Leitartikel10. August 2022

Vom Ende der Fortuna Bank und wirtschaftlicher Souveränität

von Ali Ruckert

Diese Woche wurde bekannt, dass die Fortuna-Bank ihre Geschäfte »schrittweise« einstellen wird und sich im Interesse ihrer Kunden auf einen »vereinfachten und schnellen Prozeß« mit der Staatsbank und Staatssparkasse BCEE geeinigt hat (»Zeitung vom 9. August 2022).

Die unter dem Namen »La Fortune« gegründete Genossenschaftsbank ist damit am Ende eines langen Weges angekommen, der im Jahr 1920 begann.

Die Gründung ist in mehreren Hinsichten interessant. Sie erfolgte kurz vor der Gründung der auf Betreiben der katholischen Amtskirche und der Rechtspartei geschaffenen Gewerkschaft LCGB, der die Rolle zufiel, die sozialistischen und kommunistischen Ideen in der Arbeiterklasse zu bekämpfen, und die Arbeiter über Sparbücher und die Aussicht auf Wohneigentum an die katholische Kirche und die Rechtspartei zu binden.

Die Gründung erfolgte auch in Konkurrenz zu Teilen der liberalen Bourgeoisie, die auf ausländisches Kapital setzten, um ihre politische und wirtschaftliche Macht zu festigen, während konservative Kreise darum bemüht waren, unter katholischem Vorzeichen Luxemburger Kapital zu bündeln.

Doch die nur begrenzt mögliche Mobilisierung von Luxemburger Kapital, der zunehmende Einfluß von französischem, belgischem und deutschem Kapital und die Globalisierung setzten diesem Unterfangen enge Grenzen. Dazu trug auch der Luxemburger CSV-Staat bei, der ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht anders konnte, als in Betriebe zu investieren, um im Rahmen der staatsmonopolistischen Entwicklung des Kapitalismus einen Rest an Souveränität aufrechtzuerhalten.

Heute ist der Staat nicht nur Besitzer der Staatsbank und Staatssparkasse BCEE, der Post und der Nationalen Kredit- und Investitionsgesellschaft, sondern hält auch Aktien in fünf börsennotierten Unternehmen und in mehr als drei Dutzend Betrieben, darunter im Energie- und im Transportbereich, die von systemischer Bedeutung sind und zusammen mit sieben Dutzend öffentlich-rechtlichen Unternehmen dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für den Fortbestand der bestehenden Ausbeutungsverhältnisse zu garantieren.

Doch die Souveränitätsbestrebungen im Wirtschaftsbereich bleiben bescheiden, umso mehr im politischen Bereich inzwischen quasi alle Souveränitätsrechte an die EU und die NATO abgegeben wurden.

Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Kronjuwelen – Arbed und Paul Wurth im Industriebereich und die Banque Internationale du Luxembourg und die Banque Générale im Bankenwesen – quasi vollständig und widerstandslos ausländischem Kapital überlassen wurden.

Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Regierung, die von den Liberalen dominiert wird, sich bis heute weigert, einen staatlichen Beteiligungsfonds zu schaffen, der in einem Umfeld, das von ausländischen Konzernen beherrscht wird, die ausschließlich Konzerninteressen kennen, wirtschaftliche Projekte angehen würde, welche das nationale Industrie- und Handwerksgewebe und damit auch die lokale Beschäftigung stärken würden.

Vielleicht ist das unter den gegebenen Umständen aber schon nicht mehr möglich, und es wird erst einer Systemänderung bedürfen, damit ein vergesellschafteter Beteiligungsfonds mit gebündelten Investitionen in Bereichen, die für das Land und die Menschen nützlich sind, die Weichen für wirtschaftliche Souveränität setzen kann.