Leitartikel06. Dezember 2023

Im Dschungel der Mautvorschriften

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Am Dienstag berichtete das CEC Verbraucherzentrum in Luxemburg anläßlich technischer Weiterentwicklungen bei der Straßenmaut in Frankreich, daß sich immer wieder Menschen melden würden, die unwissentlich Mautverstöße begangen hätten und im Anschluß an ihre Reise daheim unschöne Überraschungen in Form von Bußgeldbescheiden per Post zugestellt bekämen.

Bereits vor der neuesten Etappe der technischen Aufrüstung moderner Wegelagerei in Frankreich gab es technische Systeme, um die Unterbrechung des Reiseflusses möglichst klein zu halten. In der Privatisierung der EU-Straßeninfrastruktur wird der Reisende eben auch immer mehr zum Kunden. So kann, um bei Frankreich zu bleiben, mit einem Télépéage-Abonnement eine spezielle Fahrspur mit geringer Geschwindigkeit befahren werden, und die vom Gerät festgehaltene Streckenmaut wird später vom Konto abgebucht. Abgesehen von der Grundsatzfrage um Straßenmaut und Streckenprivatisierung eine der angenehmsten Methoden, sieht man doch häufig Fahrer aus fremden Ländern an den Mautstellen verzweifeln und lange Staus verursachen.

Doch auch mit einem Tele-Badge endet bisher die Fahrt an den großen Mautstellen, wie bei Lyon im Stau. Denn die gesonderten Fahrspuren sind längst nicht so lang, wie die Rückstaus, und so bleibt einem auch mit Abonnement nichts anderes übrig, als mit den anderen Reisenden wie eine Herde Vieh vor dem Gatter zu warten und durchgelassen zu werden. Reisefreiheit endet, wenn es ums Geld geht.

Unschön aufgrund der Kleberei aber wesentlich reibungsloser war bisher die Maut in der Schweiz, Österreich oder Slowenien. Von den bei Urlaubern beliebten Alpenländern haben bisher die beiden letztgenannten bereits auf digitale Vignette umgestellt, bei welcher bis einige Wochen vor der Reise online ein digitales »Pickerl« gekauft und in einer Wallet-App auf dem Handy gespeichert werden kann. Das eingegebene Kennzeichen wird dann während der Fahrt von Kameras aufgezeichnet und mit den Daten abgeglichen. Auch zusätzliche Tunnel- oder Brückenmaut, etwa in Österreich, kann mittels Bankeinzug und Kennzeichen-Hinterlegung bezahlt und somit unschöne Überraschungen vermieden werden.

Als letztes Land zog nun auch die Schweiz nach und bietet seit diesem Jahr ebenfalls eine digitale Version, jedoch noch immer nur in der Jahresvariante. Während die zuständigen Verkehrsminister der EU-Staaten nun über allerhand neue Regeln debattierten, darunter Sinnvolles, wie einheitliche Führerscheinregeln oder Absurde, wie extra Führerscheine für SUV-Fahrer, bleiben offensichtlich wichtige Themen, wie eine einheitliche Maut offenbar weiterhin keine Priorität. Die Umstellung auf digitale Vignetten erspart zwar das Zukleben der Frontscheibe mit den kleinen Passierscheinen, doch ist es weiterhin dem EU-Bürger überlassen, sich durch das Dickicht der Mautvorschriften zu wühlen, möchte er verschiedene Länder durchreisen. Insbesondere Informationen zu Städtemaut oder Einfahrbeschränkungen, wie in Italien, sind häufig nur in Landessprache verfügbar und unbewußte Verstöße sind, die das CEC berichtete, empfindlich teuer. Bei der Télépéage sind in einigen Fällen Systeme für Frankreich nicht mit jenen für Spanien oder Portugal kompatibel, was auch die Reisenden auf diesen Routen Nerven kostet. Die korrekte Krümmung von Gurken scheint deutlich mehr Anhänger zu haben in Brüssel, als einigermaßen freies Reisen.