Syrien gestern und heute
Betrachtungen einer Nahost-Korrespondentin
Kennen Sie »Wimmelbilder«? Kinder und Erwachsene lieben »Wimmelbilder«. Kinder lieben sie, weil sie Stundenlang darauf sehen und immer wieder Neues entdecken können. Erwachsene lieben sie, weil sie Kinder auf diese Weise zumindest eine Zeitlang ruhigstellen können.
Es gibt »Wimmelbilder« aus Städten und aus verschiedenen Jahrhunderten, es gibt sie als Bücher, Kalender, oder als Teppiche für Kindergärten. Gemeinsam ist allen, daß sie Phantasiebilder sind, die mit der Wirklichkeit nichts (mehr) zu tun haben.
Als »Wimmelbild« können Sie sich vorstellen, was derzeit von Medien und Politikern der westlichen Hemisphäre und ihren Partnern im Östlichen Mittelmeerraum und in der arabischen Golfregion über Syrien produziert wird. Da gibt es »Analysen«, Perspektiven, Wunsch- und Gefahrenkataloge, Ratschläge und jede Menge Debatten.
»Siegesbilder« aus Damaskus
Es gibt unzählige Interviews, Reiseaktivitäten und Treffen, mit denen Bilder eines zukünftigen Syrien produziert werden, die sich das Publikum stundenlang ansehen und darin immer wieder Neues entdecken kann. Die Drahtzieher dessen, was in Syrien derzeit geschieht, versuchen derweil mit einem bunten Strauß voller Wundertüten die Syrer zumindest eine Zeitlang ruhigzustellen. Das gilt vor allem für die Syrer, die an ihrem Land festgehalten haben, trotz Mangel und trotz einem Krieg, den keiner von ihnen wollte.
Diese Drahtzieher sind Staaten und deren Führungspersonal, die sich auf Einladung Jordaniens am Wochenende in Akaba trafen. Da waren arabische Staaten vertreten, die 2011/12 den Aufstand in Syrien mit Geld und Waffen, politisch und medial befeuerten. Da waren die USA und die EU vertreten, die Syrien mit einseitigen Sanktionen seit 2011 so sehr schädigten, daß kein Wiederaufbau möglich war.
Die Wirtschaft des Landes wurde durch illegale Besatzung und Plünderung syrischer Rohstoffe und syrischen Territoriums so sehr geschädigt, daß Vertreibung, Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption und Schmuggel die gesamte Gesellschaft an den Rand menschlicher Lebensmöglichkeiten zwangen.
Nun rollen eben diese Staaten für die international als Terrororganisation gelistete Hay’at Tahrir al-Sham alias Nusra Front alias Al Qaida in Syrien den roten Teppich aus und stellen ein Ende der einseitigen Sanktionen in Aussicht. Abu Mohammed al Jolani, auf den die USA ein Kopfgeld von 10 Millionen US-Dollar ausgesetzt hatten, wird ermahnt, eine zukünftige Regierung müsse den Prinzipien entsprechen, »auf die wir uns alle geeinigt haben, daß die neue Führung in Syrien diese einhalten muß«, so die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kassal, die an dem Treffen in Akaba teilnahm. Diese Prinzipien seien »Stabilität, Souveränität und territoriale Integrität Syriens (….) Auch der Respekt von Minderheiten, keine Radikalisierung, der Aufbau von (staatlichen) Institutionen, eine einheitliche Regierung – das bedeutet alle Gruppen Syriens – und die Rechenschaftspflicht für begangene Verbrechen« müßten berücksichtigt werden.
Ob Frau Kallas dabei auch an die Verbrechen von HTS und der Nusra Front gedacht hat?
Die Medien verbreiten »Siegesbilder« aus Damaskus. »Hunderttausende« sollen am ersten Freitag nach dem »Sturz des Regimes« in und um die Ommayyaden-Moschee in der Damaszener Altstadt gefeiert haben. Die engen Straßen und Gassen um das ehrwürdige Gebäude seien am Vorabend mit Menschenmassen gefüllt, wie man sie sonst nur vor dem Krieg an jedem Wochenende dort sehen konnte, berichten Anwohner. »Hunderttausende« sollen am Freitagabend dem Feuerwerk zugejubelt haben, das über dem Ommayyaden-Platz vor dem Opernhaus gezündet wurde, während im Hintergrund das »Four Seasons« Hotel wie eine Festung erleuchtet war.
