Leitartikel12. April 2022

EU macht sich überflüssig

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Die Europäische Union war – zumindest hinter den Kulissen – eigentlich schon immer ein ziemlich zerstrittener Haufen. Einig war man sich immer dann, wenn es darum ging, den wichtigsten Banken und Konzernen der Mitgliedstaaten die besten Bedingungen für die Erzielung von maximalen Profiten zu garantieren. Dazu gehörte zum Beispiel die Austeritätspolitik, die im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor über zehn Jahren den sogenannten PIIGS-Ländern – Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien – aufgebürdet wurde, die zu schweren Verwerfungen führte. Auch bei der Definition der wichtigsten Konkurrenten herrschte weitgehende Übereinstimmung, wobei man es jedoch tunlichst vermied, die USA in diesem Zusammenhang beim Namen zu nennen.

Im Detail lagen die Positionen der Staaten oft ziemlich weit auseinander, was jedoch bisher meist erfolgreich kaschiert werden konnte durch solche sinnfreien Maßnahmen wie Normgrößen für Salatgurken oder die Abschaffung bestimmter Glühbirnen. Einen Höhepunkt bildete wohl die Äußerung des damaligen Kommissionspräsidenten Juncker, mit der er ein baldiges Ende der Zeitumstellung im Frühjahr und im Herbst ankündigte.

All das ist längst Geschichte, denn heute geht es immer mehr ans Eingemachte. Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine kommen grundlegende Widersprüche immer deutlicher zutage – sowohl unter den EU-Ländern als auch gegenüber dem großen »Partner« USA. Es hat sich sehr deutlich gezeigt, daß es mit der »Wirtschaftsmacht EU« doch nicht so gut bestellt ist, wie man es gern hätte. Denn es ist den USA in Rekordzeit gelungen, mit Hilfe ihrer Marionetten in Kiew und der Hilfswilligen Regime in Polen und in den baltischen Staaten die EU von den bisher für alle Seiten profitablen Beziehungen mit Rußland abzubringen. Aus rein ideologischen Gründen sollen die Menschen in der EU zum Beispiel auf Gaslieferungen aus Rußland verzichten und dafür schmutziges, bis zu dreimal teureres Fracking-Gas aus den USA und möglichst auch Gas aus den Emiraten kaufen, also von jenen Leuten, die nicht in der Ukraine, sondern »nur« im Jemen Krieg führen.

Wer Sieger und wer Verlierer in diesem Wirtschaftskrieg ist, muß nicht ausführlich erklärt werden. Hinzu kommt nun, daß sich die EU – einst gegen jede Vernunft mit dem Friedensnobelpreis dekoriert – immer mehr zu einem Anhängsel und ausführenden Organ der NATO entwickelt. Hauptthema des jüngsten Treffen der Außenminister am Montag in Luxemburg war nämlich keineswegs, wie man aus der andauernden Wirtschaftskrise herauskommen könnte. Die Ministerinnen und Minister diskutierten vor allem darüber, ob und wann man der Ukraine weitere, noch tödlichere Waffen liefern kann. Der für Außenpolitik zuständige Kommissar verkündete, man muß die Ukraine aufrüsten, damit sie einen Sieg gegen Rußland »auf dem Schlachtfeld« erringen kann.

Abgesehen davon, daß die Lohnabhängigen, die Jugendlichen und die Rentner in den EU-Staaten die Hauptlast dieser Fehlentscheidungen zu tragen haben werden, wird damit jegliche Verhandlungslösung ausgeschlossen. Statt Druck auf die NATO und auf die Hardliner in Washington zu machen, endlich einem Neutralitätsstatus der Ukraine mit entsprechenden Sicherheitsgarantien eine Zustimmung zu erteilen, wird der Krieg weiter angeheizt. Die EU wird damit und mit den eigenen Rüstungsprogrammen zu einem Hilfs- und Ausführungsorgan der NATO, zu einem neuen Militärpakt, den niemand braucht.