Leitartikel05. Juli 2025

Solidarität ist keine Einbahnstraße

von Ali Ruckert

An diesem Wochenende findet in Sanem nicht nur das 49. Wisefest der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« statt, sondern die Herausgabe der »Zeitung« als kommunistische Tageszeitung jährt sich in diesen Juli-Tagen zum 79. Mal.

»Die Werte, die bei der Gründung im Jahr 1946 durch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Luxemburgs und dessen Beauftragten Jean Kill im Vordergrund standen – Frieden, Humanismus, sozialer und gesellschaftlicher Fortschritt, Laizismus, Solidarität, Antirassismus, Antimilitarismus – sind heute aktueller denn je«, heißt es im Dokument das die redaktionelle Linie der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« beschreibt.

Die kommunistische Tageszeitung kannte in dieser langen Zeit gute und schlechte Zeiten. Während des Kalten Kriegs in den 1950er Jahren musste sie sogar während neun Monaten wegen Geldmangels als Wochenzeitung erscheinen, bevor eine Rückkehr zur Tageszeitung möglich wurde, was allein den kollektiven Anstrengungen der Kommunisten zu verdanken war.

Auch in den schwierigsten Zeiten wich die Zeitung zu keinem Zeitpunkt von ihrer redaktionellen Linie ab, um Kompromisse an den »Zeitgeist« zu machen oder, wie das heute in manchen Redaktionsstuben geschieht, mit den Wölfen der »Zeitenwende« und der »Kriegstüchtigkeit« zu heulen.

Die »Zeitung« hatte immer den Anspruch, umfassend über die wichtigen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ereignisse hierzulande und in der Welt zu berichten, zu analysieren und zu kommentieren und dort weiterzuschreiben, wo andere aufhören, auch wenn sie dieser Anforderung nicht immer gerecht wurde.

Vor allem aber zeichnet sich die »Zeitung« dadurch aus, dass sie nicht vorgibt, ein neutraler Beobachter zu sein und Ausbeuter und Ausgebeutete gleichermaßen zu Wort kommen zu lassen.

Die vergangenen Monate, die durch eine Mobilisierung gegen die von der CSV/DP-Regierung geplanten massiven sozialen und arbeitsrechtlichen Verschlechterungen gekennzeichnet waren, haben das erneut gezeigt. Die Zeitung sah ihre Rolle nicht nur darin, im Detail über die geplanten Grausamkeiten und deren mögliche Folgen zu informieren, sondern auch dabei zu helfen, zu mobilisieren und ihre Rolle als kollektiver Organisator zu nutzen, um den gerechten Kampf der Gewerkschaftsfront zu unterstützen. Somit war sie auch bis zu einem gewissen Grad ein Gegengewicht zu jener Presse, die – »politisch ganz neutral« – gegen die Gewerkschaften hetzte und ihnen unterstellte, sie würden die Interessen der Schaffenden nicht vertreten.

Die »Zeitung« hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Partei ergreift, wenn es darum geht, den Forderungen nach Gleichberechtigung, sozialer Gerechtigkeit, Umwelt- und Klimaschutz, gesellschaftlichem Fortschritt, Abrüstung und Frieden Gehör zu verschaffen und sich an der Seite der KPL und weiterer fortschrittlicher gesellschaftlicher Kräfte für eine Systemänderung einzusetzen, weg von der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft.

Weil Solidarität keine Einbahnstraße ist, braucht und verdient eine solche Zeitung die Unterstützung der Schaffenden, damit sie ihrer Rolle heute und in Zukunft noch besser gerecht werden kann.

Ganz in diesem Sinn wollen wir alle Leserinnen und Leser ganz herzlich zum »Wisefest« der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« an diesem Wochenende in den Schloßpark in Sanem einladen.