Auslands-Nachrichten
Es gibt keine »sichere« Zone
Die israelische Armee ist im Süden des Gazastreifens »ins Herz von Chan Junis« vorgestoßen, teilte ein Militärsprecher mit. »Es gibt keine ‚sichere‘ Zone. Der ganze Gazastreifen ist zu einem der gefährlichsten Orte der Welt geworden«, schrieb das Palästinenserhilfswerk der UNO (UNRWA) am Mittwoch auf der Plattform X. In anderen Teilen des Gazastreifens setzte das israelische Militär seine Luftangriffe fort. Wegen der Kämpfe im Süden des Gazastreifens wird humanitäre Situation immer dramatischer. Zehntausende Menschen lebten in Zelten in den Straßen der Stadt Chan Junis, berichteten Augenzeugen am Mittwoch. Es fehle an Nahrungsmitteln, Wasser und Unterkünften. Die Lage habe sich besonders zugespitzt, nachdem die israelische Armee die Menschen im Osten der Stadt zur Flucht in westliche Viertel sowie nach Rafah an der Grenze zu Ägypten aufgefordert habe. Tausende Familien sind von Chan Junis nach Al-Mawasi geflohen. Die Situation dort ist ebenfalls prekär, angesichts fehlender Versorgung und Unterkünfte. Laut UNRWA gibt es mittlerweile fast 1,9 Millionen Binnenvertriebene in dem Küstenstreifen – bei mehr als 2,2 Millionen Bewohnern insgesamt. Nach Angaben Gesundheitsministeriums sind inzwischen mehr als 16.200 Menschen in Gaza getötet worden. Das Foto der Agentur AFP zeigt das Ausmaß der Zerstörungen in Gaza.
Krankenhaus am Ende
Gaza/Genf - Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat ein Ende der Belagerung des Gazastreifens gefordert. Im Al-Aksa-Krankenhaus in der Mitte des Gebiets seien die Vorräte an Treibstoff und medizinischem Material inzwischen auf einem kritischen Niveau, teilte die Organisation am Mittwoch mit. Grund dafür seien Straßensperrungen. »Die Belagerung muß aufgehoben werden, medizinische Hilfsgüter müssen dringend in den gesamten Gazastreifen geliefert werden«, so die Organisation.
Seit dem 1. Dezember sind nach MSF-Angaben täglich durchschnittlich 150 bis 200 Menschen mit Kriegsverletzungen in das Krankenhaus gekommen. »Es gibt derzeit 700 Patienten in dem Krankenhaus, ständig kommen neue. Uns gehen die grundlegenden Vorräte aus, um sie zu behandeln«, sagte Nothilfekoordinatorin Marie-Aure Perreaut Revial.
Der Mangel an Medikamenten und Treibstoff könnte dazu führen, daß das Krankenhaus keine lebensrettenden Operationen und intensivmedizinische Behandlungen mehr durchführen könne, warnte die Organisation. Ohne Elektrizität könnten keine Beatmungsmaschinen betrieben werden, keine Bluttransfusionen stattfinden, und die Sterilisation von chirurgischen Instrumenten sei unmöglich.
Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, kritisierte frühere und derzeitige ranghohe Vertreter Israels wegen »menschenverachtender und aufhetzender Äußerungen« über Palästinenser. »Die Geschichte hat uns gezeigt, wozu solche Ausdrücke führen können«, sagte Türk. »Das ist nicht nur inakzeptabel, aber ein kompetentes Gericht könnte solche Äußerungen im Kontext der Umstände, unter denen sie gemacht wurden, als Anstiftung zu Gräueltaten werten«. Er sprach von einer Menschenrechtskrise mit unnötiger und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die israelischen Streitkräfte, aggressiver Gewalt der Siedler und einer alarmierenden Zunahme von Todesfällen in Gewahrsam sowie Vorwürfen der Mißhandlung von Palästinensern in Haft.
In der USA-Regierung wird davon ausgegangen, daß Israels massive Bodenoffensive im Süden noch bis zum Januar andauert. Wie der Sender CNN unter Berufung auf mehrere ranghohe Regierungsbeamte berichtete, könnte Israel in einigen Wochen zu einer »weniger intensiven, stark lokalisierten Strategie übergehen«, die »auf bestimmte Hamas-Terroristen und –Führer« abziele. Die Meinung der Weltöffentlichkeit wende sich zunehmend gegen die gegenwärtige Bodenoffensive, bei der Tausende von Zivilisten getötet werden, berichtete der Sender.
