Leitartikel07. Januar 2025

Regierungsbildung mit Vorzeichen

von Uli Brockmeyer

Premierminister Luc Frieden hat in einem Interview zum Jahreswechsel darauf hingewiesen, daß in unseren drei Nachbarstaaten keine stabilen Regierungen existieren. Es ist nicht ganz klar, ob der ausgewiesene Interessenvertreter der Banken in Luxemburg damit nur den Stolz auf das zwar brüchige, aber immer noch weitgehend funktionierende »Luxemburger Modell« zum Ausdruck oder eine Drohung gegen alle Kritiker der amtierenden Regierungskoalition zum Ausdruck bringen wollte.

Tatsächlich ist es bemerkenswert, daß ausgerechnet die beiden Länder, die einst als »Lokomotiven der EU« gepriesen wurden, in den letzten Wochen von veritablen Regierungskrisen geschüttelt wurden. Frankreich hat in Folge der von Präsident Macron unbedacht ausgerufenen Neuwahl inzwischen eine zweite Regierung, von der man nicht genau weiß, ob auch sie eine provisorische ist wie die vorangegangene. Und in Berlin ist vor wenigen Wochen die Koalition aus SPD, Grünen und Liberalen geplatzt, weil man sich nicht darauf einigen konnte, auf welche Weise man angesichts der stagnierenden, demnächst deutlicher schrumpfenden Wirtschaft die Interessen der Konzerne am besten bedienen kann.

Bei den Wahlen am 23. Februar wird voraussichtlich die eigentliche Banken- und Konzernpartei, die CDU mit ihrer bayerischen Schwester CSU als Wahlsieger hervorgehen. Nun steht die Frage, ob die wirtschaftsliberalen Gelben oder die zur Kriegspartei gewandelten Grünen zu Wunschkumpanen der Schwarzen werden. Inhaltlich macht das keinen Unterschied, deren Hauptziele gehen nur in Nuancen auseinander.

Wohin sich derartige Debatten über die Aufteilung von Pfründen entwickeln können, wird uns derzeit in Österreich vorgeführt. Dort haben nach wochenlangen Streitereien die wirtschaftsliberalen Neos das Handtuch geworfen und eine mögliche Koalition mit Konservativen und Sozialdemokraten platzen lassen. Nun wird der Traum der der Blauen, der rechtspopulistischen FPÖ endlich wahr, sie wurde vom ehemals grünen Bundespräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt. Herauskommen wird voraussichtlich eine Koalition mit der schwarzen ÖVP, einer Schwester unserer CSV.

Die grundsätzliche Ausrichtung einer neuen Regierung wird sich nur in Nuancen von der bisherigen unterscheiden. »Offensichtlich haben sich in der ÖVP jene Kräfte aus Industriellenvereinigung und Wirtschaftsflügel durchgesetzt, die mit der FPÖ eine Politik des rabiaten Sozialabbaus umsetzen wollen«, kommentiert der steirische Landesvorsitzende der Kommunistischen Partei Österreichs, Robert Krotzer, die Entscheidung des Bundespräsidenten, der erkannt hatte, daß die Abneigung innerhalb der ÖVP gegen die FPÖ offenbar »geringer geworden« sei.

Die Kommunisten erinnern zugleich daran, wem die Milliarden-Löcher im österreichischen Staatshaushalt zu verdanken sind: »Die ÖVP hat sich gerade in den letzten Jahren an der Republik wie an einem Bankomaten bedient, um ihr Klientel aus Superreichen, Banken und Konzernen zu bedienen. Die Rechnung dafür sollen nun die arbeitenden Menschen zahlen, während die Milliarden-Vermögen und Profite der Superreichen weiter geschont werden«, sagte Robert Krotzer.

Und genau darum, und nicht vordergründig um Schwarz, Blau, Grün, Gelb oder Rosarot, geht es letztlich bei derartigen Regierungsbildungen – und das nicht nur in Österreich.