Ausland24. Februar 2024

Auftakt zu einem »Superwahljahr« in Italien

Bei der Regionalwahl auf Sardinien kämpfen eine faschistische Koalition und ein »Breites Lager« um die Präsidentschaft

von Gerhard Feldbauer

An diesem Sonntag werden auf Sardinien ein neuer Präsident und das Parlament der Region gewählt. Es wird erwartet, daß die Entscheidung zwischen den Kandidaten der nationalistisch-faschistischen Koalition der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und einem vom sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) mit der Fünf Sterne-Bewegung (M5S) gebildeten »Campo Largo« entschieden werden.

Unterstützt von ihren Koalitionspartnern Forza Italia (FI) und der Lega von Matteo Salvini geht für Melonis Brüder Italiens (FdI) der bisherige Bürgermeister von Cagliari, Paolo Truzzu, an den Start. Die PD-Vorsitzende Elly Schlein und Giuseppe Conte vom M5S haben ihre Meinungsverschiedenheiten hinten an gestellt und sich darauf geeinigt, die Vizepräsidentin der Sternepartei, Alessandra Todde, als Spitzenkandidatin aufzustellen. Sie war 2021/22 unter dem damaligen Premierminister Conte, danach in der Regierung Draghi Vize-Ministerin für Wirtschaft. Im Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stehen soziale Fragen, vor allem die Themen Mindestlohn und Arbeitszeitverkürzung, während Proteste gegen NATO-Manöver auf Sardinien weitgehend ausgeklammert werden.

Zunächst war die von Melonis Vizepremier und Außenminister Tajani geführte FI gegen die Kandidatur von Paolo Truzzu und wollte den von der FI 2019 ins Amt gebrachten Leiter der aus ihr hervorgegangenen Sardischen Aktionspartei, Christian Solinas, den auch die Lega protegierte, für eine dritte Amtszeit aufstellen. Der Albtraum eines Sieges des »Campo Largo« hat »Meloni, Salvini und Tajani schließlich für Truzzu zusammengebracht«, schreibt das linke Magazin »Il Manifesto«. Um Wähler der Mitte abzuschrecken, verketzerte Meloni am Mittwoch in Cagliari das Bündnis als »tollwütige Extremisten, die keine Vorschläge oder Argumente haben und ihre Gegner nur mit Schmutz bewerfen«.

Laut letzten Umfragen liegt Paolo Truzzu mit 46 Prozent an der Spitze, gefolgt von Alessandra Todde mit 41,9 Prozent. Nach Angaben der Meinungsforscher gaben allerdings 25 Prozent der Befragten an, noch unentschlossen zu sein.

Zu den Kandidaten für die Regionalpräsidentschaft gehören weiter der vom früheren Premier und Chef der vom PD abgespalteten rechtsorientierten Partei Italia Viva (Lebendiges Italien) Matteo Renzi nominierte Renato Soru, ebenfalls ein früherer PD-Militant, und Lucia Chessa von den Rossomori, einer Abspaltung der Aktionspartei, die aber kaum Chancen haben dürften. Nach dem Wahlgesetz findet nur ein Wahlgang statt. Wer die meisten Stimmen erhält, gilt als zum Präsidenten gewählt, unabhängig vom erreichten Prozentsatz.

Die Wahl auf Sardinien ist Auftakt zu einem regelrechten »Superwahljahr« 2024. Nach Sardinien finden nicht nur die Wahlen für das EU-Parlament am 9. Juni statt, sondern auch in weiteren vier Regionen: Abruzzen, Basilikata, Piemont und Umbrien. Als nächstes geht es am 10. März in Abruzzen an die Wahlurnen, in Basilikata, Piemont und Umbrien im Oktober. Diese Regionen werden bisher von Vertretern der nationalistisch-faschistischen Koalition regiert.

Weiterhin stehen die Wahlen der Bürgermeister und Gemeinderäte in der Hälfte der Gemeinden (rund 3.800) mit fast 17 Millionen Wählern, darunter 27 Provinzhauptstädte und sechs Regionalhauptstädte (Bari, Cagliari, Campobasso, Florenz, Perugia), an. Der PD und M5S wollen auch bei den weiteren Regionalwahlen, außer im autonomen Piemont, mit ihrem »Campo largo« antreten.

Auf Sardinien haben zehn Listen, darunter Sinistre Verdi und Progressisti, angekündigt, am Sonntag für Alessandra Todde zu stimmen. Elena Schlein, die die M5S-Bewerberin persönlich auf einer gemeinsamen Wahlveranstaltung vorstellte, nannte Alessandra Todde »die bestmögliche Kandidatin für Sardinien«, um die Wahl zu gewinnen.