»Ungleichheit tötet«
Top-Milliardäre verdoppelten in der Pandemie ihr Vermögen
Die reichsten Milliardäre der Welt, darunter Jeff Bezos (Amazon) und Elon Musk (Tesla), haben ihr Vermögen während der Coronavirus-Pandemie verdoppelt, während Einkommensungleichheit, Klimawandel und das Coronavirus zusammengenommen alle vier Sekunden einen Menschen auf der Welt töten, stellt eine neue Analyse fest.
»Das Vermögen der zehm reichsten Männer der Welt hat sich seit Beginn der Pandemie verdoppelt«, berichtet Oxfam mit Sitz in London in »Inequality Kills« (»Ungleichheit tötet«). Und das Virus, das offiziell Covid-19 genannt wird, hat die Einkommen von 99 Prozent der 7,8 Milliarden Menschen auf der Welt geschmälert, heißt es weiter.
»Insgesamt ist das Vermögen der kleinen Elite von 2.755 Milliardären während Covid-19 stärker gewachsen als in den gesamten letzten 14 Jahren, die für Milliardäre ein wahrer Reichtumsboom waren«, berichtet Oxfam.
Diese Ungleichheit »reißt die Welt auseinander«, warnt die Organisation.
Oxfam kritisiert vor allem Bezos, den reichsten Menschen der Welt, und bringt seinen wachsenden Reichtum und seine egozentrische Raumfahrt mit seinem Besitz von Amazon in Verbindung. Was in dem Bericht nicht erwähnt wird, ist, dass Bezos und Amazon auch für zügellose Verstöße gegen das Arbeitsrecht, niedrige Löhne und fehlende Sozialleistungen für ihre Hunderttausende von Beschäftigten in den USA und die Ausbeutung von Beschäftigten in anderen Teilen der Welt bekannt sind.
»Im Juli 2021 schoss der reichste Mann der Welt sich selbst und seine Freunde in seiner Luxusrakete ins All, während unter ihm Millionen Menschen sinnlos starben, weil sie keinen Zugang zu Impfstoffen hatten oder sich keine Nahrung leisten konnten«, schreibt Oxfam. »Jeff Bezos' ikonischer Marie-Antoinette-Moment ‚Sollen sie doch Kuchen essen‘ wird für immer genauer zitiert werden: ‚Ich möchte mich bei allen Amazon-Mitarbeitern und -Kunden bedanken, denn ihr habt für all das hier bezahlt.‘«
»Allein mit dem Zuwachs an Bezos' Vermögen während der Pandemie könnte jeder Mensch auf der Welt sicher geimpft werden«, so Oxfam. Der Haken an der Sache ist, dass reiche Länder, darunter die USA und das Vereinigte Königreich, die Impfstoffe horten und sich dabei hinter dem Patentschutz verstecken, so der Bericht.
In einer Erklärung, die der verstorbene AFL-CIO-Präsident Richard Trumka oft auf die zunehmende Einkommensungleichheit in den USA anwandte, sagte Oxfam, dass »wirtschaftliche Gewaltausübung nicht zufällig, sondern gewollt ist«, mit anderen Worten, dass sie von der Regierungspolitik »für die reichsten und mächtigsten Menschen geschaffen wurde«. Das sind die Super-Reichen, die von der Pandemie profitieren.
Klimakiller
»Wenn mächtige Eliten und Unternehmen Milliarden von Dollar ausgeben und Zehntausende von Lobbyisten anheuern, um ungebührlichen Einfluss auszuüben und die öffentliche Politik zu ihren Gunsten zu beeinflussen, untergräbt dies die Grundlage jeder einzelnen Stimme in einer Demokratie. In der Tat korreliert die Einkommensungleichheit innerhalb eines Landes mit einer Erosion des Vertrauens und einer erhöhten Angst innerhalb dieser Gesellschaften«, heißt es in dem Bericht.
Laut Oxfam sind dieselben Milliardäre, die von der Pandemie profitieren und die politischen Fäden ziehen, auch für einen Großteil der Umweltverschmutzung verantwortlich, die zur globalen Erwärmung führt – und die ihrerseits ebenfalls Menschen tötet.
Nach Berechnungen der Studie stoßen die 20 reichsten Milliardäre durch die von ihnen kontrollierten Unternehmen – wie Bezos' Amazon und Musks Tesla – 8.000 Mal mehr CO2 aus als eine Milliarde der ärmsten Menschen auf der Welt.
