recht und als großes Hindernis für Frieden in Nahost bezeichnet.

Ukraine bleibt bei »einheitlichen« TV-Nachrichten

Kiew – Die ukrainische Regierung hält am Konzept des »einheitlichen Nachrichtenfernsehens« fest. »Der Staat plant, die Unterstützung des TV-Marathons nach dem Ende des Kriegszustands einzustellen«, sagte Kulturminister Totschizki. Der Minister betonte: «Unser Ziel ist es, einen Raum für Wahrheit und Meinungsfreiheit zu schaffen und diese Arbeit wird jeden Tag fortgesetzt.»

Über Antenne wird seit März 2022 auf den Programmplätzen der landesweiten Nachrichtensender und anderer reichweitenstarker Sender rund um die Uhr ein einheitliches Nachrichtenprogramm ausgestrahlt. Das ist vor allem eine Einschränkung für die drei Nachrichtensender, die Ex-Präsident Petro Poroschenko nahestehen.

Krankenhäuser und Schule im Libanon unter Beschuß

Beirut – Im Libanon sind infolge von israelischen Luftangriffen erneut Krankenhäuser beschädigt worden. Das Regierungskrankenhaus in Tebnine im Südlibanon habe durch Beschuß in der Umgebung schweren Schaden genommen, meldete das libanesische Gesundheitsministerium. Dabei wurden mindestens zehn Menschen verletzt. Sieben von ihnen befanden sich zum Zeitpunkt des Angriffs im Krankenhaus.

Durch Luftangriffe in der Nähe des Regierungskrankenhauses in Baalbek im Osten des Landes sei es zu Sachschäden an der Klinik gekommen. Das Krankenhaus sei überfüllt mit Patienten und Verwundeten, hieß es. Darüber hinaus seien zwei Rettungshelfer bei einem Angriff im Südlibanon getötet worden. Sie gehörten der Islamic Health Association an, dem Rettungsdienst der Hisbollah.

Bei einem Angriff auf einen Vorort der Küstenstadt Sidon wurden zudem mindestens drei Menschen getötet und neun verletzt. Die UNRWA meldete, daß bei einem Angriff in der Nähe des Palästinensercamps Burdsch Schemali nahe der Küstenstadt Tyrus im Südlibanon eine UNO-Schule beschädigt worden sei.

Die humanitäre Lage im Libanon ist mittlerweile noch schlimmer als im vergangenen Krieg 2006. »Die Situation ist in vergangenen Tagen weiter eskaliert«, erklärte das UNO-Nothilfebüro Ocha.

»Die Schäden für die Bevölkerung haben sich durch die Zerstörung kritischer Infrastruktur verschärft, darunter im Gesundheitswesen«. Viele Krankenhäuser seien von der hohen Zahl an Opfern überwältigt und würden dringend um Blutspenden bitten.

Nach offiziellen Angaben wurden im Libanon nahezu 3.000 Menschen getötet und 13.300 weitere verletzt. Unter den Toten sind auch etwa 180 Minderjährige und 600 Frauen.

Kein Geld für Artenschutz

Cali – Am Samstag ging im kolumbianischen Cali die Weltnaturkonferenz zu Ende, nachdem über viele Stunden erfolglos um eine Abschlußerklärung gerungen worden war. Die Vertreter von rund 200 Ländern hatten bei der 16. UNO-Konferenz zur biologischen Vielfalt (COP16) zwei Wochen lang beraten. Das Ende geriet nach Ansicht des WWF zu einer »Blamage«.

»Nach einem zwölfstündigen Schlußplenum mußte die Konferenz trotz ausstehender Agendapunkte abrupt beendet werden. Es waren nicht mehr genug Delegierte im Raum, um beschlußfähig zu sein«, hieß es von der deutschen Umweltstiftung. »Das Ziel, die Naturzerstörung bis 2030 aufzuhalten und sogar rückgängig zu machen, verbleibt nach dieser Konferenz noch in weiter Ferne«, sagte Florian Titze, Experte für internationale Politik beim WWF Deutschland.

Bereits vor zwei Jahren verpflichteten sich die Staaten in einem Rahmenabkommen – dem Weltnaturvertrag – auf eine Reihe von Zielen, die bis 2030 erreicht werden sollen. Beispielsweise wurde vereinbart, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Zudem sollen die Industrieländer bis 2025 jährlich rund 20 Milliarden Dollar für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen.

Am Ende der Konferenz habe die Blockade des Biodiversitätsfonds durch die EU die Gräben zwischen Industriestaaten und Ländern des Globalen Südens vergrößert, erläuterte Jannes Stoppel, Politikexperte von Greenpeace Deutschland. Daß es beim globalen Biodiversitätsfonds keine Einigung gegeben habe, treffe das bereits schwer belastete Vertrauensverhältnis zwischen Industriestaaten und den Ländern im Globalen Süden empfindlich, hieß es auch vom WWF.

