Soziale Ungleichheiten in Luxemburg (3)
Die Lohnabhängigen mit Mindestlohn sind stark armutsgefährdet
Aus der neuen Ausgabe der Studie »Sozialpanorama«, welche die »Chambre des salariés« diesen Monat veröffentlichte, geht hervor, dass zum 31. März 2020 insgesamt 14,6 Prozent aller Lohnabhängigen ihre Arbeitskraft für den Mindestlohn verkauften. Das waren zu jenem Stichdatum 60.502 Männer und Frauen, die für einen Lohn von bis zu 102 Prozent des gesetzlichen Mindestlohnes arbeiteten. 38 Prozent davon erhielten den qualifizierten Mindestlohn.
Vor Einführung des einheitlichen Status im Jahr 2009, arbeiteten knapp elf Prozent aller Lohnabhängen für den Mindestlohn. Zwischen 2009 und 2014 stieg dieser Anteil aber kontinuierlich und bis auf 17 Prozent der Gesamtzahl aller Schaffenden an, um dann wieder abzunehmen.
Aus der Studie geht hervor, dass 17 Prozent der Mindestlohnbezieher teilzeitbeschäftigt sind, 16,7 Prozent der Frauen, die arbeiten, tun das für den Mindestlohn; bei den Männern sind es 13,2 Prozent.
Im Hotel- und Gaststättenwesen arbeitet praktisch jeder zweite Beschäftigte für den Mindestlohn (46,2 Prozent), im Handel ist es immerhin noch mehr als jeder vierte Lohnabhängige (28,2 Prozent).
Vergleicht man den Stundenlohn eines Mindestlohnbeziehers mit der Entwicklung des Durchschnittslohns über die Zeit von 20 Jahren, stellt man fest, dass sich der Mindestlohn dem Durchschnittslohn etwas annäherte. Macht man einen solchen Vergleich zwischen dem niedrigsten Lohn der fünf Prozent der Lohnabhängigen mit den höchsten Löhnen, fällt auf, dass die Lücke zwischen den zwei Lohnkategorien seit 2014 und bis 2019 immer größer wurde. Das heißt, dass die Lohnschere sich immer weiter öffnet.
Im Verhältnis zu unseren Nachbarländern hat Luxemburg wohl den höchsten Bruttomindestlohn, verglichen mit unseren Nachbarländern Belgien, Deutschland und Frankreich ist der Mindestlohnbezieher in Luxemburg aber deutlicher näher an der Armutsgefährdungsschwelle.
Gemessen an Frankreich, wo der Mindestlohn 1.539 Euro betrug, und die Armutsgefährdungsschwelle bei 1.086 Euro festgelegt war, so dass ein Unterschied von 453 Euro verblieb, betrug dieser Unterschied in Luxemburg – trotz des deutlich höheren Bruttolohnes – nur noch 249 Euro!
Der Netto-Lohn eines alleinstehenden Mindestlohnbeziehers, der acht Stunden am Tag arbeitete (1.904 Euro im Jahr 2020), lag sogar nur knapp 12 Euro über der Armutsgefährdungsschwelle. Womit alle Klagen des Kapitals über den so hohen Mindestlohn, mit dem man ach so gut in Luxemburg leben kann, ad absurdum geführt sind.
KPL fordert 2.600 Euro Mindestlohn
Manche Mindestlohnbezieher entgehen der Armutsfalle nur wegen der Sozialtransfers, etwa die Teuerungszulage oder der Mietzuschuss, aber die werden – im Gegensatz zum Mindestlohn – nicht vom Patronat bezahlt, sondern aus dem Steueraufkommen.
Doch selbst die Sozialtransfers verhinderten nicht, dass die Armutsgefährdung zwischen 2005 und 2020 von 13,7 auf 17,4 Prozent anstieg.
Auch heute, da der Mindestlohn für nichtqualifizierte Lohnabhängige 2.313,38 Euro beträgt, sind diese Schaffenden stark armutsgefährdet. Daher fordert die KPL eine Anhebung des Mindestlohnes auf 2600 Euro.