Die EURO naht – Fragwürdige Sicherheitsmaßnahmen auch
In knapp drei Wochen startet die Fußball-EM der Männer in Deutschland. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, auch wenn noch nicht alle Fußballfans den Fokus auf das Turnier richten konnten, da manche Ligawettbewerbe noch laufen und ein Großteil der aktiven Klub-Fanszene sich ohnehin längst nicht mehr für diese »Art Fußball« interessiert.
Zu viele negative Begleiterscheinungen bringen die großen Turniere für all jene, die Woche für Woche hunderte Kilometer reisen, ebenso viele Euro ausgeben um ihren Mannschaften den Rücken zu stärken. Während es noch vor 30 Jahren mitleidige oder abschätzige Blicke gab, wenn man sich unter Freunden und Kollegen als Fußballfan zu erkennen gab, hat der mittlerweile gentrifizierte Sport die Masse erreicht. Fußball ist ein »Event« geworden.
Der Hooliganismus jener Tage hat sich aus dem Stadion auf die Wiese verlagert, und die Sicherheit für die Besucher in den Stadien hat sich deutlich verbessert. Heutzutage ist es nachweislich sicherer, in ein Bundesliga-Stadion zu gehen, als auf das Münchner Oktoberfest. Dennoch käme wohl niemand auf die Idee, einen herumstehenden Lederhosenträger mit Maßbierkrug in eine »Gewalttäter Wiesn«-Datei einzutragen und ihn mit polizeilichen Maßnahmen zu belegen, die völlig anlaßlos sind.
Dies geschieht allerdings wöchentlich in deutschen Fußballhochburgen. Die »Gewalttäter Sport« Datei gibt es in Deutschland seit nunmehr 30 Jahren. Nach innenministerlicher Einführung 1994 sollen bis heute Polizeibeamte auf die Personendaten zum Abgleich zurückgreifen können. Eine Speicherung in dieser Datei erlischt normalerweise nach 5 Jahren. Doch ob man als Fan in dieser Datei ist, kann der einzelne kaum nachvollziehen. Es reicht bereits ein Ermittlungsverfahren zu einer Situation, in dem man Zeuge oder zufällig anwesend ist, um eingetragen zu werden. So tummeln sich nicht nur Gewalttäter in dieser Sammlung, sondern auch Menschen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Im Alltag würden eine solche Personendatei und die damit einhergehenden Folgen einen Aufschrei erzeugen. Fußballfans haben jedoch keine Lobby, und das öffnet einer Behandlung dieser Personen am Rande oder gar jenseits jeder Verhältnismäßigkeit oder Legalität Tür und Tor.
Im Vorfeld großer Turniere wurden repressive Methoden im Stadionumfeld immer wieder verfeinert und erprobt, bevor sie dann im Liga-Alltag Anwendung fanden. Wie wäre es, sich beim Betreten eines Oktoberfests in einem Nacktzelt vollständig vor unbekannten Beamten entblößen zu müssen für eine Intimkontrolle? Im Fußball längst Realität.
Was die EM betrifft, so werden nicht nur wieder Grenzkontrollen nach Deutschland eingeführt, um Freunde der »Dritten Halbzeit« von einer Einreise abzuhalten: Auch die Gewalttäter-Datei soll innerhalb weniger Stunden eine Aufnahme und Speicherung durch Daten aus den anderen Teilnehmerländern erfolgen. Datenschutz und Rechtstaatlichkeit würden in den kommenden Wochen aufgrund der EURO als nachrangig betrachtet, stellt der deutsche Abgeordnete Dr. André Hahn im Zusammenhang mit einer parlamentarischen Anfrage fest. Warum sich die hartgesottenen Fußballfans also nicht wirklich auf dieses Turnier freuen, dürfte klar sein. Wer sich lediglich für die bierselige Nationenkirmes interessiert und dann wieder 4 Jahre mit Fußball nichts am Hut hat, wird von alldem vermutlich nichts erfahren.