Ausland01. Dezember 2023

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Weltklimakonferenz beginnt mit Schweigemoment für Gaza

In Dubai hat die diesjährige Weltklimakonferenz der UNO mit einem Moment des Schweigens begonnen. Der Präsident der vergangenen Klimakonferenz, der Ägypter Samih Schukri, eröffnete am Donnerstag das Treffen und rief das Plenum auf, in Gedenken an die Opfer des Gaza-Kriegs sowie einen verstorbenen renommierten Klimaforscher und Begleiter der Klimakonferenzen, Saleemul Huq, einen Moment lang aufzustehen und innezuhalten.

Am Donnerstag forderten Mitglieder der Koalition von Klimagerechtigkeits- und Menschenrechtsorganisationen bei einer Pressekonferenz eine beständige Waffenruhe für Gaza (Foto).

Erwartet werden in Dubai rund 70.000 Teilnehmer aus aller Welt – neben Staats- und Regierungschefs, Länderdelegationen, Journalisten und Beobachtern auch viele Lobbyisten.

Guterres fordert »echten humanitären Waffenstillstand«

New York/Gaza/Tel Aviv – UNO-Generalsekretär António Guterres schrieb am Mittwochabend auf der Plattform X: »Es laufen Verhandlungen über eine Verlängerung der Feuerpause – was wir sehr begrüßen –, aber wir brauchen einen echten humanitären Waffenstillstand.« In den vergangenen Tagen hätten die Menschen im besetzten Palästinensergebiet und in Israel »in so viel Dunkelheit endlich einen Funken Hoffnung und Menschlichkeit gesehen«, schrieb er.

Die bis Donnerstagmorgen befristete Feuerpause habe die Bereitstellung von Hilfe für den Gazastreifen verbessert. Doch die Menge der Hilfe reiche nach wie vor nicht aus, um den enormen Bedarf von mehr als zwei Millionen Menschen zu decken, schrieb Guterres. Zivilisten benötigten einen kontinuierlichen Fluß lebensrettender humanitärer Hilfe in das und im gesamten Gebiet.

Israel und die Hamas verständigten sich am Donnerstag kurz vor Ablauf der Frist darauf, die Waffenruhe um einen Tag bis Freitagfrüh auszudehnen. Vermittler Ägypten und Katar bemühten sich um eine nochmalige Verlängerung der Feuerpause. Der ägyptische Staatsinformationsdienst (SIS) teilte mit, »daß es laufende ägyptisch-katarische Kontakte gibt, um die Waffenpause um weitere zwei Tage zu verlängern«.

USA-Außenminister Blinken forderte Israel auf, gewalttätige Siedler im Westjordanland zur Verantwortung zu ziehen. Bei einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Herzog habe Blinken deutlich gemacht, daß die Spannungen im Westjordanland deeskaliert werden müßten, erklärte das USA-Außenministerium. Dazu müsse »Israel unverzüglich Schritte unternehmen, um Siedlerextremisten für die Gewalt gegen palästinensische Zivilisten zur Rechenschaft zu ziehen«. Bei einem Treffen mit Ministerpräsident Netanjahu habe Blinken unterstrichen, daß es unbedingt notwendig sei, »den humanitären und zivilen Schutzbedürfnissen im südlichen Gazastreifen Rechnung zu tragen, bevor dort militärische Operationen durchgeführt werden«. Er habe betont, daß die USA sich weiterhin »für konkrete Schritte zur Förderung eines palästinensischen Staates einsetzen«.

Blinken will mit der israelischen Regierung über das weitere Vorgehen im Gazastreifen sprechen.

Israel hat den Gazastreifen in zwei Teile geteilt. Kurz nach Beginn der Feuerpause waren Soldaten im Einsatz, um vertriebene Palästinenser daran zu hindern, aus dem Süden des Gazastreifens zu ihren früheren Wohnorten im Norden zu gelangen. Zwei Menschen wurden erschossen und weitere verletzt, als sie versuchten, in den Norden zu gelangen.

