Schengener Brücke bleibt Staufalle
Arbeitsbesuch in Luxemburg: Neuer deutscher Innenminister verteidigt Grenzkontrollen und freut sich mit seinem Amtskollegen über angeblichen »Rückgang der irregulären Migration«
Die zumindest arbeitstäglichen Warteschlangen an den deutschen Grenzen bleiben bestehen. Bei einem Arbeitsbesuch in Luxemburg ließ sich der neue deutsche Innenminister Alexander Dobrindt von der CSU am Freitag lediglich dazu herab, mit den hierzulande zuständigen Stellen weiter über »die Optimierung des Kontrollpunkts auf der Schengener Brücke inklusive einer möglichen räumlichen Verlegung zu beraten«. Dobrindt und sein CSV-Amtskollege Léon Gloden hätten außerdem »den deutlichen Rückgang der irregulären Migration an den europäischen Außengrenzen begrüßt«, wurde am Samstag vom Innenministerium mitgeteilt.
Schon zuvor hatte Innenminister Gloden im Interview mit Radio 100,7 erklärt, auch wenn der am 14. Februar dieses Jahres schriftlich bei der EU-Kommission eingereichte Einspruch Luxemburgs gegen die Verlängerung der schon seit dem 16. September vergangenen Jahres bestehenden – und dann vor drei Wochen von der neuen Regierung aus Konservativen und Sozialdemokraten weiter verschärften – deutschen Grenzkontrollen wohl nichts bringen werde, beabsichtige die Regierung nicht, dagegen vor dem obersten EU-Gericht, dem auf dem Kirchberg ansässigen Europäischen Gerichtshof, vorzugehen.
Kurz nachdem die Kabinettsliste des neuen BRD-Kanzlers Friedrich Merz bekannt wurde, hatte Innenminister Gloden zudem – ebenfalls im Radio 100,7 – seine fromme Hoffnung kundgetan, schon die Tatsache, daß darauf zwei Politiker aus dem Raum Trier zu finden sind, werde helfen, daß man in Berlin künftig besser verstehe, »wie wir hier in der Großregion funktionieren«. Doch Bundesbauministerin Verena Hubertz von der SPD und CDU-Verkehrsminister Patrick Schnieder scheinen ihren Kabinettskollegen bisher noch nicht auf die Sprünge geholfen zu haben.
Nur Stunden nach Minister Dobrindts Besuch in Tschechien und anschließend in Luxemburg forderte das verschärfte Grenzregime des Oberbayern ein erstes Opfer in dessen Bundesland. Bei einer Kontrolle an der Grenze zu Tschechien kam es am Samstagnachmittag zu einem tödlichen Zwischenfall, als Bundespolizisten im oberfränkischen Schirnding einen Autofahrer kontrollieren wollten. Wie die Polizei mitteilte, sei der Mann zu Fuß geflüchtet und habe dann auf die Polizisten geschossen. Die hätten das Feuer erwidert und ihn tödlich verletzt. »Reanimationsmaßnahmen konnten ihn nicht mehr retten.« Weitere Angaben machte die Polizei nicht.
Derartige »Zwischenfälle« werden bei der Jagd auf Sans Papiers – wie »illegal« Einreisende früher weniger verächtlich machend genannt wurden – offenbar billigend in Kauf genommen. Seit Beginn der verschärften Grenzkontrollen am 8. Mai wurden laut Springers »Bild am Sonntag« an allen deutschen Landesgrenzen 3.387 »unerlaubte Einreisen« registriert. 261 Migranten seien zurückgewiesen worden und von 160 Personen, die ein Asylschutzersuchen gestellt hätten, seien 125 zurückgewiesen worden. 35 Flüchtlinge durften demnach in die BRD einreisen, weil sie krank oder in Begleitung von Kindern waren.
Übrigens forderte Glodens tschechischer Amtskollege Vít Rakušan Dobrindt am Freitag auf, »bald zu den Schengen-Grundsätzen der Reisefreiheit ohne Binnengrenzkontrollen zurückzukehren«. Auch die französische Regierung will die Zurückweisungen an den deutschen Grenzen nicht unwidersprochen hinnehmen. Die Botschaft in Berlin wurde laut Diplomaten im Innen- und im Außenministerium vorstellig. Sie habe »schriftlich um Einordnung gebeten«, berichtete das Magazin »Spiegel« am Wochenende.