Wachsende Armut
Die Einkommensungleichheit zerstört auch die Lebensgrundlagen. Unter Berufung auf Hochrechnungen der Weltbank berichtet Oxfam, dass das Coronavirus seit Beginn der Pandemie weltweit 163 Millionen Menschen zusätzlich in die Armut gestürzt hat, verglichen mit der Zahl derer, die arm geblieben wären. Oxfam und die Bank definieren Armut als Einkommen von weniger als 5,50 Dollar pro Tag.
»Die Weltbank geht davon aus, dass das Armutsniveau ohne Maßnahmen gegen die Ungleichheit nicht einmal bis 2030 auf das Vorkrisenniveau zurückkehren wird. Während die reichsten 20 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2021 fast die Hälfte ihrer Verluste aus dem Jahr 2020 wieder aufgeholt haben dürften, erwartet die Weltbank, dass die ärmsten 20 Prozent im Durchschnitt weitere 5 Prozent ihres Einkommens verlieren werden.«
Laut Oxfam sind farbige Menschen und Frauen in Entwicklungsländern besonders von dieser Einkommensungleichheit betroffen. Und in den USA, so heißt es weiter, hat das Coronavirus eine durch die Einkommensungleichheit verursachte, besonders schlechte Situation noch verschlimmert: die Lebenserwartung von Schwarzen.
»Etwa 3,4 Millionen schwarze US-Amerikaner würden heute noch leben, wenn ihre Lebenserwartung die gleiche wäre wie die der Weißen«, erklärt Oxfam. »Vor Covid-19 lag diese alarmierende Zahl bereits bei 2,1 Millionen.«
Gesunkene Lebenserwartung
Das Nationale Zentrum für Gesundheitsstatistiken berichtete im Juli letzten Jahres in seiner jährlichen Analyse der Daten über Leben und Tod in den USA, dass die Lebenserwartung in den USA im Jahr 2020 zum zweiten Mal in Folge gesunken ist, zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg.
»Die Lebenserwartung für die nicht-hispanische schwarze Bevölkerung sank um 2,9 Jahre von 74,7 Jahren im Jahr 2019 auf 71,8 Jahre im Jahr 2020, den niedrigsten Wert seit 20 Jahren«, so das Zentrum damals. Das Coronavirus war für 59 Prozent dieses Rückgangs verantwortlich. Und während für Schwarze im Jahr 2019 eine um 4,1 Jahre geringere Lebenserwartung als für Weiße ohne hispanische Abstammung errechnet wurde, vergrößerte sich dieser Unterschied im Jahr 2020 auf 5,8 Jahre, so das Zentrum.
Die Zahlen von Oxfam erregten die besondere Aufmerksamkeit sowohl der »Patriotic Millionaires« – einer Gruppe von Reichen, die gegen die Vergünstigungen und Gewinne ihrer eigenen Klasse auftreten – als auch der »Poor People's Campaign« in den USA. Die Führer dieser Kampagne für Arme, die Reverends William Barber II. und Liz Theoharis, haben sich wiederholt auf eine Sonderanalyse des Institute for Policy Studies berufen, aus der hervorgeht, dass es in den USA 140 Millionen arme und wenig wohlhabende Menschen gibt. Vor dem Covid-Krieg waren dies 43 Prozent der Bevölkerung. Die Kampagne geht davon aus, dass mindestens acht Millionen Menschen hinzugekommen sind, seit die Covid-Seuche die USA heimgesucht hat.
»Der Reichtum der zehn reichsten Männer der Welt hat sich seit Beginn der Pandemie von 700 Milliarden auf 1,5 Billionen Dollar verdoppelt, das sind 1,3 Milliarden Dollar pro Tag«, so die beiden Pastoren und Oxfam America-Präsidentin Abby Maxman in einer gemeinsamen Erklärung. »In der Zwischenzeit ist das Einkommen von 99 Prozent der Menschheit aufgrund der Pandemie gesunken, und alle vier Sekunden stirbt ein Mensch aufgrund von fehlendem Zugang zu medizinischer Versorgung, geschlechtsspezifischer Gewalt, Hunger und Klimawandel.«
Aus: »People‘s World«, Zeitung der KP der USA
Übersetzung und Bearbeitung: ZLV