Ausland05. Dezember 2023

Auslands-Nachrichten

»Horror« im Gazastreifen

»Horror« und »unerträgliches menschliches Leid«: Hilfsorganisationen warnen angesichts der Ausweitung der israelischen Angriffe auf den gesamten Gazastreifen vor dramatischen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Sie kritisieren zudem die desolate humanitäre Lage dort. Keiner fühle sich sicher, wenn alle zehn Minuten Bomben fallen würden, sagte UNICEF-Sprecher James Elder am Montag der britischen BBC. »Wenn ich sehe, wie ein Kind nach dem anderen hereingerollt wird, wie Eltern mit schrecklichen Kriegsverletzungen auf Bahren schreien – dann sind sie weder in Krankenhäusern noch in Unterkünften sicher«, sagte Elder. Für die Menschen im Süden des Gazastreifens komme neben der Gefahr vor Angriffen erschwerend hinzu, daß sie schon von der Flucht aus dem Norden erschöpft seien.

Die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, beklagte, daß derzeit keine angemessene humanitäre Hilfe möglich sei. »Das Ausmaß des menschlichen Leids ist unerträglich«, sagte sie bei einem Besuch in Gaza. Es sei zudem inakzeptabel, daß es für die Bevölkerung keine sicheren Zufluchtsorte gebe.

Nach neuen Aufforderungen von Israels Militär, Gebiete zu evakuieren, gebe es keinen einzigen sicheren Ort mehr für Kinder in Gaza, erklärte Landesdirektor Jason Lee von Save the Children. »Für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen wird eine beispiellose humanitäre Krise nun endgültig zur Katastrophe.«

Israels Armee rückt im Süden Gazas vor

Kritik von Macron. Irischer Außenminister: Angriffe auf Gaza sind skrupellos. Scholz unterstützt Israel

Gaza/Tel Aviv – Israel bombardiert Ziele im besonders dicht bevölkerten Süden des abgeriegelten Gebiets. Dort versuchen Hunderttausende aus dem Norden geflohene Palästinenser auf äußerst geringem Raum, dem Beschuß auszuweichen. Auch im Norden geht der Krieg weiter.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte, man werde den Krieg gegen die Hamas »bis zum Ende« und bis zum »totalen Sieg« über die Hamas fortsetzen, meldete die »Times of Israel«. Er machte am Samstagabend deutlich, daß ein Bodeneinsatz der einzige Weg sei, »die Hamas zu zerstören«.

Israels Armee griff nach eigenen Angaben in der Nacht zu Montag im Gazastreifen 200 Ziele an. Soldaten hätten eine Schule im Norden attackiert, aus der die Hamas israelische Soldaten angegriffen habe, teilte das Militär mit.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn auf 15.899 gestiegen, erklärte das Gesundheitsministerium am Montagnachmittag. Etwa 42.000 Menschen seien verletzt worden, teilte ein Sprecher am Montag mit. Unter den Toten seien 6.600 Kinder und Jugendliche. Zudem würden 7.500 Menschen vermißt. Der Sprecher berichtete von zahlreichen Leichen unter Trümmern. Es gebe auch große Schwierigkeiten bei der Bergung von Verletzten und deren Transport in Krankenhäuser. Kein Ort im Gazastreifen sei gegenwärtig sicher.

Nach Angaben des Palästinenserhilfswerkes UNRWA sind inzwischen fast 1,9 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies seien mehr als 80 Prozent der Bevölkerung. Fast eine Million Binnenflüchtlinge halten sich in 99 Einrichtungen im Zentrum des Küstengebietes sowie in Chan Junis und Rafah im Süden auf.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellte Israels Ziel einer kompletten Vernichtung der Hamas in Frage. »Die vollständige Vernichtung der Hamas, was ist das? Glaubt irgendjemand, daß das möglich ist? Wenn das so ist, wird der Krieg zehn Jahre dauern«, sagte Macron am Samstag in Dubai. Er kritisierte auch die Fortsetzung des Bombardements im Gazastreifen und forderte erneut eine sofortige Feuerpause.