Eine Festung ist das Hotel allerdings, denn es wurde mit einer hohen Mauer und Stacheldraht umgeben und ist nur durch eine Sicherheitsschleuse zu betreten. Das »Four Seasons« beherbergt seit 2012 die Vertretung der UNO, die in Syrien Hilfe für notleidende Menschen organisieren soll. Aus Sicherheitsgründen müssen die UNO-Leute sich wie in einer Festung verschanzen.
Alles ist Sensation
Die Filmaufnahmen der vielen Journalisten, die über die Türkei – mit den »Rebellen« aus Idlib – nach Damaskus gelangten, oder die über den Libanon und die verlassene syrische Grenze ins Land strömten, ähneln sich vermutlich auch deswegen, weil sie schnell produziert werden. Die Redaktionen drängen auf immer mehr und neue Bilder, die Trendsetter-Sender wie BBC, CNN und Al Jazeera haben Reporter, Kameraleute und Techniker in Stärke von Fußballteams nach Damaskus geschickt, sie scheinen rund um die Uhr zu arbeiten.
Sie werden nicht müde, die Fahne der »Rebellen« zu zeigen, die überall und massenweise an Geschäfte und an die Bevölkerung verteilt wurden – eine Fahnenfabrik an unbekanntem Ort war offenbar auf die große Nachfrage vorbereitet worden und hatte große Mengen produziert.
Immer wieder werden Bilder des Gefängnisses in Sednaya gezeigt, dessen Tore wie die aller Gefängnisse beim Vormarsch der »Rebellen« geöffnet wurden. Die Gefangenen – nach unterschiedlichen Angaben in Sednaya bis zu 4.300 – wurden ihrer neuen Freiheit überlassen. Manche Familien, die Jahre lang auf die Freilassung ihrer Angehörigen gehofft hatten, warteten vergeblich auf deren Rückkehr und fanden sie in Leichenhäusern. Andere irrten durch die leeren Zellen des Gebäudes oder durchwühlten achtlos zerstreute Dokumente und Personalausweise auf der Suche nach Informationen.
Immer dabei sind die TV-Kameras und zeigen Menschen, die am Boden kauerten, Menschen, die müde ins Leere starrten oder voller Entsetzen und Trauer zusammenbrachen. Wo Hilfe und Zuspruch gebraucht würde, gibt es Kameras und Mikrophone. Syrien, HTS in Damaskus, »das Grauen von Sednaya« verkaufen sich gut. Alles ist Sensation.
Als Schulen und Universitäten am Sonntagmorgen – in der arabischen Welt ist das der Wochenanfang – wieder öffnen, sehen die Schüler verlegen zu, wie die neue Fahne gehißt wird, vor der sie nun Aufstellung nehmen müssen. Eine Lehrerin erscheint vor ihren Grundschülern mit der neuen Fahne als Schultertuch.
Kein Raum für die Geschichte
Alles Übel wird auf Baschar al-Assad abgeladen, der das Land ohne ein Wort verlassen hat. Er habe mit seiner Familie in Moskau »humanitäres Asyl« erhalten, teilt das russische Außenministerium mit. Um sein Verschwinden ranken sich zahlreiche Medienberichte, die, basierend auf namentlich nicht genannte Quellen, wissen wollen, wie sein Abgang sich zugetragen haben soll. Die Schwäche der Armee wird »analysiert« oder wahlweise auch deren Spaltung. Die Baath Partei, die mit ihren Institutionen anderes politisches Leben schließlich erstickte, soll sich aufgelöst haben, heißt es. Alle müßten »für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden«, heißt es. Die jahrzehntelange Unterdrückung sei vorüber, Syrien werde »neu geboren«.
