Kaleidoskop14. Februar 2024

Pestizide gelangen bis auf die Berggipfel

von dpa/ZLV

Äpfel aus der nördlichsten Provinz Italiens liegen oft in hiesigen Supermarktregalen. Für perfekt aussehende Früchte werden mehrmals im Jahr Pestizide eingesetzt – und die finden sich inzwischen weitverbreitet nicht nur auf den Anbauflächen der Region, berichtet ein Forscherteam nun im Journal »Communications Earth & Environment«. Der Vinschgau im Westen Südtirols ist das größte zusammenhängende Apfelanbaugebiet in Europa. Pestizide seien dort im ganzen Tal bis in die Höhenlagen zu finden, auch in Schutzgebieten.

Im Vinschgau sind über 7.000 Apfelbauern tätig, die zehn Prozent aller Äpfel in der EU produzieren, heißt es in der Studie. Der konventionelle Anbau setze dort bei der Bekämpfung von Schädlingen wie dem Apfelwickler (Cydia pomonella) und Pilzkrankheiten vor allem auf synthetische Pestizide. Insbesondere bei Wind sei eine hohe Abdrift in die Umgebung möglich.

Das Team um den Umweltwissenschaftler Carsten Brühl von der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau untersuchte elf sogenannte Höhentransekte entlang der Talachse – vom Talboden bis auf die Berggipfel. Entlang dieser Strecken wurden an vier Tagen im Mai 2022 auf Höhenstufen alle 300 Meter Proben genommen – Pflanzenmaterial und Bodenproben von 53 Standorten.

Anders als bisher angenommen seien die Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im Vinschgau nicht nur in den Anlagen und der näheren Umgebung zu finden, berichten die Wissenschaftler. Die Pestizidmengen nähmen zwar in den Höhen und mit Abstand zu den Apfelplantagen ab, aber selbst im oberen Vinschgau mit kaum Apfelanbau seien noch mehrere Substanzen im Boden und in der Vegetation nachzuweisen. Ursache der weiten Verbreitung seien wahrscheinlich die teilweise starken Talwinde und die Thermik im Vinschgau.

Bereits in den gemessenen niedrigen Konzentrationen können Pestizide zu sogenannten sublethalen, also nicht direkt tödlichen Effekten bei Organismen führen, erläutern die Forscher. Bisher sei aber noch unklar, wie sich chronische Pestizidbelastungen in niedrigen Konzentrationen sowie Mischungen verschiedener Pestizide auswirken. Insgesamt wurden 27 Pestizide – zehn Insektizide, elf Fungizide und sechs Herbizide – nachgewiesen.