Unser Leitartikel : Bolivien : OAS in Lauerstellung
Die Mitteilung der USA, die der Regierung des ersten indigenen Präsidenten Boliviens Evo Morales elf Jahre zuvor aufgekündigten diplomatischen Beziehungen zu La Paz wieder aufzunehmen, kam alles andere als überraschend. Genauso wenig überraschte der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum sozialistischen Kuba und zu Venezuela durch das Putschregime in Bolivien.
Schließlich war das südamerikanische Land nach dem Putsch gegen Präsident Morales unter der selbsternannten »Interimspräsidentin« Jeanine Áñez bereits der sogenannten Lima-Gruppe beigetreten, die sich den Sturz des sozialistischen venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro auf die Fahnen geschrieben hat.
Daß die USA-Regierung die diplomatischen Beziehungen zu fortschrittlichen Regierungen abbricht, aber faschistische und/oder militärische Staatsstreiche und Putsche in aller Welt unterstützt, ist seit Jahrzehnten gängige Praxis, ganz egal, welche der beiden großen »Parteien« gerade den Bewohner des Weißen Hauses stellt.
So erkannte die Obama-Administration im Jahr 2009 umgehend das reaktionäre Regime in Honduras an und gewährte den Putschisten Unterstützung, nachdem es ihnen gelungen war, den demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya zu stürzen. Das ist weder Obama noch seinem Nachfolger Trump bisher mit der Bolivarischen Regierung Venezuelas gelungen.
In Bolivien will »Übergangspräsidentin« Áñez nun selbst bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl am 3. Mai antreten, obwohl aktuelle Meinungsumfragen die »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) des ins argentinische Exil gezwungenen Präsidenten Morales mit 26 Prozent in der Wählergunst vorne sehen.
Die Putschisten in La Paz und ihre Förderer in Washington müssen also derzeit befürchten, daß das von der MAS ins Rennen geschickte Duo aus dem ehemaligen Finanz- und Wirtschaftsminister Luis Arce, der als Architekt des ökonomischen Aufschwungs Boliviens im vergangenen Jahrzehnt gilt, und dem Gewerkschafter David Choquehuanca den Urnengang am 3. Mai gewinnen.
Der Aymara-Indigene Choquehuanca bekleidete von 2006 bis 2017 das Amt des Außenministers, bevor er an die Spitze des Staatenbündnisses ALBA (Bolivarianische Allianz für Amerika) wechselte. Während er die indigene Bevölkerungsmehrheit und Boliviens übrige Landbevölkerung zur Stimmabgabe für ihr Kandidatenduo bewegen soll, hofft die MAS, mit Arce die meisten Stimmen unter den Stadtbewohnern zu gewinnen.
Nach einer vor allem von den USA unterstützten Kampagne gegen seinen Wahlsieg in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 20. Oktober 2019 wurde Morales am 10. November von Militär und Polizei aus dem Amt gejagt. Seitdem wird das Land in den Anden von einem Regime regiert, das äußerst brutal gegen MAS-Politiker, Indigenenaktivisten und andere fortschrittliche Persönlichkeiten vorgeht.
Es bleibt zu befürchten, daß bei einem neuerlichen Wahlsieg der MAS erneut die von den USA dominierte »Organisation Amerikanischer Staaten« in Stellung gebracht wird. Die in Washington ansässige OAS hatte bereits dem Putsch gegen Morales Vorschub geleistet, indem sie nach dessen Sieg behauptet hatte, die Abstimmung sei »gezielt manipuliert« worden. Beweise für die unterstellten Wahlmanipulationen wurden übrigens bis heute nicht vorgelegt.
Oliver Wagner