Ausland21. November 2023

Die China-Strategie von Baerbock, Scholz und Co.:

»Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale«

von Arnold Schölzel

Am 13. Juli warf Annalena Baerbock im antichinesischen Berliner Merics-Institut die »Chinastrategie« der deutschen Regierung ab. Das Papier, das auf 64 Seiten zwischen »Raus aus China!« und »In China bleiben!« mäandert und das Gewackel »Derisking« nennt, fiel gerechterweise sofort dem Vergessen anheim. Heute liest es sich wie ein Gruß von der »dümmsten Regierung«.

Ein deutsch-chinesisches Wirtschaftsdramolett in drei FAZ-Teilen:

7. November: Wirtschaftsredakteur Uwe Marx berichtet vom »Maschinenbaugipfel« in Berlin. In der Branche »dominierten deprimierende Zahlen und Entwicklungen«. Für 2024 werde der Produktionsrückgang auf etwa zwei Prozent geschätzt, 60 Prozent der deutschen Betriebe hätten niedrigere Auftragsbestände als im Durchschnitt vergangener Jahre, 30 Prozent wollten Personal abbauen, es werde in Deutschland Anfang nächsten Jahres »deutlich mehr Kurzarbeit« geben.

12. November: FAZ-Wirtschaftsredakteur Marcus Theurer veröffentlicht einige Zitate von BASF-Chef Martin Brudermüller. Der läßt gerade im chinesischen Zhanjiang für zehn Milliarden Euro den drittgrößten Standort des Konzerns nach Ludwigshafen und Antwerpen bauen. Vor der niederländischen Küste hat BASF den derzeit größten Windpark der Welt errichten lassen, der Strom soll die europäischen Werke des Konzerns versorgen.

Brudermüller über Windradhersteller: »Die Chinesen sind technisch besser als wir, und sie sind auch kostengünstiger als wir.« BASF könne das beurteilen, denn das »Unternehmen baue nicht nur in Europa Windparks mit europäischen Turbinen, sondern auch in China mit chinesischen«. Brudermüller ätzt: »Es gibt ja eine politische Diskussion, daß mit der Windkraft jetzt nicht die nächste Technologie weggeht. Ich würde tendenziell sagen: Die ist schon weg.«

Das liege »auch nicht an Preisdumping und staatlichen Subventionen in China. ›Schauen Sie sich das mal wirklich genau vor Ort an. Die sind einfach gut geworden mit ihren Produkten.‹« Und ein Tritt vors Schienbein derjenigen, die in der EU nur EU-Technik zulassen wollen: »Für eine Exportnation wie Deutschland ist das gefährlich, sehr gefährlich.« Die EU dürfe nicht gegen Chinas Windräder »›den Lattenzaun hochziehen‹«.

17. November: Redakteur Marx eröffnet den FAZ-Wirtschaftsteil mit dem Leitartikel »Die neue Maschinenbaurealität« und greift Brudermüllers »Die Chinesen sind besser als wir« auf. Das müsse »die deutschen Maschinenbauer ins Mark treffen«. Deren Motto »Wir sind teurer als andere, aber auch besser« reiche nicht mehr. Andere holten auf, »chinesische Unternehmen vorneweg«. Marx weiter: »Chinesische Maschinen seien viel besser als früher, heißt es jetzt unverblümt, das setze deutsche Mitbewerber unter Handlungsdruck. Und zwar nicht nur in China selbst, sondern auch in vielen Drittmärkten, denn der erstarkte Riese hat einen großen Radius.« Die Branche erlebe »eine Zeitenwende im China-Geschäft«.

Die »Neujustierung« erfolge jedoch in einer Schwächephase: »Inzwischen wackeln sogar Stützpfeiler, die bisher jede Erschütterung unbeschadet überstanden haben.« In der deutschen Regierung und der EU wüßten viele, »daß es um die Zukunft des Industriestandorts geht«. Marx hofft, daß die Selbsteinschätzung der Branche stimmt: »Daß nämlich die deutschen Maschinenbauer immer profitieren werden – egal, welche Weltmärkte Fahrt aufnehmen und welche Technologien sich durchsetzen, ob in der Mobilitäts- oder Energiewende. Es hänge so oder so an ihren Produkten. Sofern sie der Konkurrenz standhalten.« Sofern.

Chinastrategie von Baerbock, Scholz und Co.? Da steht was von »Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale«. Die Wirklichkeit: China setzt zu besserer Technik an. Die Berliner nageln Latten an Zäune.