Luxemburg13. März 2021

Sowohl als auch

Studie der Generalinspektion der Polizei beantwortet Frage nach »Wirksamkeit der Videoüberwachung« nicht

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Einer Idee des damaligen Justizministers Luc Frieden (CSV) folgend, werden in der Hauptstadt seit dem 12. November 2007 der Bahnhofsvorplatz, der Aldringer und das Glacisfeld bis hinunter zum Stadtpark mit anfangs 40 Kameras videoüberwacht. Damit sollen Kriminelle abgeschreckt und das diffuse »Unsicherheitsgefühl« der Anwohner abgebaut werden, lautete damals die Begründung. Diese sogenannten Sicherheitszonen wurden mittlerweile durch »nichtständige Sicherheitszonen« an der Route d'Arlon rund um das Josy-Barthel-Stadion und um das Europäische Konferenzzentrum auf dem Kirchberg erweitert.

Zwar wurde die Überwachung des Aldringer 2014 im Zuge seiner Neugestaltung wieder eingestellt, doch 2019 kam im Bereich des Radweges auf dem Pont Adolphe eine neue »Sicherheitszone« hinzu und die vor dem Bahnhof wurde unter anderem bis zur Rue de Strasbourg deutlich ausgeweitet. Die Zahl der dabei eingesetzten Kameras (Stückpreis: rund 15.000 Euro) wurde auf 98 erhöht.

Während Datenschützer und andere Kritiker der ausufernden Videoüberwachung durch Staat und Privatwirtschaft von Anfang an darauf hingewiesen haben, daß sogar eine zeitlich und räumlich lückenlose Überwachung öffentlicher Plätze mit Videokameras Straftaten nur dokumentieren, möglicherweise verlagern, aber jedenfalls so gut wie nie verhindern kann, fanden Minister Frieden und seine Nachfolger noch stets »Hinweise«, daß die flächendeckende Bespitzelung irgendwie Resultate zeigt.

So war es auch am Freitag, als der mittlerweile für die »Innere Sicherheit« zuständige Minister Henri Kox (Gréng) der Chamber und mittels einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit eine breitangelegte Studie der Generalinspektion der Polizei (IGP) über die »Wirksamkeit der Videoüberwachung« präsentieren ließ. Diese sei, so Generalinspektorin Monique Stein zusammenfassend, »ein wichtiges, aber nicht das entscheidende Werkzeug gegen Kriminalität«. Wichtige Fragen, wie zum Beispiel die, ob sich das Kriminalitätsgeschehen lediglich in (noch) nicht videoüberwachte Stadtteile verlagert hat, konnten nicht beantwortet werden.

Im Rahmen der von der IGP besorgten Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut TNS Ilres im Dezember 2020 auch 1.933 Bewohner der Stadtteile Bonneweg, Bahnhof und Limpertsberg. Dabei kam unter anderem heraus, daß das selbstempfundene »Unsicherheitsgefühl« einerseits mit Anbruch der Dämmerung zunimmt, andererseits aber auch, wenn man bereits Opfer einer Belästigung durch Betrunkene oder Drogendealer oder eines Einbruchs in Wohnung oder Auto wurde. Insgesamt, so gestern Tommy Klein von TNS Ilres, seien die befragten Anwohner »skeptisch« hinsichtlich der Wirksamkeit der Videoüberwachung. Wobei eine Mehrheit noch nicht einmal gewußt habe, wo die Überwachungskameras in ihrem Viertel angebracht sind.

Nach den beiden Präsentationen erklärte Minister Kox, er »schließe nicht aus«, daß die Überwachung öffentlicher Plätze mit Videokameras unter seiner Ägide weiter ausgebaut werde, er »schließe aber auch nicht aus, daß keine Kameras mehr hinzukommen«. Das sei aber »keine Entscheidung, die der Polizeiminister alleine trifft.«