Im »Wimmelbild« Syrien, das der westlichen Öffentlichkeit präsentiert wird, gibt es keinen Raum für die Geschichte der Region und Syriens, das schon unmittelbar nach seiner Unabhängigkeit im Jahr 1946 von Intrigen der USA und von Interventionen erschüttert wurde. Es gibt keinen Raum für die Hunderttausenden Flüchtlinge, die in dem Land ein neues Zuhause fanden: Tscherkessen und Algerier im 19. Jahrhundert, Armenier Anfang des 20. Jahrhunderts. 1948 wurden Zehntausende Palästinenser aufgenommen, die von zionistischen Milizen vertrieben worden waren. Weitere Palästinenser folgten nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 und erneut nach dem Krieg mit Israel 1973.
Nach dem Überfall der USA auf den Irak 2003 und dem folgenden blutigen inneren Krieg, der 2005 seinen Höhepunkt fand, wurden 1,5 Millionen Iraker in Syrien aufgenommen. Millionen Libanesen kamen nach Syrien während des Krieges 2006 und zuletzt während der jüngsten israelischen Angriffe von September bis November 2024, die mehr als 3.900 Menschen im Libanon das Leben kostete und mehr als 16.500 verletzte. Rund 400.000 Syrer, die wegen des Krieges in Syrien in den Libanon flohen, waren in diesen Wochen nach Syrien zurückgeflohen.
Das Jahr 2011
Mit dem Jahr 2011 waren die Syrer selber zu Flüchtlingen geworden.
Damals boomte die Wirtschaft des Landes. Die Weltbank stufte Syrien unter den arabischen Staaten als fünftstärkste Ökonomie ein. Das Land hatte sich in den zehn Jahren nach 2000 unter dem jungen Präsidenten Baschar al Assad nach Westen, nach Europa geöffnet und bot sich nach dem 11. September 2001 als Partner im »Kampf gegen den Terror« an, den die USA erklärt hatten. Syrien ließ bereitwillig ausländische Studenten, Firmen, Organisationen, Medien einreisen. Mit der EU wurde über ein Assoziierungsabkommen verhandelt.
Auf den Ölfeldern im Osten des Landes entlang der Grenze zum Irak waren sämtliche großen ausländischen Öl-Konzerne zu finden. Entlang der Straße von Damaskus nach Homs bauten internationale Autofirmen große Ausstellungs- und Verkaufshäuser. Die deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ, heute GIZ) sanierte aufwendig die Altstadt von Aleppo. Die syrische Regierung lud syrische Wissenschaftler und Unternehmer ein, die im Ausland lebten und rief sie auf, in Syrien zu investieren. Viele Ärzte bauten private Kliniken und Praxen auf und ergänzten damit die gesundheitliche Versorgung im Land.
Die Autorin hatte 2005 den Irak verlassen und war den irakischen Flüchtlingen nach Syrien gefolgt. Ein Antrag auf Akkreditierung wurde fünf Jahre lang bearbeitet, bis er schließlich 2010 bewilligt wurde. Als zur Jahreswende 2010/11 auf dem Tahrir-Platz in Kairo die Proteste begannen, reiste die Autorin vom Flughafen Damaskus nach Kairo, um von dort zu berichten. »Erzähl uns, was du dort hörst und erlebst«, sagte ein Bekannter vor der Abreise. »Ich hoffe nur, daß sie dort am Ende nicht die Muslimbrüder bekommen.«
Ägypten bekam einen Präsidenten der Muslim-Bruderschaft. 2013 folgte ein Militärputsch unter Führung von Feldmarschall Abdel Fatteh al-Sisi, der 2014 Präsident wurde.
In Syrien begannen Demonstrationen, überall wurde diskutiert. Erste Menschen wurden bei den Protesten getötet, Angriffe auf Polizei und Armee vor allem in den Grenzgebieten zur Türkei und zu Jordanien nahmen zu. Wissenschaftler, Offiziere, Politiker, Journalisten wurden erschossen oder entführt, es herrschte Angst.
