Endspurt im Fünfjahresplan
In China begann die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses
In der vergangenen Woche hat der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses Chinas (NVK) die Vorbereitungen für die Jahrestagung abgeschlossen. Der NVK ist das höchste gesetzgebende Organ der Volksrepublik China, sein Ständiger Ausschuß hat leitende Funktion, arbeitet zwischen den NVK-Jahrestagungen und bereitet diese vor.
Rund 3.000 Delegierte sind am Dienstag in der Großen Halle des Chinesischen Volkes in Beijing zusammengekommen. Ein umfangreiches Programm liegt vor ihnen, auch wenn die wesentlichen Diskussionen und die Erarbeitung dessen, was auf der NVK-Jahrestagung als Beschlußfassung vorliegt, bereits im Vorfeld stattgefunden haben.
Die Delegierten beraten in der Hauptstadt auch unter dem Zeichen der Konfrontationspolitik des Westens gegen Rußland und China. Das fand unter anderem darin Ausdruck, daß sich der Ständige Ausschuß Anfang der vorigen Woche noch einmal mit einer überarbeiteten Fassung des Gesetzes zur Wahrung von Staatsgeheimnissen befaßte.
Scharfe Töne gab es aus Beijing nicht zu hören, die kommen jedoch regelmäßig und in immer kürzeren Abständen aus dem Westen. Der Konflikt über die zu China gehörende Insel Taiwan wurde wieder einmal geschürt, indem eine Delegation von Politikern des Repräsentantenhauses der USA der Regierung in Taipeh einen offiziellen Besuch abstattete und vor einer »chinesischen Invasion« warnte. Chinas Regierung wird hingegen nicht müde, darauf zu verweisen, daß sich die USA der »Ein-China-Politik« verpflichtet haben, die besagt, daß sie keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhalten und sich nicht in innerchinesische Angelegenheiten einmischen.
Auch in Deutschland wurde vor der Tagung Stimmung gemacht. So berichtete das Nachrichtenportal von »t-online« am vorigen Dienstag über »selbstfahrende Drohnenschiffe« vor der Küste Taiwans und fragte »Droht eine Invasion?«.
Die Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) berichtete dagegen am gleichen Tag, daß chinesische Studenten bei ihrer Einreise in die USA verhört und über »längere Zeit befragt« wurden, wobei ihre Handys kontrolliert worden seien. Offenbar werden Chinesen nun unter den Generalverdacht gestellt, für die Volksrepublik »zu spionieren«. Einigen Studenten sei sogar ihr Visum entzogen und sie seien abgeschoben worden – unter dem Vorwand der Wahrung der »nationalen Sicherheit«.
Die chinesische Regierung – und allen voran Präsident Xi Jinping – blicken dennoch positiv in die Zukunft. Das dürfte auch daran liegen, daß die Volksrepublik China nicht erst jetzt damit beginnt, auf die eigenen Stärken zu setzen. Der derzeitige 14. Fünfjahresplan läuft noch bis zum nächsten Jahr, enthält aber bereits die Orientierung auf qualitatives Wachstum. Und auch der strategische Plan »Made in China 2025«, der bereits 2015 auf den Weg gebracht wurde, enthält eine Ausrichtung auf die Bereiche entlang der Wertschöpfungskette, die in der Vergangenheit von ausländischen Unternehmen dominiert wurden.
Im laufenden Fünfjahresplan ist deshalb festgelegt, daß die Ausgaben für Forschung und Entwicklung jedes Jahr um 7 Prozent erhöht werden. Auch das Bildungssystem wurde weiter ausgebaut. Im letzten Jahr verließen 11,6 Millionen junge Chinesen mit einem Abschluß die Hochschulen des Landes. Präsident Xi hatte in seiner Neujahrsansprache angekündigt, diese Anstrengungen im Bereich Bildung, Forschung und Entwicklung noch einmal massiv zu verstärken.
Beim Ausbau von Forschung und Entwicklung in China geht es auch, aber eben nicht nur darum, Millionen von gut ausgebildeten jungen Menschen einen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten zu können. Die mit der Reform- und Öffnungspolitik jahrzehntelang durchgeführte erfolgreiche Wirtschaftspolitik setzte stark auf ausländische Investitionen und Joint Ventures, um einen Technologietransfer zu ermöglichen. Diese Zeiten scheinen vorbei. Zwar betont die chinesische Regierung immer wieder, daß ausländische Investoren – unter Bedingungen – weiterhin willkommen sind, zumal die Wirtschaftsbeziehungen zu Ländern außerhalb des »Westens« sehr gut sind. Doch das Land hat in vielen Bereichen so weit aufgeholt – und in einigen sogar überholt –, daß Technologietransfer für die chinesische Seite nicht mehr im Vordergrund steht. Zudem erschweren Sanktionen des Westens zunehmend eine Zusammenarbeit, was sich auch auf die internationale Zusammenarbeit von Hochschulen negativ auswirkt.
Die Konfrontationspolitik des Westens tut ihren Teil, um die eigenständige Entwicklung der Produktivkräfte in China voranzutreiben.