Autonomes Fahren gegen die Wand
Wirtschaftsminister Delles setzt auf eine völlig unausgereifte Technologie, die mitunter Tote fordert
Nach »Islamic banking« und »Asteroidenbergbau« soll nun also die Technologie für »autonomes Fahren« zu einer Diversifizierung der Wirtschaft beitragen. Ja, Luxemburg solle nicht weniger als »Vorreiter in Europa« auf dem Gebiet werden, erklärte Ressortchef Lex Delles in der vergangenen Woche während eines Arbeitsbesuchs in Kalifornien (Zeitung vom 8. März). Offenbar glaubt der DP-Mann noch immer den bislang uneingelösten Heilsversprechen von Tesla-Boss Elon Musk. Der hatte das autonome Fahren schon vor nunmehr acht Jahren zum »im wesentlichen gelösten Problem« erklärt, bevor er dann vor fünf Jahren genauso großspurig »Autos ohne Lenkrad und Pedale« für 2021 ankündigte.
Während die Gewinnmargen der Autokonzerne weltweit immer kleiner werden, ist die selbstfahrende Technologie offensichtlich noch völlig unausgereift. Das hat oft kuriose, mitunter aber auch tödliche Folgen. So berichtete das deutsche »Handelsblatt« Ende Mai 2023 nach monatelanger Recherche und Befragung eines Whistleblowers aus dem Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin von zum Teil beängstigenden Unfällen mit selbstfahrenden Teslas. Einer soll in Deutschland in »die Mittelleitplanke auf der Autobahn« gefahren sein, ein anderer in den »Gegenverkehr«. In Los Angeles stand im vergangenen Jahr ein Mann wegen Totschlags vor Gericht, dessen Tesla Ende 2019 mit 119 km/h über eine Kreuzung direkt in einen Kompaktklassewagen vom Typ Honda Civic krachte, dessen Insassen sofort tot waren. Der Mann fuhr mit dem »Fahrassistenzsystem« oder »Autopiloten« (Musk).
In einem anderen Fall ging einer Ärztin aus Kalifornien ihr Tesla beim Wenden auf einem Parkplatz durch: »Ich versuchte zu lenken, aber raste in einen Zementpoller«, erklärte sie dem »Handelsblatt«. »Der fiel um, aber das Auto stoppte nicht. Ich fuhr in den nächsten Poller.« Die Fahrerin wurde von ihrer Versicherung hochgestuft. Tesla sieht die Schuld an dem Unfall bei ihr. Und was das ungewollte Bremsen von Teslas angeht: Am 24. November 2022 verkündete Musk die USA-weite Verfügbarkeit eines »Full Self-Driving Beta«-Systems – nur vier Stunden später filmte eine Verkehrsüberwachungskamera, wie ein weißes Model 3 auf die Überholspur wechselte und dort notbremste – sieben Autos fuhren auf, es gab neun Verletzte. Der »Autopilot« soll zum Beispiel Schatten mit Hindernissen verwechseln.
In Kalifornien, »Vorreiter« des autonomen Fahrens in den USA, sieht sich Tesla mit mehreren Klagen wegen tödlicher Unfälle mit seinem »Autopiloten« konfrontiert. Zudem ist Tesla Presseberichten zufolge Gegenstand einer strafrechtlichen Ermittlung des US-amerikanischen Justizministeriums, das mehr als ein Dutzend Unfälle untersucht, bei denen Teslas »Autopilot«-System eingeschaltet war. Es sieht ganz danach aus, als würde Li Yunfei, der Sprecher des chinesischen Technologiekonzerns BYD, Recht behalten. Der hatte im April 2023 auf der Shanghai Auto Show klipp und klar gesagt: »Wir denken, daß selbstfahrende Technologie, die vollständig vom Menschen getrennt ist, sehr, sehr weit entfernt und im Grunde unmöglich ist.« Diese Erkenntnis hat sich mittlerweile auch beim US-amerikanischen Technologiekonzern Apple durchgesetzt, der die Entwicklung eines selbstfahrenden Autos Ende Februar nach zwölf Jahren und rund zehn Milliarden US-Dollar beendete.