Tausende bei Warnstreiks in Deutschland
Potsdam – Vor der möglicherweise entscheidenden Runde im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes der Länder haben bundesweit Tausende Beschäftigte den Gewerkschaftsforderungen Nachdruck verliehen. In Berlin nahmen nach Gewerkschaftsangaben rund 13.000 Menschen an Warnstreiks teil. An Berliner Schulen kam es zu Unterrichtsausfall und Schließungen, weil Tausende Lehrkräfte sowie Schulbeschäftigte dem Aufruf mehrerer Gewerkschaften gefolgt waren.
In Dresden protestierten mehrere Tausend Beschäftigte des öffentlichen Dienstes vor dem sächsischen Finanzministerium für Gehaltserhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen. Vor allem Lehrkräfte und Mitarbeiter von Hochschulen demonstrierten, aber auch Beschäftigte von Sachsenforst, Polizisten und Bühnenarbeiter der Sächsischen Staatstheater.
In Schleswig-Holstein gingen nach Angaben der Gewerkschaften rund 3.200 Beschäftigte für bessere Löhne auf die Straße. Die Gewerkschaften hatten zum Warnstreik aufgerufen. In Rostock sorgte ein Protestmarsch von Mitarbeitern der Unimedizin für Einschränkungen bei der Gesundheitsversorgung, etwa bei planbaren Eingriffen. An dem Marsch beteiligten sich laut Gewerkschaft rund 1.000 Menschen.
Die Gewerkschaften verlangen für die rund eine Million Tarifbeschäftigten der Länder 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr.
Am Mittwoch traten auch Beschäftigte von ArcelorMittal Eisenhüttenstadt (Foto) am frühen Morgen im Warnstreik. Die IG-Metall-Bezirksleitung für Berlin, Brandenburg und Sachsen hatte für zwei Tage Kundgebungen und Arbeitsniederlegungen angekündigt. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Gewerkschaft zu Warnstreiks in der nordwestdeutschen Stahlindustrie aufgerufen. Die IG Metall fordert eine Lohnerhöhung um 8,5 Prozent über 12 Monate und kürzere Arbeitszeiten.
Neues Parlament in Niederlanden vereidigt
Den Haag – Zwei Wochen nach der Wahl in den Niederlanden hat das Parlament seine Arbeit in neuer Zusammensetzung aufgenommen. Die 150 Abgeordneten der Zweiten Kammer wurden am Mittwoch in Den Haag vereidigt. Weitaus größte Fraktion ist die von Geert Wilders geführte radikal-rechte Partei für die Freiheit (PVV) mit 37 Sitzen – das sind mehr als doppelt so viele Sitze wie zuvor.
Unklar ist noch, welche Parteien eine neue Koalition bilden wollen und wer neuer Regierungschef wird. Rechtspopulist Wilders will gemeinsam mit der rechtsliberalen VVD des scheidenden Premiers Mark Rutte, der Mitte-Rechts-Partei NSC sowie der rechtspopulistischen BBB regieren. Die Gespräche verlaufen aber mühsam. Ein von der bisherigen Parlamentspräsidentin berufener Sondierer soll die Chancen einer Koalition ausloten. Er will in der kommenden Woche seinen Bericht vorlegen.
Zweitgrößte Kraft ist mit 25 Sitzen das »rot-grüne Bündnis« mit dem Fraktionsvorsitzenden und ehemaligen EU-Kommissar Frans Timmermans. 24 Abgeordnete hat die Fraktion der rechtsliberalen VVD. Der bisherige Premier Rutte ist seit 13 Jahren im Amt und hatte im Sommer seinen Abschied aus der nationalen Politik angekündigt. Er will Generalsekretär der NATO werden. Bis eine neue Regierung antritt, will er Premier bleiben.
Italien verläßt »Neue Seidenstraße«
Rom – Italien hat China über den Ausstieg aus dem Projekt für eine »Neue Seidenstraße« informiert, berichteten die Tageszeitung »Corriere della Sera« und die Nachrichtenagentur ANSA am Mittwoch unter Berufung auf zuverlässige Quellen. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die an der Spitze einer Regierung von drei Rechtsparteien steht, habe Peking durch eine Verbalnote des Außenministeriums unterrichten lassen. Zugleich sei versichert worden, daß Italien an der »strategischen Partnerschaft« mit China festhalten wolle. Von offizieller Seite gab es dazu in Rom zunächst keinen Kommentar.
