Die Arroganz der Villeroy, Cactus und Co.
Die Haltung des Patronats gegenüber den Werktätigen und deren Personalvertreter wird immer arroganter und rücksichtsloser. Zwei Beispiele von voriger Woche zeigen dies in aller Deutlichkeit: Da verschickt einerseits die Direktion von Villeroy & Boch skandalöse Drohbriefe an krankgeschriebene Beschäftigte und warnt, mit Gegenmaßnahmen gegen die ihrer Ansicht nach »als Arbeitsunfähigkeit getarnte Streikaktion« vorgehen zu wollen, während andererseits, nur wenige Kilometer Luftlinie davon entfernt, die Herren Direktoren der Cactus-Kette beschlossen, dem Präsidenten der Personaldelegation über den Weg einer »mise à pied« (laut Langenscheidts Wörterbuch: Entlassung) willkürlich den Stuhl vor die Tür zu setzen.
Es handelt sich hierbei um zwei Beispiele, die im Gegensatz zu vielen anderen in die Öffentlichkeit drangen. Groß darüber geschrieben oder diskutiert, geschweige denn dagegen protestiert, wurde dennoch nicht. Was zu denken gibt. Schließlich tragen die Geschehnisse der letzten Woche nicht zur Stärkung der Gewerkschaften im Allgemeinen und der Personalvertreter in den Betrieben im Besonderen bei.
Der zunehmenden Arroganz des Patronats sollte auch zunehmender Widerstand entgegen gesetzt werden. Es darf deshalb keinesfalls kampflos hingenommen werden, dass willkürlich Sanktionen gegen gewählte Ausschussleute getroffen werden. Zumal man nicht ausschließen sollte, dass die gegen den Präsidenten der Personaldelegation von Cactus verhängte »mise à pied« auch anderen Betrieben als Beispiel dienen könnte, wie künftig mit unangenehmen Gewerkschaftern umzuspringen ist. Mit dem Ziel, die Beschäftigten weiter einzuschüchtern, und die Gewerkschaften zu diskreditieren.
Was angesichts der mit Sicherheit zunehmenden Probleme in den Betrieben katastrophale Folgen für die Schaffenden hätte. Denn dass die Folgen der kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht in allen Wirtschaftssektoren angekommen und das Gröbste für die Erwerbstätigen längst nicht überstanden ist, wissen die Verantwortlichen in den zuständigen Ministerien allzu genau. Doch so wie es der Regierung gelang, den Deckel bis nach den Wahlen auf dem lange zuvor schon brodelnden Topf zu halten, so wird heute versucht, anstehende Schwierigkeiten schönzureden oder zu verschweigen.
Dabei genügt ein Blick ins Staatsbudget 2010, um festzustellen, dass mit einer Wende zum Positiven im kommenden Jahr keinesfalls zu rechnen ist. Das Gegenteil wird der Fall sein, die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen und Tausende von Lohnabhängigen werden auch im kommenden Jahr von massiver Kurzarbeit und Lohneinbußen betroffen sein. So werden die Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung von 128.042.000 im Jahr 2008 auf geschätzte 190.000.000 Euro im Jahr 2010 steigen und die staatlichen Ausgaben für Kurzarbeit von 260.801 Euro im Vorjahr auf 50.000.000 Euro im kommenden Jahr.
Gewerkschaften und Personalvertreter werden also mehr denn je gefordert sein. Je stärker sie dabei auftreten können, umso größer werden die Erfolgschancen sein, die zu erwartenden Attacken des Patronats abzuwehren. Was die Unternehmer sicherlich mit allen Mitteln zu vereiteln versuchen werden. Deshalb drängt sich die Frage auf, ob die skandalöse Sanktion der Cactus-Direktion gegen den Präsidenten der Personaldelegation nicht schon ein erster unmissverständlicher Schritt in diese Richtung war?
gilbert simonelli