Von der Leyen will mehr Tempo bei Rüstung

EU-Mitgliedstaaten verpulvern 270 Milliarden Euro für Rüstung und Krieg

Brüssel – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat scharfe Kritik an der »unkoordinierten Beschaffung von Rüstungsgütern« in der Europäischen Union geübt und Vorschläge für »zusätzliche Kooperationsanreize« gemacht. Es sei gut, daß Mitgliedstaaten ihre Militärhaushalte erhöhten und damit »notwendige Investitionen« ermöglichten, sagte sie am Donnerstag bei der Jahreskonferenz der sogenannten Europäischen Verteidigungsagentur in Brüssel.

Hinzu kommt laut von der Leyen, daß nach den jüngsten Zahlen ein Großteil der zusätzlichen Mittel bei Rüstungskonzernen außerhalb der EU landet. Dies gehe »zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der EU, der heimischen Wirtschaft, des Militärs und der Sicherheit«. »Wenn die Mitgliedstaaten unkoordiniert einkaufen, kann dies die Preise hochtreiben», erklärte sie. Auch solle man nicht davon ausgehen, daß man sich bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern immer auf den internationalen Markt verlassen können.

Um einen »Kurswechsel« zu erleichtern, schlug die frühere deutsche Kriegsministerin vor, »zusätzliche Anreize für Gemeinschaftsprojekte« zu setzen. Demnach wäre es möglich zu vereinbaren, daß Ausgaben für solche Projekte bei der Überprüfung der Einhaltung von EU-Schuldenregeln zeitweise gesondert behandelt werden. Als weitere mögliche Optionen nannte von der Leyen einen Bürokratieabbau und das gemeinsame Identifizieren von »Flaggschiff-Fähigkeiten«. Für letztere könnte es dann eine EU-koordinierte Planung geben.

Als einen Grund für schnelles Handeln nannte von der Leyen auch den »Unterstützungsbedarf der Ukraine«. »Der Krieg in der Ukraine ist materialintensiver als jeder andere Krieg in der jüngeren Geschichte«, erklärte sie. Die Ukraine verschleiße jeden Monat 10.000 Drohnen.

EU-Ratspräsident Charles Michel schlug vor, »Anleihen zur Finanzierung der europäischen Verteidigung« auszugeben. Diese könnten als eine neue Anlageklasse – auch für Kleinanleger – entstehen. Zugleich verwies Michel darauf, daß bereits heute sehr viel Geld zur Verfügung stehe. In diesem Jahr beliefen sich die Militärausgaben der EU-Mitgliedstaaten auf insgesamt etwa 270 Milliarden Euro sagte er. Knapp 60 Milliarden Euro davon würden für Investitionen ausgegeben.

UNO warnt vor tödlichen Konsequenzen der Erderwärmung

Dubai – Zum Auftakt der Weltklimakonferenz hat UNO-Klimachef Simon Stiell die Vertreter von fast 200 Staaten vor den tödlichen Konsequenzen der Erderwärmung gewarnt. »Wenn wir nicht den endgültigen Ausstieg aus der fossilen Ära einläuten, leiten wir unseren eigenen endgültigen Niedergang ein. Und wir billigen zugleich, dies mit Menschenleben zu bezahlen.«

Infolge der Erderwärmung gibt es je nach Region häufigere und schwerere Stürme, Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände – davon sind schon jetzt Millionen Menschen weltweit betroffen.

Weiter sagte Stiell vor dem Plenum, der Wissenschaft zufolge blieben sechs Jahre, dann könne der Planet nicht länger die klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen der Menschheit verkraften und das wichtige 1,5-Grad-Limit werde durchbrochen – wenn die Welt nicht scharf umsteuere. Mit dem Limit ist das 2015 auf der UNO-Klimakonferenz in Paris beschlossene Ziel gemeint, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Simon Stiell erinnerte alle Delegierten an ihre Verantwortung im Kampf gegen die Klimakrise. »Hinter jeder Zeile, jedem Wort und jedem Komma, an dem Sie hier auf der COP arbeiten, steht ein Mensch, eine Familie, eine Gemeinschaft, die auf Sie angewiesen ist.«

Er kündigte an, das Klimasekretariat (UNFCC) werde alle in den kommenden zwei Wochen gemachten Zusagen und angekündigten Initiativen genau nachhalten. »So können wir sicherstellen, daß unsere Versprechen dem Planeten dienen – auch wenn die Kameras lange aus sind.«

Der Chef des staatlichen emiratischen Ölkonzerns, Sultan al-Dschaber, ist trotz Kritik von Umweltaktivisten offiziell zum Präsidenten der Weltklimakonferenz ernannt worden. Der Gastgeber der vergangenen Konferenz, der Ägypter Samih Schukri, rief Al-Dschaber gab vor dem Plenum seinen Posten ab.