Lichtblicke in Cali waren dem WWF zufolge unter anderem ein Durchbruch für den Schutz biodiversitätsreicher Meeresgebiete und die stärkere Beteiligung indigener Bevölkerungen, lokaler Gemeinschaften und deren Wissen.

Die Delegierten hatten sich auf die Einrichtung eines permanenten Untergremiums geeinigt, das indigene Völker in künftige Gespräche und Entscheidungen über den Naturschutz einbeziehen soll.

Türkische Regierung setzt Bürgermeister ab

Istanbul – Die türkische Regierung hat drei Bürgermeister der Partei Dem im Südosten der Türkei abgesetzt. Die Bürgermeisterin von Batman sowie die Bürgermeister von Mardin und dem Bezirk Halfeti in Sanliurfa seien durch Regierungsbeamte ersetzt worden, teilte das türkische Innenministerium mit. Alle drei Politiker seien wegen der »Mitgliedschaft in einer Terrororganisation« verurteilt worden.

Die Dem-Partei verurteilte das Vorgehen als einen »Putsch«. Die Absetzung sei ein Angriff auf die politischen Rechte aller türkischen Staatsbürger. Auch der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Özgür Özel, verurteilte das Vorgehen. Erst am Donnerstag war ein kurdischer Bezirksbürgermeister der CHP in Istanbul wegen Terrorvorwürfen abgesetzt worden.

Für die betroffenen Provinzen im Südosten wurde ein Verbot von Demonstrationen für die kommenden zehn Tage verhängt. Menschen versammelten sich dennoch, um gegen das Vorgehen zu protestieren. In Batman und Sanliurfa setzte die Polizei dabei Tränengas gegen Demonstranten ein. Die Menschenrechtsorganisation IHD in Batman berichtete auf der Plattform X von mehreren Festnahmen.

Deutsche Ministerin verteidigt Rüstungsexporte nach Israel

Beirut – Die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat dem vom Krieg schwer erschütterten Libanon »weitere Hilfe für die Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen im Land« zugesichert. »Das ist im Interesse des Libanon, hier zu stabilisieren, das ist aber auch im Interesse Deutschlands«, sagte Schulze bei einem Kurzbesuch in der libanesischen Hauptstadt Beirut.

Schulze sprach sich für einen baldigen Waffenstillstand im »Krieg zwischen Israel und der Hisbollah« aus. Gleichzeitig verteidigte die SPD-Politikerin die deutschen Rüstungsexporte nach Israel, die die Bundesregierung zuletzt wieder ausgeweitet hat. »Wir unterstützen Israel, das ist Teil unserer Staatsräson, Israel muß sich verteidigen können«, sagte die Ministerin nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Nadschib Mikati. »Das Land wird gerade ganz massiv angegriffen, eben auch hier von der Hisbollah.«

Man müsse den Menschen erklären, daß »die Hisbollah Israel angegriffen« habe und Israel das Recht habe, sich zu verteidigen. Die Bundesregierung unterstützt Israel inzwischen wieder verstärkt mit Rüstungsgütern. Alleine vom 1. August bis 17. Oktober genehmigte der Bundessicherheitsrat, dem Schulze angehört, Exporte für 94,05 Millionen Euro – ein Vielfaches der Lieferungen aus den ersten Monaten des Jahres.

Prowestliche Präsidentin siegt in Moldau

Chisinau – Nach ihrem Sieg bei der Präsidentenwahl in der Republik Moldau will die prowestliche Staatschefin Maia Sandu das Land weiter »mit Reformen in die EU führen«. »Wir brauchen Zusammenhalt«, sagte die 52-Jährige in der Hauptstadt Chisinau auch auf Russisch nach ihrem Sieg in der Stichwahl. Mit Blick auf das starke Abschneiden ihres Herausforderers Alexandr Stoianoglo erklärte sie, eine Präsidentin für alle sein zu wollen.

Sandu hatte dank der Hunderttausenden Moldauer im Ausland – vor allem in der EU – gewonnen. Im Land selbst vereinte der frühere Generalstaatsanwalt Stoianoglo, der sich für wirtschaftliche Beziehungen zu Moskau einsetzt, die Mehrheit der Stimmen auf sich.

Sandu von der Partei Aktion und Solidarität (PAS) kam auf 55,41 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung in Chisinau nach Auszählung von über 99 Prozent der Wahlzettel mitteilte. Der 57 Jahre alte Stoianoglo, der seine Anhänger zur Ruhe aufrief, unterlag mit 44,59 Prozent der Stimmen.

Stoianoglo kam im Land selbst auf die Mehrheit mit 51,19 Prozent der Stimmen. In seiner Heimatregion Gagausien, einem autonomen Gebiet, kam er sogar auf 97,04 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit über 54 Prozent höher als in der ersten Runde am 20. Oktober.


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