Auslands-Nachrichten
Alle zehn Minuten wird ein Kind oder Jugendlicher getötet
Gaza in Trümmern
Wegen der permanenten israelischen Angriffe im Gazastreifen wird die Lage dort immer unerträglicher. »Die Situation verschlechtert sich von Stunde zu Stunde«, berichtete der Repräsentant der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Richard Peeperkorn, am Dienstag aus Rafah an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten. »Alle zehn Minuten wird ein Kind oder Jugendlicher in Gaza getötet«, sagte Peeperkorn.
Der UNICEF-Sprecher James Elder kritisierte die Aufrufe Israels, die Menschen sollten Stadtviertel verlassen und »in sichere Zonen gehen«. Es gebe keine sicheren Zonen im Gazastreifen, sagte Elder. Solche Zonen müßten Gesundheitseinrichtungen haben, Wasser und Essen, es handle sich aber lediglich um kleine Brachflächen, oder manchmal nur Bürgersteige. »Das untermauert die Gleichgültigkeit gegenüber Kindern und Frauen, und diese Gleichgültigkeit ist tödlich.« Statt medizinisches Material auszuliefern, habe die WHO zudem noch Hals über Kopf zwei Lagerhäuser in der südlichen Stadt Chan Junis räumen müssen.
Angesichts heftiger israelischer Angriffe im gesamten Gazastreifen hat Israels Militär vom »intensivsten Tag seit Beginn der Bodenoffensive« gesprochen. Die Truppen seien nun auch »im Herzen von Chan Junis« (Foto), der größten Stadt im Süden des Gazastreifens, meldete das Militär am Dienstag. Auch im Norden gebe es heftige Kämpfe.
Verstärkte Angriffe in Gaza
Gaza/Tel Aviv/Genf – Die Ausweitung der Angriffe im Süden seit dem Ende der mehrtägigen Feuerpause am Freitag führt nach Angaben der UNO zu immer mehr Todesopfern unter der Zivilbevölkerung. »Die Zahl der getöteten Zivilisten nimmt rapide zu«, schrieb der Generalkommissar des Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, in einer Mitteilung. Mit der Wiederaufnahme der Angriffe und der Ausweitung im Süden Gazas »wiederholen sich die Schrecken der vergangenen Wochen«, erklärte Lazzarini. In den Süden des Küstengebiets waren nach Aufforderung der israelischen Armee Hunderttausende schutzsuchende Zivilisten aus dem bereits zuvor heftig umkämpften Norden geflüchtet.
Indes gab es an der Grenze zum Gazastreifen auf israelischer Seite erneut Raketenalarm, ebenso in Tel Aviv und dem Zentrum des Landes. Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete von insgesamt 15 Geschossen, die von dem Küstengebiet aus auf den Großraum Tel Aviv abgefeuert worden seien. Ein Mann sei von einem Raketensplitter leicht verletzt worden. Eine Rakete aus dem Gazastreifen sei in ein Haus in der Küstenstadt Aschkelon eingeschlagen. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurden zwei Frauen durch Raketensplitter leicht verletzt. Berichte über größere Schäden gab es nicht.
Der Emir von Katar warf Israel mit seinem militärischen Vorgehen im Gazastreifen Völkermord vor. Das Recht auf Selbstverteidigung erlaube keine genozidalen Verbrechen, wie Israel sie begehe, sagte Tamim bin Hamad Al Thani bei seiner Eröffnungsrede zum Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs des Golf-Kooperationsrats in Doha am Dienstag. »Es ist eine Schande für die internationale Gemeinschaft, diese abscheulichen Verbrechen fast zwei Monate lang zuzulassen, mit systematischen und absichtlichen Tötungen unschuldiger Zivilisten, einschließlich von Frauen und Kindern«, sagte der Emir. Katar hatte zuletzt zwischen Israel und der Hamas vermittelt.
Bemühungen zur Wiederherstellung einer Feuerpause und zur Freilassung von im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln und von palästinensischen Häftlingen laufen nach katarischen Angaben weiter. »Leider standen wir vor einigen Herausforderungen, die dazu führten, daß die Feuerpause gestoppt und nicht verlängert wurde«, sagte der katarische Ministerpräsident und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani. Diplomatische Bemühungen sowohl mit Ägypten als auch mit den USA seien weiter im Gang. »Eine humanitäre Feuerpause und die Freilassung von Geiseln haben Priorität«, sagte er. Das finale Ziel sei aber eine nachhaltige Beendigung des Kriegs.
