Ausland28. März 2024

Arm im »reichen Land«

Jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen

von dpa/ZLV

Jedes fünfte Kind in Deutschland war im Jahr 2022 laut einem Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands von Armut betroffen. Mit 21,8 Prozent aller Kinder und Jugendlichen werde ein »trauriger Rekordwert« erreicht, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands, Ulrich Schneider, bei der Vorstellung des Armutsberichts am Dienstag in Berlin.

Insgesamt seien 14,2 Millionen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2022 arm gewesen – ein Anteil von 16,8 Prozent. Das seien 100.000 Menschen mehr als 2021 und fast eine Million mehr als im Vor-Pandemiejahr 2019, sagte Schneider. Im Vergleich zu 2006 ist die Zahl um 2,7 Millionen gestiegen.

Der Verband bezieht sich in seiner Auswertung auf den Mikrozensus des Statistischen Bundesamts. Es zeichne sich nicht ab, daß es bei den Zahlen für 2023 zur Trendwende kommen werde, erklärte Schneider.

Wer als »arm« gilt, ist laut Mikrozensus nach Haushaltstypen und verfügbarem Nettoeinkommen gestaffelt. Dabei gilt generell: Jede Person, die mit ihrem verfügbaren Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt, wird als einkommensarm eingestuft. Ein Single-Haushalt ohne Kinder erreicht die Armutsschwelle bei weniger als 1.186 Euro verfügbarem Einkommen im Monat. Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren gelten entsprechend der Staffelung als arm, wenn sie weniger als 1.542 Euro monatlich zur Verfügung hat.

Arm trotz Arbeit

Insbesondere die Gruppe der Alleinerziehenden und Haushalte mit drei und mehr Kindern sind dem Bericht zufolge »einkommensarm«. Hinzu kommen Erwerbslose, Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen sowie jene mit Migrationshintergrund, die überproportional betroffen seien. Frauen wiesen mit 17,8 Prozent eine höhere Armutsquote auf als Männer.

Verbandsgeschäftsführer Schneider betonte, daß es ein Trugschluß sei, zu denken, daß nur diejenigen wenig zum Leben hätten, die keiner Arbeit nachgingen. Die Statistik zeige, daß mehr als ein Viertel der 14,2 Millionen Betroffenen erwerbstätig seien, ein weiteres knappes Viertel seien Rentnerinnen und Rentner.

Diese erschreckende Bilanz aus dem Land, das allgemein als »reich« angesehen wird, stammt aus dem Jahr 2022, als die Auswirkungen der desaströsen Sanktions- und Kriegspolitik mit rasant steigenden Preisen und Hyperinflation erst anfänglich spürbar wurden.