Ausland01. September 2009

Sechsjährige Kinder arbeiten auf Tabak-Plantagen

Tabak ist das wichtigste Exportgut Malawis. Sein Anteil an den Ausfuhren des südostafrikanischen Landes beträgt 46 Prozent, 75 Prozent der Außenhandelserträge werden damit realisiert. Die Arbeitsplätze von etwa 80 Prozent der Beschäftigten in Malawi direkt oder indirekt vom Tabakanbau abhängig. Der Wirtschaftszweig trägt jährlich ein Viertel bis ein Drittel zum Staatshaushalt bei.

Ein Segen für Malawi, daß es Raucher gibt? Es ist ein hoher Preis, den das Land bezahlt: Die Vergiftung seiner Kinder. Etwa 80.000 Minderjährige schinden sich laut einer Studie des Kinderhilfswerks »Plan International« bis zu zwölf Stunden täglich auf den Tabakplantagen – bei Stundenlöhnen von umgerechnet etwa 2 Cent. Bis zu 54 Milligramm des Nervengifts Nikotin nehmen sie pro Arbeitstag über die Haut auf, so viel, als rauchten sie 50 Zigaretten. Die Folgen sind alle Anzeichen einer schweren Nikotinvergiftung: Kopf- und Magenschmerzen, Muskelschwäche, Husten und Atemnot.

Die Verfasser des Reports warnen vor der weiteren Verlagerung der Tabakproduktion in Entwicklungsländer. Die großen Tabakkonzerne besitzen zwar keine Anbauflächen in Malawi, sie nehmen aber die Produktion ab.

Die Pressesprecherin des Konzerns Philip Morris, Anne Edwards, sah sich durch die Untersuchung zu einer Erklärung veranlaßt: »Wir verlangen von unseren Lieferanten, daß sie niemanden unter 15 Jahren beschäftigen, das Mindestalter muß auf jeden Fall über dem schulpflichtigen Alter liegen.« Der Sprecher von British-American Tobacco, dessen Konzern etwa 5 Prozent der malawischen Tabakproduktion abnimmt, versicherte, daß BAT keine Kinder beschäftige. Beide umgingen aber die Frage, warum sie nicht auf dem Tragen von Schutzkleidung für alle Beschäftigten bestehen.

Der Vertreter von »Plan International« in Malawi, McDonald Mumba, betrachtet es als unrealistisch, in Malawi das Verbot der Kinderarbeit zu fordern. Die Armut zwinge Minderjährige dazu, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Mehr als ein Appell an die Plantagenbesitzer, Schutzkleidung zu verteilen, sei nicht möglich. Und der malawische Arbeitsminister Yunus Mussa bedauert: »Unsere Gesetze sehen keine hohen Strafen für Unternehmer vor, die den Schutz arbeitender Kinder außer Acht lassen. Wir beraten aber darüber, wie weit sie verschärft werden müssen.«

Manfred Idier