UNO-Generalsekretär António Guterres forderte angesichts der Ausweitung der israelischen Angriffe auf den Süden des abgeriegelten Küstengebiets erneut einen Waffenstillstand. »Ich wiederhole meine Forderung nach einem dauerhaften humanitären Waffenstillstand im Gazastreifen, nach der bedingungslosen und sofortigen Freilassung aller Geiseln und nach einem ungehinderten und kontinuierlichen Fluß humanitärer Hilfe, um die Bedürfnisse der Menschen im gesamten Gazastreifen zu befriedigen«, schrieb er am Montagabend (Ortszeit) auf der Plattform X.
Klare Worte von Greta Thunberg
Die Klimaaktivistin Greta Thunberg und weitere Mitglieder der schwedischen Gruppe Fridays for Future haben Israel Völkermord im Gazastreifen vorgeworfen. Daß die Hamas bei »einem schrecklichen Angriff israelische Zivilisten ermordet« habe, könne die »anhaltenden Kriegsverbrechen Israels« nicht legitimieren, schrieben Thunberg und fünf weitere Unterzeichner in einem Meinungsbeitrag, der am Dienstag im schwedischen »Aftonbladet« und im britischen »Guardian« veröffentlicht wurde. »Völkermord zu begehen, ist weder Selbstverteidigung noch in irgendeiner Weise verhältnismäßig«, schrieben sie. Thunberg und ihre Mitverfasser betonten, Fridays for Future in Schweden habe sich immer zu Wort gemeldet, wenn Menschen leiden müßten oder getötet würden, egal ob in Kurdistan oder in der Ukraine und werde auch jetzt nicht schweigen. Sie beriefen sich auf den israelischen Historikers Ras Segal, der das Vorgehen Israels in Gaza schon wenige Tage nach Beginn des Konflikts als »Völkermord aus dem Lehrbuch« bezeichnet hatte.
Linksfraktion im deutschen Bundestag löst sich auf
Berlin – 18 Jahre nach ihrer Gründung im September 2005 ist die Linksfraktion im deutschen Bundestag von diesem Mittwoch an Geschichte. Die 38 Mitglieder stehen im Parlament erstmal als »Einzelkämpfer« da. Wenn die Mehrheit im Bundestag zustimmt, sortieren sie sich bald neu: 28 Linke in einer neuen Gruppe, und zehn Abgeordnete des »Bündnis Sahra Wagenknecht« in einer anderen.
Die Fraktion im Bundestag gab es schon zwei Jahre bevor 2007 die Westpartei WASG und die SED-Nach-Nachfolgerin Linkspartei.PDS zur Partei Die Linke fusionierten. Die Neugründung schoß bei der Bundestagswahl 2009 auf einen Spitzenwert von 11,9 Prozent und hatte 2013 und 2017 noch um die 9 Prozent. 2021 stürzte sie dann auf 4,9 Prozent ab.
Die Linksfraktion hört am 6. Dezember um 00.00 Uhr auf zu existieren - das hat die Fraktion Mitte November beschlossen und dem Bundestag angezeigt, weiterer formaler Schritte bedarf es nicht mehr. Alle 38 Abgeordneten sind dann zunächst »fraktionslos«, also im Bundestag auf sich gestellt. Den etwa 100 Mitarbeitern wird gekündigt.
Die Linke um den bisherigen Fraktionschef Dietmar Bartsch hat sich bereits zur »Gruppe« erklärt und die offizielle Anerkennung bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas beantragt. Ein Beschluß im Plenum wird festlegen, welche Rechte die neue Gruppe hat und wie viel finanzielle Unterstützung sie bekommt. Die Wagenknecht-Gruppe will sich am 12. Dezember konstituieren und ebenfalls den Gruppenstatus beantragen, bevor Wagenknecht im Januar ihre Partei gründet.
Litauen erhöht Militärbudget auf 2,75 Prozent
Vilnius – Das NATO-Land Litauen hat für 2024 einen Staatshaushalt mit Militärausgaben in Rekordhöhe verabschiedet. Nach dem vom Parlament in Vilnius am Dienstag gebilligten Budget wird der Militäretat im kommenden Jahr erstmals den Wert von zwei Milliarden Euro übersteigen. Dies sind umgerechnet 2,75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des baltischen NATO- und EU-Landes.
