Politische Hexenjagd in Tschechien
Kommunistischer Historiker wegen »Leugnung von Völkermord« verurteilt
Das Recht auf freie Meinungsäußerung – das zentrale Versprechen der sogenannten »samtenen Revolution« von 1989 – wird im EU- und NATO-Land Tschechien zunehmend angegriffen, berichtet die Kommunistische Partei von Böhmen und Mähren (KSČM). Es gibt immer mehr Beispiele für politische Zensur, und »wenn die Zensur nicht ausreicht, wird abweichende Meinung direkt kriminalisiert«, heißt es in einem Schreiben von Kateřina Konečná, der Vorsitzenden der Partei.
Jüngstes Opfer dieser Praktiken ist Dr. Josef Skála, ein marxistischer Historiker und weithin bekannter Vertreter der KSČM. Josef Skála wurde am 7. Juni 2023 vom Prager Stadtgericht zu einer 8-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt, die für 18 Monate zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Anklage lautete »Leugnung von Völkermord«. Vorgeworfen wird ihm eine Aussage während einer Rundfunkdebatte am 2. Juli 2020 über das »Massaker von Katyn« an polnischen Kriegsgefangenen bei Smolensk während des Zweiten Weltkriegs.
Verstoß gegen die Verfassung
Dr. Skála äußerte in dieser Debatte seine Zweifel an der von Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels lancierten Behauptung, die Sowjetunion sei für diesen Massenmord verantwortlich. Der promovierte Historiker stützte sich bei seiner Aussage auf seriöse Quellen nicht nur aus der Sowjetunion bzw. Rußland, sondern auch aus den USA, Frankreich und Polen. Dabei handelt es sich um Studien von Universitätsprofessoren, Gerichtsurteile und Berichte anerkannter Experten in forensischer Pathologie und anderen einschlägigen Disziplinen. Keines der Argumente von Dr. Skála wurde als »unbestreitbare Wahrheit« dargestellt. Er präsentierte sie als einen Aufruf zu weiterer unvoreingenommener Forschung und Diskussion.
Die tschechische Justiz verweigert Dr. Skála die grundlegenden Rechte, die selbst Schwerverbrechern nicht verwehrt werden – seine dokumentarischen Beweise vorzulegen, die Experten der Staatsanwaltschaft zu konfrontieren und Wissenschaftler vorzuladen. Dr. Skála verwies auf eine allgemein anerkannte Verpflichtung der Wissenschaft, ihre bereits erzielten Ergebnisse weiter zu vertiefen. Er gefährdete mit seinen Äußerungen weder die nationale Sicherheit noch die bürgerlich-demokratischen Grundlagen der Gesellschaft, die öffentliche Gesundheit oder andere Interessen, die rechtlichen Schutz verdienen.
Prominente Anwälte, die Dr. Skála und andere Verfolgte verteidigen, wiesen nach, daß die Kriminalisierung des Angeklagten jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und gegen die tschechische Verfassung und sogar die EU-Gesetzgebung verstößt.
Politischer Prozeß
In Wirklichkeit handelte es sich um einen politischen Prozeß. Die Verfolgung von Dr. Skála begann drei Wochen, nachdem die KSČM ihn als Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Tschechischen Republik nominiert hatte. Als marxistischer Intellektueller, der breite Sympathien genoß, genießt er die öffentliche Unterstützung vieler Persönlichkeiten, Bewegungen und Vereinigungen, die weit über die traditionellen Sympathisanten seiner eigenen Überzeugung und der KSČM hinausgingen.
Dr. Skála profitierte von der Erfahrung als Präsident des Internationalen Studentenbundes (ISB) in den 80er Jahren und von der Unterstützung seiner Kandidatur durch ein breites Spektrum alternativer Akademiker und engagierter Bürger. Er war Initiator einer Bewegung für die Verleihung des Friedensnobelpreises an Julian Assange und die Verhinderung seiner Auslieferung an die USA. Dr. Skála gehört zu den Persönlichkeiten, die einen möglichst breites politisches Bündnis anstreben, das in der Lage ist, sichere und gerechte Perspektiven für das Land zu schaffen. »Die gegen ihn inszenierte Hexenjagd ist ein feiger Angriff auf die gesamte Alternative zum neoliberalen Zynismus und den Kriegstreibern«, heißt es in dem Schreiben der KSČM-Vorsitzenden.
»Die eklatante Ungerechtigkeit, die durch politische Ziele motiviert ist«, schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall nicht nur innerhalb der Tschechischen Republik, heißt es weiter. Dr. Skála ist entschlossen, gegen das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof der Tschechischen Republik, dem tschechischen Verfassungsgericht oder auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Berufung einzulegen.