Al-Dschaber sagte, er wisse um die Größe der Aufgabe und die Dringlichkeit. »Wir sehen, wie Sie es auch sehen, daß die Welt an einem Scheideweg steht.«

Festnahmen bei Klimaprotest in London

London – Bei lautstarken Protesten von Klimaaktivisten vor einem Privathaus des britischen Premierministers Rishi Sunak sind 16 Menschen festgenommen worden. Die Mitglieder der Organisation Just Stop Oil forderten am Mittwochabend in London – kurz vor dem Start der Weltklimakonferenz – einen Förderstopp fossiler Brennstoffe in Britannien. Die konservative Regierung hatte zuletzt eine Ausweitung der Öl- und Gasförderung in der Nordsee beschlossen.

»Rishi Sunak hat die Klimaversprechen, die er seinen eigenen Kindern gemacht hat, bereits aufgegeben – er hätte auf sie hören sollen«, erklärte Just Stop Oil. Sunak sei ein Klimakrimineller, schrieb die Organisation. »Neues Öl und Gas besiegeln das Todesurteil für die Jugend und diejenigen, die am wenigsten zu dieser Krise beigetragen haben.«

Vor Sunaks Anwesen im Westlondoner Stadtteil Kensington schlugen die Aktivisten auf Töpfe und Pfannen. Auf Transparenten hieß es unter anderem: »Cop 28 – und noch immer keine Lösungen« sowie »Die echten Verbrecher sind nicht friedliche Demonstranten«. Die britische Regierung hatte das Demonstrationsrecht nach Großprotesten von Klimaaktivisten verschärft.

Bereits Anfang August waren mehrere Greenpeace-Aktivisten auf Sunaks Haus in seinem nordenglischen Wahlkreis geklettert und hatten es teilweise mit schwarzem Stoff verhüllt.

Alternative Nobelpreise überreicht

Stockholm – Die europäische Hilfsorganisation SOS Méditerranée, Umweltschützer aus Kambodscha sowie Aktivistinnen aus Ghana und Kenia sind in Stockholm mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet worden. Drei Vertreter von Mother Nature Cambodia, die Frauenrechtlerin Eunice Brookman-Amissah aus Ghana, die kenianische Umweltschützerin Phyllis Omido und Caroline Abu Sa'da von SOS Méditerranée in der Schweiz nahmen die auch als Alternative Nobelpreise bekannten Auszeichnungen am Mittwochabend entgegen.

Die diesjährigen Preisträger seien Zeugen unsäglichen Leids und setzten sich dafür ein, Leben zu retten, die Natur zu bewahren sowie die Würde und Existenzgrundlagen von Menschen in aller Welt zu schützen, erklärte die Stiftung. Brookman-Amissah habe den Weg für liberalisierte Abtreibungsgesetze und einen besseren Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen geebnet. Omido setze sich für die Land- und Umweltrechte lokaler Gruppen in Kenia ein. Mother Nature Cambodia kämpfe furchtlos für den Schutz der Umwelt. Und SOS Méditerranée habe im Mittelmeer rund 39.000 Menschen das Leben gerettet. Stiftungsdirektor Ole von Uexküll griff eine Bemerkung Omidos auf und sagte, wer die Welt verändern wolle, müsse einfach damit anfangen.

Grenzblockade

Seit Anfang November blockieren polnische Transportunternehmen mehrere Grenzübergänge zum Nachbarland Ukraine. Sie protestieren gegen die billige Konkurrenz aus der Ukraine. Vor den polnischen Grenzübergängen zur Ukraine haben sich kilometerlange Warteschlangen gebildet. Landwirten haben sich den Protesten der Transportunternehmer angeschlossen. Sie protestieren gegen den Import billigen ukrainischen Getreides fordern unter anderem staatliche Subventionen für den Kauf von Mais und die Beibehaltung von Liquiditätskrediten.


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