Der irische Außenminister Michéal Martin hat die Fortsetzung der israelischen Luftangriffe im Gazastreifen scharf kritisiert. »Ich habe schon vor der Wiederaufnahme des Kriegs gesagt, daß es skrupellos wäre, den Krieg fortzusetzen und ich bin weiterhin dieser Ansicht«, sagte Martin am Montag in Dublin. »Wir wissen von den Bombardierungen von Nord-Gaza, daß der Schutz zivilen Lebens keine Priorität hatte und viel zu viele unschuldige Männer, Frauen und Kinder getötet wurden und nun im Süden des Gazastreifens als Ergebnis dieser Bombardierungen getötet werden«, sagte Martin. »Und ich verurteile das, es ist falsch.«

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat erneut das Selbstverteidigungsrecht Israels verteidigt. »Unser Standpunkt ist, dass das eben bedeutet, dass Israel auch das Recht haben muss, die Hamas zu besiegen und daran zu hindern, solche Terrortaten weiter durchzuführen«, sagte er am Montag in Berlin.

Klage gegen Niederlande wegen Rüstungsexport nach Israel

Den Haag – Menschenrechts- und Friedensorganisationen haben den niederländischen Staat wegen des Exports von militärischem Material nach Israel verklagt. Durch die Lieferung von Ersatzteilen für Kampfflugzeuge vom Typ F-35 sei der Staat für mögliche Verletzungen des Kriegsrechts im Gazastreifen mitverantwortlich, sagte die Anwältin der Organisationen, Liesbeth Zegveld, am Montag vor dem Zivilgericht in Den Haag. Sie verlangte, daß die Richter den Export mit einer einstweiligen Verfügung stoppen.

Zu den Klägern gehören unter anderen Amnesty International, Pax und Oxfam Novib. Das Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.

Auf dem Luftwaffenstützpunkt Woensdrecht im Süden des Landes befindet sich das europäische Lager des US-amerikanischen Herstellers für Ersatzteile der F-35. Beamte hatten das Außenministerium vor der Genehmigung des Exports gewarnt. Da die Lieferungen nicht verhindert worden seien, mache sich der Staat mitschuldig, sagte Zegveld. »Die totale Verwüstung, die vielen zivilen Toten und Aussagen von israelischen Ministern und Offizieren zeigen, daß Israel die grundlegenden Prinzipien des Kriegsrechts nicht beachtet.«

USA haben kein Geld mehr für Ukraine

Washington – Die bisher vom USA-Kongreß bewilligten Mittel für die Ukraine werden nach Angaben der Regierung zum Jahresende komplett aufgebraucht sein. Wenn das Parlament nicht handle, werde die Regierung dann keinerlei Mittel mehr haben, um weitere Waffen und Ausrüstung für die Ukraine zu beschaffen oder Ausrüstung aus eigenen Militärbeständen an Kiew zu liefern, schrieb die Direktorin des nationalen Haushaltsamtes, Shalanda Young, in einem Brief an die Führung in beiden Kongreßkammern. Sie rief den Kongreß zum Handeln auf: »Wir haben kein Geld mehr – und fast keine Zeit mehr.«

Es gebe »keinen magischen Topf«, aus dem Mittel abgezapft werden können, warnte Young. Sollte der Fluß an Waffen und Ausrüstung aus den USA unterbrochen werden, dann werde das die Ukraine »auf dem Schlachtfeld in die Knie zwingen«.

Young listete auf, was von den bislang bewilligten Mitteln bereits abgerufen sei. So habe das Pentagon bereits 97 Prozent seiner für die Ukraine genehmigten Mittel aufgebraucht. Das für die wirtschaftliche Hilfe des Landes vorgesehene Geld sei bereits vollständig abgerufen.

Seit Ende Februar 2022 haben die USA unter Führung des »demokratischen« Präsidenten Joe Biden militärische Hilfe in Milliardenhöhe für Kiew bereitgestellt oder zugesagt. Die Freigabe neuer Hilfen für die Ukraine wird derzeit allerdings von einem innenpolitischen Streit zwischen Demokraten und Republikanern im Parlament blockiert. Ein jüngst verabschiedeter Übergangshaushalt enthält erneut keine neue Mittel für die Ukraine.

Rheinmetall liefert Granaten an die Ukraine

Düsseldorf – Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat einen Großauftrag für die Lieferung von Artilleriemunition an die Ukraine im Wert von 142 Millionen Euro erhalten. Der Auftrag umfaßt eine fünfstellige Stückzahl Artilleriegranaten des Kalibers 155 Millimeter. Auftraggeber sei »ein NATO-Partnerstaat«, teilte das Unternehmen am Montag in Düsseldorf mit. Diesem Land sei es erklärtes Anliegen, »den Verteidigungskampf der Ukraine wirksam und dauerhaft zu unterstützen«. Gefertigt werden sollen die Geschosse beim Tochterunternehmen Rheinmetall Expal Munitions in Spanien. Sie sollen 2025 ausgeliefert werden.