Die klassischen Haushaltszuweisungen für das Militärbudget belaufen sich 2024 auf 2,52 Prozent des BIP, die restliche Summe soll durch eine Übergewinnsteuer für Banken und Kreditaufnahmen gedeckt werden.
Das Land hat seit 2022 seine Militärausgaben erhöht und rüstet seine Armee massiv auf. Deutschland hat dabei eine Schlüsselfunktion. Seit 2017 führt Deutschland in dem Baltenstaat schon einen NATO-Gefechtsverband mit rund 1.600 Soldaten, zu dem auch luxemburgische Soldaten gehören. Zudem will die deutsche Bundesregierung dort eine gefechtsbereite Brigade mit etwa 4.000 Soldaten fest stationieren.
Israels Polizei genehmigt rechten Marsch
Tel Aviv – Die Polizei in Israel hat einem Bericht des israelischen Rundfunks zufolge inmitten des Gaza-Kriegs einen Marsch ultrarechter Demonstranten durch die Jerusalemer Altstadt genehmigt. Mit dem Protestzug am Donnerstag fordern die Teilnehmer unter anderem eine »Wiederherstellung der vollständigen jüdischen Kontrolle in Jerusalem und auf dem Tempelberg«.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen.
Laut einem Flugblatt, das bereits im Vorfeld veröffentlicht wurde, soll der Marsch auch durch das muslimische Viertel gehen. Das wäre für viele Palästinenser eine extreme Provokation. Zudem wollen die Teilnehmer auch die jordanische Wakf-Behörde vom Tempelberg vertreiben. Die Behörde ist für die Verwaltung des Tempelbergs zuständig, während Israel die Sicherheit verantwortet.
Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße.
EU will Preisdeckel für russische Ölexporte verschärfen
Brüssel – Ein Jahr nach der Einführung eines westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten wird an einer weiteren Verschärfung der damit verbundenen Auflagen gearbeitet. Weil das Sanktionsinstrument nicht wie geplant funktioniert, sollen die Überwachungsmaßnahmen und Dokumentationspflichten verschärft werden. So könnte es für Reedereien künftig schwerer werden, sich ungestraft an der Umgehung von Rußland-Sanktionen zu beteiligen.
Der Preisdeckel war vor einem Jahr zusammen mit einem weitgehenden Importverbot für russisches Öl in die EU in Kraft getreten. Er soll Rußland eigentlich dazu zwingen, Öl künftig für höchstens 60 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Um die Preisobergrenze für Exporte in Nicht-EU-Länder durchzusetzen, wurde beschlossen, daß für russische Ölexporte wichtige Seeverkehrsdienstleistungen nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien können mit ihren Schiffen damit weiterhin russisches Öl in Länder wie Indien, China oder Ägypten transportieren. Auch gilt die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste.
Die Hoffnung ist, daß Rußland nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitieren und damit seine Kriegskasse füllen kann. Nach Angaben von Forschern der Kyiv School of Economics deuten jüngste Daten allerdings nun darauf hin, daß im Oktober mehr als 99 Prozent des über den Seeweg exportierten russischen Rohöls zu einem Preis von mehr als 60 US-Dollar (55 Euro) pro Barrel verkauft worden sein dürften.
Niger kündigt Kooperation mit »EU-Missionen« auf
Niamey – Der westafrikanische Staat Niger hat der Europäischen Union die Zusammenarbeit mit zwei »Missionen« aufgekündigt. Die EU bedauere die Entscheidung und werde daraus »die notwendigen operativen Konsequenzen ziehen«, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag in einer Mitteilung. Betroffen seien die zivile »Aufbaumission EUCAP Sahel Niger« sowie die militärische Kooperationsmission EUMPM. Die Missionen sind Teil einer »Sicherheitspartnerschaft«, die die Migration Richtung EU eindämmen und den »Kampf gegen Terrorismus« in der Sahelzone unterstützen sollen. EU-Mitgliedstaaten hatten dafür rund 130 Gendarmen und Polizisten zur Verfügung gestellt, die unter anderem nigrisches Personal trainieren.
Das nigrische Außenministerium hatte den Entschluß am späten Montag ohne Begründung verkündet. Bis zum Umsturz am 26. Juli galt Niger als »letzter demokratischer Partner Europas und der USA in der Sahelzone«.
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