Ausland18. Januar 2022

Verkehr in Italien lahmgelegt

Landesweiter Streik für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne im Transportwesen

Gerhard Feldbauer

Die Beschäftigten der italienischen Verkehrsbetriebe haben am vergangenen Freitag mit einer Beteiligung von fast hundert Prozent für vier Stunden landesweit die Arbeit niedergelegt. Dies berichteten Reporter der linken Zeitung »Il Manifesto«. Die regionale zeitliche Staffelung des Ausstandes habe sich auf alle Wirtschaftszweige des Landes ausgewirkt. Die Beschäftigten fordern neue Tarifverträge mit höheren Löhnen sowie bessere und sichere Arbeitsbedingungen. Die alten Vereinbarungen sind teilweise seit fünf Jahren ausgelaufen.

Der Arbeitskampf begann um 8.45 Uhr in Mailand, wo Straßenbahnen, Busse und U-Bahnen anhielten. Er legte landesweit den Verkehr auf Straße, Schiene, den Wasserwegen und in der Luft – und damit fast das gesamte öffentliche Leben – für vier Stunden lahm. Auf den großen Mailänder Flughäfen konnten für wenigstens vier Stunden Maschinen weder starten noch landen. Die Fluglotsen und Beschäftigten des Flughafen- und Abfertigungsservices der ITA, Blueair, Bulgarian, Easyjet und der spanischen Volotea sowie aller wichtigen Fluglinien hatten sich dem Streik angeschlossen. Das gleiche Bild bot sich in Rom, Kalabrien, Palermo und auf zahlreichen weiteren Flughäfen.

Die über 8.000 Beschäftigten der aufgelösten ehemals staatlichen Fluglinie Alitalia, denen eine Übernahme in die neue Italia Trasporto Aereo (ITA) versprochen worden war, verlangten die Einhaltung der Zusagen. Entgegen diesen Versprechen waren Ende Dezember bereits 1.350 Arbeiter und Angestellte auf die Straße gesetzt worden. Den übernommenen ungefähr 2.800 früheren Alitalia-Bediensteten will ITA in neuen Verträgen die Löhne um 20 bis 30 Prozent kürzen.

Nachdem beim letzten großen Generalstreik in Italien am 16. Dezember mehrere mitgliederstarke Gewerkschaften (FILT CGIL, FIT CISL, Uiltrasporti) nicht teilgenommen hatten, war der Ausstand diesmal zusammen mit den Regional- bzw. Basisgewerkschaften wie FAISA CISAL, UGL Autoferrotranvieri und USB Trasporti ein gemeinsamer Arbeitskampf. Wir fordern »die Vertragsverlängerung mit besseren Arbeitsbedingungen, Lohnerhöhungen für die Arbeiter, die einen wesentlichen und zentralen Dienst in den Programmen des wirtschaftlichen Aufschwungs, des ökologischen Wandels und der Verbesserung der Lebensqualität gewährleisten«, hieß es in einer Erklärung.

Grund genug haben die Streikenden. So ist in dem Logistikkonzern Asstra der Tarifvertrag seit 31. Dezember 2017 ausgelaufen. Während Italien nach einem Bericht des staatlichen Statistikamtes ISTAT von einer »Rekordinflation« heimgesucht wird, weigert sich der Logistikriese bis heute, einen neuen Vertrag mit Lohnerhöhungen zu gewähren. FILT-CGIL-Sekretär Stefano Malorgio nannte das »einen Lohnnotstand«.

Der Transportverband Unatras wies darauf hin, daß italienische Lkw-Fahrer im Schnitt 400 Euro weniger als in Deutschland verdienen. Die Fahrer großer Transportunternehmen und auch selbständiger Betriebe stellten ihre Dienstleistungen für Industrie und Handel ein. Sie protestierten gegen die Veränderung der Lenk- und Ruhezeiten und gegen die im Mobilitätspaket der EU vorgesehene Flexibilisierung und ein komplettes Kabinenschlafverbot, die »weniger Erholung für die Fahrer« bedeuten und »alle anderen Verkehrsteilnehmer gefährden«.