»Mindestlohn für alle Auszubildenden«
Salariatskammer präsentiert Verbesserungsvorschläge für berufliche Bildung
Unter anderem mit einem Mindestlohn für alle Auszubildenden will die Chambre des salariés (CSL) die berufliche Bildung insgesamt aufwerten und vor allem mehr Schülerinnen und Schüler dazu ermuntern, eine Berufsausbildung zu beginnen. Es gehe darum, jungen Leuten mehr Perspektiven zu bieten, erklärte CSL-Präsidentin Nora Back am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.
Derzeit, führte Françoise Schmit aus, säßen Auszubildende und Teilnehmer an einer Erwachsenenbildung, die nur ein paar Jahre älter seien, in einer Klasse zusammen. Während letztere Anrecht auf den Mindestlohn hätten, sei die Höhe der Ausbildungsvergütung entgegen aller Ankündigungen der Regierung aus DP, LSAP und Grünen noch immer nicht gesetzlich geregelt. Junge Leute, die nicht auf eine Unterstützung durch ihre Eltern zählen könnten, würden deshalb »lieber ein Jahr Pause machen«, statt eine Ausbildung zu beginnen, weil sie anschließend in den Bereich Erwachsenenbildung fielen und drei Jahre lang Anspruch auf den Mindestlohn hätten. Zur Finanzierung der Einführung des Mindestlohns für Auszubildende schlägt die CSL eine von allen in Luxemburg ansässigen Unternehmen zu entrichtende Ausbildungsumlage vor, die dann an die derzeit 2.000 bis 2.200 Betriebe gehen soll, die ausbilden. Denkbar sei auch eine Bezuschussung durch den Beschäftigungsfonds, so Françoise Schmit, »doch leider sind wir mit unseren Vorschlägen noch nicht auf offene Ohren gestoßen«.
Um »Schülerinnen und Schülern, die das brauchen«, mehr Zeit zur Vorbereitung auf ihre Berufsausbildung zu geben, soll nach Meinung der Salariatskammer der untere Zyklus im Sekundarunterricht um ein Jahr verlängert werden. Neben einer Verbesserung der Sprachkompetenzen und der mathematischen Fähigkeiten bliebe dann auch mehr Zeit, den jungen Menschen ihre beruflichen Möglichkeiten aufzuzeigen. Diese seien umso vielfältiger, wenn »Sackgassen in der Berufsausbildung« zugunsten von mehr »Übergängen« beseitigt würden und nach dem Motto »Kein Abschluß ohne Anschluß« möglichst in allen Ausbildungsberufen das Stufenmodell eingeführt werde.
Wie Françoise Schmit weiter erklärte, fordert die CSL außerdem, daß jedes Technikerdiplom zugleich die allgemeine Hochschulreife bescheinigt. Bisher müssen dazu spezielle Kurse außerhalb des normalen Programms belegt werden. Nicht neu sind die Forderung nach Aufwertung des Meisterbriefs nach deutschem und österreichischem Vorbild sowie nach Einführung des Lehrvertragsmodells auch für Bachelor-Studentinnen und Studenten.
Auch die Lage von Praktikantinnen und Praktikanten, die derzeit »oft als billige Arbeitskräfte ausgenutzt« würden, will die CSL verbessern. Dazu erklärte Jeanine Kohn, man fordere einen allgemeinen Qualitätsrahmen für Praktika, in dem beispielsweise festgelegt sei, daß vorab ein Ausbildungsziel definiert wird, daß Auszubildende keine regulären Schaffenden ersetzen dürfen, daß sie von einem Tutor betreut werden, sozialversichert sind, spätestens nach sechs Monaten einen regulären Arbeitsvertrag erhalten und nicht zuletzt, daß sie spätestens ab der fünften Praktikumswoche entsprechend ihrer Kompetenzen für ihre Arbeit bezahlt werden. Die Höhe der Praktikumsvergütung soll nach Meinung der Salariatskammer von 55 Prozent des unqualifizierten Mindestlohns für Sekundarschüler bis zum vollen qualifizierten Mindestlohn für angehende Ärzte oder Juristen, die bereits ein Universitätsdiplom in der Tasche haben, reichen.
Claude Cardoso berichtete, das Luxembourg Lifelong Learning Center der CSL habe im letzten Schuljahr 4.633 Teilnehmer an Abendkursen gehabt, 1.049 Schaffende hätten Seminare belegt, 357 Kurse für Senioren und 639 E-Learning-Kurse. Außerdem seien 3.879 Personaldelegierte ausgebildet worden.