Mach's Dir selbst, Postkunde!
Als der Premierminister noch Jean-Claude Juncker hieß, behauptete er stets, Gegner einer »wilden Privatisierung« der Postdienste zu sein und versicherte immer wieder, »eine grenzenlose Deregulierung« zu verhindern. Doch genau das haben die Regierungen aus CSV, DP, LSAP und Déi Gréng getan.
Nachdem es immerhin anderthalb Jahrhunderte als staatliche Verwaltung funktioniert hatte, wurde das luxemburgische Postunternehmen 1992 zu einem der ersten »Établissements publics« mit dem Staat als alleinigem Aktionär. Die Hauptstoßrichtung der im Regierungsauftrag handelnden Postdirektion war und ist es, Beschäftigte in der Staatslaufbahn Schritt für Schritt durch Leiharbeiter und andere Billiglöhner zu ersetzen, und die Postdienstleistungen zu liberalisieren – und immer mehr zu privatisieren.
Statt wie vor 1992 ihrem gesellschaftlichen Auftrag nachzukommen, überall im Land dafür zu sorgen, daß postalische Dienstleistungen nah am Kunden und kompetent verfügbar sind, setzen Claude Strasser als Generaldirektor der Post-Gruppe und Serge Allegrezza als Vertreter der Regierung an der Spitze ihres Verwaltungsrates weiter auf »PackUp-Stationen«, Geldautomaten und Mobiltelefon-Apps mit Selbstbedienung sowie auf »Espaces Post« und »Points Post« in »Partnershops« oder Filialen der Raiffeisenbank, in denen es ebenfalls sogenannte »Self Service«-Zonen gibt.
Bei den »Partnershops« handelt es sich schlicht um Supermarktfilialen, Zeitungsläden, Tank- und Lottoannahmestellen sowie ähnliche Geschäfte, in denen in aller Regel nur unzureichend qualifiziertes Personal die Postdienstleistungen übernimmt.
Zum Beispiel in Bartringen: Sobald der »Point Post« im »Cactus Belle Etoile« fertiggestellt war, wurde das Postbüro der Gemeinde geschlossen. 2014 wurde in Luxemburg das erste Postbüro dichtgemacht. Weil Regierung und Postdirektion damit durchkamen, folgten schon im Frühjahr 2016 weitere 34 Postfilialen, als deren Ersatz nun besagte »PackUp-Stationen« und »Points Post« herhalten sollen.
Hatte Generaldirektor Strasser noch auf der Bilanzpressekonferenz 2018 behauptet, keine weitere Schließung von Postbüros zu planen, so hatten die »Bréifdréieschgewerkschaft«, die KPL und der Konsumentenschutz ULC diese Beschwichtigungen schon damals in Frage gestellt und vorhergesagt, daß in einer weiteren Privatisierungswelle nicht weniger als ein weiteres Drittel der bis 2014 noch 98 Postbüros im ganzen Land dichtgemacht werden.
Auch auf der Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2021 ging Generaldirektor Strasser am Dienstag auf die Postbüroschließung ein: Die Zahl der am Postschalter vorgenommenen Überweisungen und anderen Bankgeschäfte habe sich von 2017 bis zum vergangenen Jahr halbiert, das Management des Postunternehmens habe eben darauf »reagieren« müssen.
Doch es ist wie bei Henne und Ei. Wer war denn nun zuerst da? War es nicht eher so, daß erst die Postbüros in vielen Gemeinden geschlossen oder ihre Öffnungszeiten derart zusammengestrichen wurden, daß Berufstätige es jedenfalls nicht mehr rechtzeitig in die Post schaffen können? Nachdem die KPL in den vergangenen Wochen und Monaten in Esch/Alzette, Beles und Rümelingen Protestaktionen gegen die Schließung von Postbüros organisiert hat, bleibt zu hoffen, daß sich weitere Postkunden an der Kampagne beteiligen.