Oppositionelle aus verschiedenen Parteien stellten auf einer Konferenz im Semir Amis-Hotel im Sommer 2011 ihre Forderungen vor: Keine Gewalt, Freilassung der Gefangenen, nationaler Dialog. Etwa zeitgleich wurde in der Türkei die »Freie Syrische Armee« gegründet. Deutschland, Frankreich und Britannien riefen ihre Botschafter zurück und schlossen Anfang 2012 ihre Botschaften in Damaskus. Eine vom Staat organisierte Konferenz für den nationalen Dialog in Syrien endete Ende 2011 ohne Ergebnis. Im nächsten Jahr, 2012, wurden Kämpfer, Waffen und Ausbilder ausländischer Geheimdienste über Jordanien und die Türkei nach Syrien geschleust, es war die CIA-Operation »Timber Sycamore«, die den Sturz des Regimes zum Ziel hatte. Die Bevölkerung war ratlos.
»Wir haben unser Haus zerstört«
Die jungen Leute, die heute in Syrien jubeln, sind im Krieg aufgewachsen. Sie kennen das Syrien von gestern nicht, sie kennen Mangel, Armut, Arbeitslosigkeit, sie wollen ein neues Syrien bauen. Die dschihadistischen Kämpfer, sofern sie Syrer sind, kennen das alte Syrien nicht. Sie haben gekämpft, aus welchem Grund auch immer. Der Umgang mit Waffen ist ihnen vertrauter als der Umgang mit Schulbüchern. Sie haben prägende Jahre ihres Lebens in einer Umgebung »Dschihad«, des »Heiligen Krieges« und religiöser Herrschaft verbracht. Sie sind im Haß auf andere, besonders auf die Al-Assad-Familie aufgewachsen und geschult worden. Doch auch sie waren erschöpft, wie die Autorin in Interviews mit »Rebellen« erfuhr, die in der Türkei und in Afrin unter türkischer Kontrolle lebten.
»Wir haben unser Haus zerstört«, sagte ein Offizier der von der Türkei finanzierten und geführten Syrischen Nationalen Armee (SNA), in einem telefonisch geführten Interview im August 2022. »Uns fehlt es an Geld, wir wollen richtige Arbeit, wir wollen nach Hause«, sagte er. Ob dieser Mann jetzt, bei den vorrückenden HTS-Truppen auf Damaskus dabei war? Oder ob er im Osten des Landes – im Auftrag der Türkei – in den Reihen der SNA gegen die kurdischen Selbstverteidigungskräfte kämpfen muß?
1,5 Millionen Menschen sind in Syrien auf der Flucht
Das sagt die UNO. Sie fliehen aus Angst, sie fliehen, weil sie vertrieben werden. Sie fliehen, um sich und ihre Familien vor den neuen Herrschern in Sicherheit zu bringen. Im Nordosten des Landes fliehen kurdische Familien Richtung der irakischen Grenze. Aus dem südlich von Damaskus gelegenen Sayda Zeynab fliehen schiitische Syrer in Richtung Libanon oder in den Irak. Alawiten fliehen aus dem ganzen Land Richtung Libanon. Von den Golan-Höhen und aus Qunaitra fliehen Syrer nach Damaskus.
Diejenigen aber, die aus der Türkei oder dem Libanon nach Syrien zurückkehren, finden oft nicht mehr als Trümmer dort, wo einst ihre Häuser standen. Schon jetzt ist das Leben in Damaskus so teuer geworden, daß viele sich die Fahrt mit dem Minibus aus den Vororten in die Stadt nicht mehr leisten können. Für sieben Fladen Brot, die unter Assad 500 Lira kosteten, müssen die Menschen nun Stunden anstehen und 4.000 Lira bezahlen – wenn sie Glück haben, noch etwas zu bekommen.
Niemand in Syrien weiß, wie es für ihn und seine Familie weitergeht in diesem neuen Krieg, der noch wie eine politische Veränderung daherkommt. Nichts gibt es so reichlich, wie Waffen in den Händen von Dutzenden Islamistengruppen. Wie geht es weiter in Syrien, dessen Menschen wie seit Jahrzehnten die Menschen im Irak, in Palästina und im Libanon in den Netzen der Geopolitik gefangen sind?
Welche Zukunft gibt es für Syrien, das aus geopolitischen Gründen von denjenigen mutwillig zerstört wurde, die heute von Frieden sprechen. Wird es in drei oder vier Zonen zerteilt, werden die Türkei, die USA (mit den Kurden) und Israel das Land aufteilen, wie manche Karten es beschreiben.