Bislang gehörte Italien seit 2019 als einziges Land der G7 auch zu den Mitgliedern des Infrastrukturprojekts Chinas. Die Entscheidung wurde von einer früheren Regierung getroffen, an der Meloni nicht beteiligt war.
Die Vorsitzende der faschistischen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) hatte schon vor ihrem Wahlsieg vergangenes Jahr deutlich gemacht, daß sie aussteigen wolle.
UNO-Klimachef rügt Abschlußentwurf
Dubai – UNO-Klimachef Simon Stiell hat die teilnehmenden Staaten auf der UNO-Klimakonferenz in Dubai mit deutlichen Worten zu mehr Ehrgeiz angespornt. »Laßt uns ehrlich sein: Gute Absichten allein halbieren nicht die Emissionen in diesem Jahrzehnt, und sie retten jetzt und hier auch keine Leben«, sagte er am Mittwoch. Der vorliegende Entwurf für das Abschlußdokument, im UNO-Jargon »Globale Bestandsaufnahme« genannt, sei eine »Grabbeltüte von Wunschzetteln«, rügte er. »Das müssen die Verhandlungsparteien jetzt sortieren – und dann mit einem klaren Statement das Ende des fossilen Zeitalters einläuten, so wie wir es kennen.«
Gemeint ist, den schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas förmlich zu beschließen. Auf der Konferenz unterstützen das inzwischen gut 100 Staaten, doch gibt es Widerstand. Nach Informationen von Umweltverbänden sind unter anderem der Ölstaat Saudi-Arabien und Indien, das stark auf Kohle setzt, gegen eine Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Energien.
Selenskis Bürochef warnt vor ukrainischer Niederlage
Kiew – Der Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, hat bei weiter ausbleibender Finanzierung seitens der USA vor einer drohenden Niederlage der Ukraine im Krieg gegen Rußland gewarnt. »Natürlich macht es die Fortsetzung der Anstrengungen zur Befreiung (der ukrainischen Gebiete) unmöglich und schafft ein großes Risiko, diesen Krieg zu verlieren«, sagte Jermak in Washington. Er forderte den Kongreß auf, ein seit Oktober blockiertes Milliardenpaket auf den Weg zu bringen. Zugleich versicherte Jermak, daß Kiew militärische Pläne auch für das kommende Jahr habe.
Zuvor hatte Washington eingeräumt, daß im Dezember das Geld für die Unterstützung der Ukraine ausgehen werde. Der ukrainische Haushalt benötigt für 2024 erneut umgerechnet rund 39 Milliarden Euro aus dem Ausland. Die Finanzierung von gut 27 Milliarden Euro gilt als unsicher.
China kritisiert Export-Politik der EU
Peking – Einen Tag vor dem Gipfeltreffen mit EU-Vertretern hat China die Export-Politik der EU als unsinnig bezeichnet. »Wenn die europäische Seite ernsthafte Restriktionen beim Export von High-Tech-Produkten nach China einerseits verhängt und hofft, andererseits den Export nach China deutlich zu erhöhen, ist das nicht unbedingt im Einklang mit dem gesunden Menschenverstand«, sagte Außenministeriumssprecher Wang Wenbin am Mittwoch in Peking.
Hintergrund ist das enorme Handelsdefizit von fast 400 Milliarden Euro zum Vorteil Chinas. Es wird beim Treffen der EU-Delegation um Ratspräsident Charles Michel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Donnerstag mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping Thema sein. Von der Leyen hatte vor ihrem Abflug nach Peking gesagt: »Die Staats- und Regierungschefs in Europa werden das Ungleichgewicht in den Handelsbeziehungen langfristig nicht dulden.« Die EU habe »Instrumente«, um ihren Markt zu schützen, bevorzuge aber eine Verhandlungslösung.
Vertrag mit Studios
Mitglieder der USA-Schauspielgewerkschaft SAG-AFTRA haben mit großer Mehrheit den neuen Vertrag mit den Filmproduktionshäusern ratifiziert. Damit findet ein monatelanger Streik in der Filmbranche offiziell sein Ende, nachdem die Gewerkschaft vor einem Monat mit dem Verbund der großen Studios und Streaming-Anbieter AMPTP bereits eine vorläufige Einigung über Mindestvergütungen und bessere Versicherungsbedingungen erzielt hatte. 78 Prozent der Abstimmungsteilnehmer stimmten für eine Ratifizierung der bis Ende Juni 2026 geltenden Vereinbarung. Unser Foto zeigt Bruce D. Mitchell bei einer Streikpostenkette vor den Netflix-Studios.
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