Luxemburg13. Oktober 2023

Volksdroge fordert mehr Opfer

Zahl der Alkoholtoten pro Einwohner hat sich von 2011 bis 2020 fast verdoppelt

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Bei Drogen denkt man zuerst an verbotene Substanzen wie Kokain oder Crystal Meth. Aber Alkohol – ist das ist nicht ein Genußmittel? Auch wenn viele dieser Meinung sind, ist dem mitnichten so. Daß Alkohol abhängig machen kann, wissen zwar die meisten, aber wie hoch die gesundheitlichen Risiken beim Alkoholkonsum wirklich sind, wird oft unterschätzt oder verdrängt.
Einer neuen Vergleichsstatistik von Eurostat zufolge ist die Zahl der jährlichen Alkoholtoten hierzulande zwischen den Jahren 2011 und 2020 von elf auf 25 gestiegen. Selbst unter Berücksichtigung des Bevölkerungszuwachses habe sich die Quote von 2,09 alkoholbedingten Todesfällen pro 100.000 Einwohner im Jahr 2011 auf 3,99 im Jahr 2020 fast verdoppelt, schreiben die amtlichen EU-Statistiker. Damit lag Luxemburg 2020 über dem EU-Durchschnitt von 3,6 Alkoholtoten pro 100.000 Einwohner und Jahr. 2011 lag das Großherzogtum noch relativ deutlich unter dem EU-weiten Durchschnittswert von 3,2 alkoholbedingten Todesfällen pro 100.000 Einwohner.
Beim Vergleich mit den drei Nachbarländern fällt auf, daß wir 2020 Belgien mit 3,68 direkt mit Alkohol in Verbindung stehenden Todesfällen pro 100.000 Einwohner und Frankreich mit 3,69 überholt haben, während sich die Quote in Deutschland immerhin von 5,78 auf 5,46 verbesserte. Eine deutliche Verbesserung (von 4,80 auf 3,69) gab es auch in Frankreich, während sich Belgien (von 3,36 auf 3,68) leicht verschlechterte. Die meisten Alkoholtoten relativ zur Bevölkerungszahl gab es Eurostat zufolge 2020 in Slowenien (17,3 je 100.000 Einwohner) und Polen (10,1), mit Abstand folgen Dänemark (7,3), Kroatien (6,5), Österreich und Lettland (je 6,2). Am anderen Ende des Negativrankings war die Rate in Griechenland, Italien und Malta (alle mit nur 0,4 Menschen je 100.000 Einwohner, die im Jahr 2020 an den direkten Folgen übermäßigen Alkoholkonsums gestorben sind) sowie in Spanien und Zypern (beide 0,5) am niedrigsten.
Zu bedenken ist, daß in der Coronakrise, die im Frühjahr 2020 begann, deutlich mehr Menschen an den Folgen schweren Alkoholkonsums gestorben sind. So hatte eine im Sommer 2022 veröffentlichte Studie der Universität Sheffield ergeben, daß vor allem Menschen, die bereits zuvor riskante Mengen Alkohol konsumierten, in der Zeit mit Corona-Lockdowns und Kontaktbeschränkungen mehr getrunken haben. Und laut dem britischen Internetportal drinkaware.co.uk liegt die Rate der alkoholbedingten Todesfälle bei Männern in den ärmsten Gegenden Britanniens viermal höher als in den wohlhabendsten. Und laut einer Umfrage unter 150 Psychotherapeuten und Psychiatern, die Anfang des Jahres im Auftrag der deutschen Krankenkasse Pronova BKK durchgeführt wurde, sagen sieben von zehn, der Alkohol- und Drogenkonsum habe wegen der Krisen und der gestiegenen Lebenshaltungskosten zugenommen.
Neben den gesundheitlichen Folgen hat Alkohol auch Auswirkungen auf Angehörige, Freunde und Kollegen der Konsumierenden, und zwar nicht nur von Abhängigen. Eine wissenschaftliche Studie, die im britischen Fachblatt »The Lancet« erschienen ist, stellt fest, daß Alkohol sogar »die gefährlichste Droge überhaupt« ist, wenn man berücksichtigt, welchen Schaden der Alkohol für die Konsumenten und ihr Umfeld anrichtet. Alkohol ist außerdem Auslöser für über 200 Krankheiten und Störungen, darunter Leberzirrhose und mehrere Krebsarten.
Die Liste der verheeren-den Auswirkungen eines zu hohen Alkoholkonsums ließe sich noch weiter verlängern. Das Fazit bleibt jedoch gleich: Wer zu viel Alkohol trinkt, schadet seiner Gesundheit und seinem Umfeld. Deshalb sollte man Alkohol nicht als gewohnheitsmäßigen Durstlöscher oder gar als »Trostspender« betrachten, sondern als besonderes Getränk, das man nur gelegentlich und in kleinen Mengen (Frauen maximal ein kleines Glas Bier oder Wein pro Tag, Männer nicht mehr als zwei) zu sich nehmen sollte. Denn aus dem legalen Genußmittel Alkohol wird allzu leicht eine gefährliche Droge.