Für die Christen ist klar, daß für sie – wie in der palästinensischen Stadt Bethlehem – Weihnachten ausfallen wird. Sie sollten auch die Glocken nicht mehr läuten, berichtet ein Pfarrer. Das hätten die neuen Verantwortlichen ihnen gesagt. »Die Muslime könnten sich gestört fühlen.«
Wer weiß schon noch, daß die Muslime mit den Christen gemeinsam Weihnachten feierten, so wie die Christen mit den Muslimen das Eidfest, mit dem der Fastenmonat Ramadan zu Ende geht?
Die Sorgen und Nöte der Menschen sind höchstens Randnotizen in den bunten und fröhlichen »Wimmelbildern«, die Medien der Öffentlichkeit und den Syrern verkaufen.
Der »Neue Mittlere Osten«
Während die Staatenvertreter in Akaba sich drehen und wenden und schöne Worte benutzen, tut Israel das, was es am besten kann. Mit mehr als 500 Luftangriffen hat die israelische Luftwaffe mindestens 80 Prozent der militärischen Verteidigungsmöglichkeiten Syriens zerstört: Hubschrauber, Kampfjets, Panzer, Transportfahrzeuge, Luftabwehrsysteme, Lagerhäuser und vieles mehr. Die kleine Marine des Landes im Hafen von Latakia wurde in Brand geschossen.
Israel nutzt das Machtvakuum im Weißen Haus und in Damaskus, um sich Land anzueignen, das ihm nicht gehört. Israelische Truppen haben die syrischen Golan-Höhen komplett übernommen und die dort stationierte UNO-Truppen ignoriert. Sie stehen wenige Kilometer vor Damaskus und haben angekündigt, mindestens ein Jahr dort zu bleiben. In dem von ihnen besetzten Land werde der Siedlungsbau verdoppelt, hieß es am Wochenende.
Im Gazastreifen werden dafür täglich Dutzende Palästinenser getötet, ihre Häuser zerstört, Felder plattgewalzt, neue Straßen und Sicherheitsanlagen errichtet. Die Zahl der Toten seit dem 7. Oktober 2023 stieg auf 45.000, die Zahl der Verletzten auf mehr als 100.000.
Im Westjordanland sterben täglich Menschen durch die Gewalt von Siedlern oder bei Razzien der Besatzungstruppen. Die UNO-Organisation für Palästinenser, UNRWA, kann in dem Flüchtlingslager Jenin nicht mehr arbeiten. Wehren die sich und greifen dabei zu Waffen, wird ihre gesamte Familie bestraft und ihr Haus wird zerstört.
Der Südlibanon wurde mit Weißem Phosphor und abgereicherten Urangeschossen verwüstet, der Überfall auf Syrien könnte die Vorstufe zu einem Überfall auf den Irak und den Iran sein. Netanjahu spricht von der Umstrukturierung der Region in einen »Neuen Mittleren Osten« und liefert damit den USA, der EU und der NATO, was sie schon lange wollten. Hauptsache, die Störenfriede Hamas, Hisbollah und Assad werden beseitigt, der Iran und Rußland aus der Region zurückgedrängt.
USA-Außenminister Blinken räumt ein, man sei im Gespräch mit der Terrororganisation HTS. Das gleiche gilt für Britannien, wie dessen Kriegsminister erklärt. Geir Pederson, UNO-Sonderbeauftragter für Syrien hoffte bei seiner Ankunft im »Four Seasons« in Damaskus, daß die Sanktionen gegen Syrien bald aufgehoben werden. Eine Forderung, die zwar vom UNO-Sonderberichterstatter über die Auswirkungen von einseitigen Sanktionen seit Jahren erhoben wurde, die von der UNO offiziell aber in all den Jahren nicht zu hören war.
»Dann kommen all die NGOs, es gibt Projekte und Wiederaufbau und Arbeit für die Syrer«, überlegt eine Bekannte in Damaskus. Das sei nicht die schlechteste Variante, selbst wenn HTS bleibe. Wahrscheinlicher aber sei, daß Syrien sich in ein neues Libyen oder Sudan oder Somalia verwandeln werde. »Die streiten sich um Macht und Kontrolle und sind bewaffnet bis an die Zähne«, meint sie. »Dann gnade uns Gott.«