»Die Nachfrage nach Artilleriemunition ist aktuell sehr hoch«, schrieb das Unternehmen. Dies gelte für den akuten Bedarf der Ukraine und das Auffüllen der »weitgehend leeren« Munitionsdepots in Deutschland und anderen NATO- und EU-Staaten.

Rheinmetall liegt mit bisherigen Einnahmen von 4,55 Milliarden Dollar durech diesen Auftrag von Platz 31 auf Platz 28 der 100 größten Rüstungsproduzenten.

Conti will schrumpfen und Aktionären mehr zahlen

Hannover – Continental stellt Teile seines Automobilzuliefer-Geschäfts auf den Prüfstand. Man prüfe, Teile der Automotive-Sparte auszugliedern, kündigte Konzernchef Nikolai Setzer am Montag beim Kapitalmarkttag des Dax-Konzerns in Hannover an. Insgesamt gehe es um rund ein Viertel des Umsatzes der Sparte.

Continental will sich auf profitable und wachstumsstarke Zukunftsfelder konzentrieren und noch stärker vom reinen Teilelieferanten zum Technologiepartner der Autobranche werden.

Insgesamt sei Continental zuletzt hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben, räumte Setzer ein. Seine 2020 gesteckten Ziele habe man bisher nicht erreicht. »Insbesondere im Automotive-Bereich dauert es länger, als 2020 angenommen. Wir sind mit dem Erreichten nicht zufrieden.« Um die Kosten zu senken, will Continental in dem Segment nun auch seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung senken. Im Automotive-Bereich sollen diese Ausgaben von derzeit zwölf Prozent des Umsatzes zunächst auf elf Prozent und in drei bis fünf Jahren auf unter zehn Prozent sinken.

Um das zu erreichen, soll auch die Zahl der bisher weltweit 82 Entwicklungsstandorte reduziert werden. Zudem hatte Continental bereits angekündigt, in der Verwaltung Stellen abzubauen, damit sollen 400 Millionen Euro eingespart werden. Berichte zufolge sollen rund 5.500 Verwaltungsstellen wegfallen.

Erhöhen will Continental dagegen die Ausschüttungen an seine Aktionäre. Statt der bisher in Aussicht gestellten 15 bis 30 Prozent des Nettogewinns wolle man künftig 20 bis 40 Prozent als Dividende auszahlen, kündigte Finanzvorständin Katja Garcia Vila an.

Korruptionsprozeß gegen Netanjahu

Tel Aviv – Der Korruptionsprozeß gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wird nach einer Pause fortgesetzt. Die Verhandlung sollte am Montag wieder von einem Bezirksgericht in Jerusalem aufgenommen werden, meldete die »Times of Israel«. Der Prozeß vorübergehend ausgesetzt worden.

Der Korruptionsprozeß gegen Netanjahu läuft seit mehr als drei Jahren. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Gegenzug soll das zum Konzern gehörende Medium »Walla« positiv über ihn berichtet haben. Zudem soll er dem kritischen Zeitungsverleger Arnon Moses angeboten haben, im Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu schwächen.

Außerdem wird Netanjahu vorgeworfen, von befreundeten Milliardären Luxusgeschenke im Wert von rund 700.000 Schekel (rund 174.000 Euro) angenommen zu haben. Er soll sich im Gegenzug unter anderem für die Verlängerung eines Gesetzes eingesetzt haben, das dem israelischen Hollywood-Produzenten Arnon Milchan Steuern in Millionenhöhe erspart hätte.

Spotify streicht 1.500 Stellen

Der Musikstreaming-Dienst Spotify will rund 1.500 Arbeitsplätze abbauen. Ungefähr 17 Prozent der Angestellten müßten Spotify verlassen, schrieb Unternehmenschef Daniel Ek in einem auf der Spotify-Internetseite am Montag veröffentlichten Brief. Als Begründung nannte er das verlangsamte Wirtschaftswachstum sowie die gestiegenen Zinsen. Per Ende 2022 zählte das Unternehmen mit Sitz in Stockholm fast 8.400 Angestellte. Spotify hatte es im dritten Quartal nach einem Anstieg der Nutzerzahlen und einer Preiserhöhung in die schwarzen Zahlen geschafft. Das schwedische Unternehmen gilt als die klare Nummer eins im Musikstreaming vor Apple und Amazon.

(Foto: Richard Drew/AP)


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