Und nun die sechste gesetzliche Urlaubswoche!
Gestern gab der Regierungsrat grünes Licht für zwei Änderungen im Arbeitsrecht. Die erste Änderung betrifft den gesetzlichen Jahresurlaub, die zweite die Einführung eines neuen Feiertags. Nach der Sitzung verlautete, die zwei Änderungen, denen die Chamber zustimmen muss, damit sie Gesetzeskraft erlangen, würden noch in diesem Jahr vorgenommen.
Sollte das der Fall sein, wird der neue Feiertag, den die Regierung für den 9. Mai, den sogenannten »Europa-Tag«, haben will, für alle Lohnabhängigen gelten.
Es ist zu erwarten, dass die Regierung und andere staatstragenden Institutionen diesen Feiertag nutzen wollen, um nach Kräften Propaganda für die Europäische Union oder wie sie behaupten, das »Friedensprojekt Europa« zu machen und zu verklären, dass diese EU ein supranationales Projekt ist, dass im Interesse der Banken und Konzerne geschaffen wurde und auch als solches funktioniert.
Anders als der Feiertag, wird die angekündigte Heraufsetzung des gesetzlichen Mindesturlaubs von 25 auf 26 Tage, über den sich alle bereits gefreut hatten, nicht für jeden Lohnabhängigen zu einem zusätzlichen Urlaubstag führen.
Das ist bis dato vielen nicht bewusst, da sie das Koalitionsprogramm von DP, LSAP und Déi Gréng nicht gelesen haben, in dem es klipp und klar heißt, dass der gesetzliche Mindesturlaub zwar von 25 auf 26 Tage angehoben wird, eine automatische Anpassung des von Kollektivverträgen geregelten Urlaubs aber auszuschließen ist.
Diese Einschränkung wurde aus Rücksicht auf die Unternehmer getroffen und betrifft erst einmal knapp 60 Prozent aller Lohnabhängigen, weil sie unter einem Kollektivvertrag arbeiten und ohnehin bereits mehr Urlaub haben. Allerdings liegt auch da der Teufel im Detail, und je nach Formulierung des Urlaubsparagraphen im Kollektivvertrag dürfte der zusätzliche gesetzliche Urlaubstag wohl doch geschuldet sein, womit Auseinandersetzungen programmiert sein dürften.
Abgesehen davon, sollte man im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Urlaubstag nicht vergessen, dass es sich hierbei lediglich um den sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein handelt, auch wenn Regierung und Unternehmer das anders sehen sollten.
Der technologische Fortschritt sorgte bekanntlich nicht nur für schnellere Produktionsläufe, sondern auch für eine weitaus höhere Produktivität.
Der Mehrwert aus diesen Produktivitätserhöhungen stecken die Kapitalisten sich allerdings in die eigenen Taschen, während die Lohnabhängigen sich mit Leistungsdruck, Stress und einer immer größeren Flexibilisierung der Arbeitszeit herumplagen müssen.
Die entsprechenden Lohnerhöhungen blieben hingegen ebenso aus wie angemessene Arbeitszeitverkürzungen und eine generelle Anhebung der Zahl der Urlaubstage. Und beim Mindestlohn, aber auch bei kleinen Löhnen knapp über dem gesetzlichen Minimum, staute sich ein Nachholbedarf auf, der inzwischen 20 Prozent überschreitet.
Daher ist nun der Zeitpunkt gekommen, da seitens der Lohnabhängigen und ihrer Gewerkschaften verstärkt Gewicht gelegt werden muss auf die gesetzliche Einführung der sechsten bezahlten Urlaubswoche als Schritt in Richtung Arbeitszeitverkürzung und auf eine angemessene Erhöhung des Mindestlohnes, sodass auch Kleinverdiener sich über ein paar Tage Urlaub freuen können.
Ali Ruckert