Leitartikel28. Februar 2023

Die »Weltgemeinschaft« und der Krieg

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Mit Freudengeschrei wurde am Donnerstag in den großen bürgerlichen Medien die Abstimmung in der UNO-Generalversammlung über den Krieg in der Ukraine begrüßt. In der vereinheitlichten Meinung hieß es, die »Weltgemeinschaft« verurteile »Putins Krieg gegen die Ukraine« und fordere »den Rückzug Rußlands von den besetzten Gebieten«.

Tatsächlich haben 141 von 193 Staaten dieser Resolution zugestimmt, die maßgeblich von der EU und der Ukraine formuliert worden war. Allerdings wurde – wenn überhaupt – nur am Rande erwähnt, daß die Autoren der Resolution schon vor dem Einreichen des Papiers erhebliche Abstriche machen mußten, wenn sie auf eine deutliche Mehrheit der Stimmen kommen wollten. So wurde ein »Sondertribunal für russische Kriegsverbrechen« rasch aus dem Forderungskatalog gestrichen, weil man annehmen mußte, daß an diesem Punkt die Frage nach Kriegsverbrechen der USA und der NATO aufgeworfen werden könnte.

Ein ominöser »Zehn-Punkte-Friedensplan« des ukrainischen Präsidenten, den er bereits in seiner Videoansprache an das G20-Treffen im November auf Bali erwähnt hatte, fand ebenfalls keinen Eingang in die Resolution. Und das mit Recht, denn dazu gibt es nur sehr vage Informationen. Selenskis »Plan« hat nichts mit der Suche nach einer Lösung der Situation zu tun, sondern das sind Forderungen nach einer bedingungslosen Kapitulation und der Unterwerfung Rußlands unter den Willen des Westens.

Daß es überhaupt eine deutliche Mehrheit für die Resolution gab, liegt vor allem daran, daß der Wunsch nach Beendigung des Krieges immer stärker wird. Denn die große Mehrheit der Staaten der Welt, mit einer großen Mehrheit der Bevölkerung der Welt, leidet zunehmend unter den Begleitumständen des Krieges. An erster Stelle stehen hier die zahlreichen Sanktionen, die von den USA sowie von der EU gegen Rußland verhängt wurden, die sich nun zunehmend negativ auf die Wirtschaft vieler Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika, aber auch in der EU auswirken. Es ist immerhin bemerkenswert, daß die große Mehrheit der Staaten nicht bereit ist, sich an den Sanktionen zu beteiligen oder gar Waffen und Munition an die Ukraine zu liefern, trotz großen Drucks auf die Repräsentanten dieser Länder.

Nicht zu übersehen ist vor allem die große Zahl der UNO-Mitgliedstaaten, die der Resolution nicht zustimmten – dazu gehören auch diejenigen, die es vorzogen, nicht an der Abstimmung teilzunehmen. Allein fünfzehn afrikanische Staaten enthielten sich der Stimme, sieben weitere hatten den Saal vor der Abstimmung verlassen, und zwei Länder – Eritrea und Mali – stimmten dagegen.

Ugandas Außenminister Abubaker Jeje Odongo sagte dazu: »Wir waren kolonisiert, und wir haben denen vergeben, die uns kolonisiert haben. Jetzt fordern die Kolonisten uns auf, uns feindlich gegenüber Rußland zu verhalten, das uns niemals kolonisiert hat. Ist das fair?«

Diejenigen, die die »breite Zustimmung« zur Resolution feiern, sollten sich auch an die jährlich stattfindenden Abstimmungen zur Verurteilung der Blockade der USA gegen Kuba erinnern, bei denen die USA mal zwei, vielleicht auch mal drei ihrer getreuesten Anhänger auf ihre Seite ziehen können.

Ein deutliches Zeichen für die zunehmende Ratlosigkeit im »Westen« ist die anlehnende Haltung zur Friedensinitiative Chinas, die vom ersten bis zum letzten Satz auf dem geltenden Internationalen Recht beruht. Denn diese Initiative ist kein Plan mit Vorbedingungen, sondern sollte als Agenda für die Durchführung von Verhandlungen verstanden werden.