Luxemburg30. Oktober 2025

Privat vor Staat – auch bei der Gesundheit?

CGFP appelliert an Chamberdeputierte, in der heutigen Sitzung gegen Gesetzesprojekte 8399 und 8491 zu stimmen

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Hielten sich die neoliberalen Privatisierer und Rentabilitätstrimmer in und kurz nach der durch das Coronavirus ausgelösten Gesundheitskrise, in der ja auch viele Staatsbedienstete als Helden und systemrelevant beklatscht wurden, noch auffallend zurück, so lautet ihr marktradikales Credo längst wieder »Privat vor Staat« – sogar dann, wenn es um eine in der Verfassung festgelegte staatliche Kernaufgabe wie die öffentliche Gesundheit geht. Das Patronat und seine derzeit von CSV und DP gestellte Regierung wollen trotz von EU und NATO verordneter »Wiederaufrüstung Europas« auch am öffentlichen Gesundheitssystem sparen. Denn nach neoliberaler Lesart sind privatwirtschaftliche Modelle stets »besser und effektiver« als staatliche und stets geht es um eine »Dynamisierung von Konkurrenz, Leistung und individueller Verantwortung«.

So auch heute, wenn die Abgeordnetenkammer unter anderem über die beiden von der Regierung eingebrachten Gesetzesprojekte 8399 und 8491 abstimmen soll, mit denen eine »Centrale nationale d'achat et de logistique« für das Gesundheitswesen sowie eine »Agence luxembourgeoise des médicaments et produits de santé« geschaffen werden sollen.

Weil die Einkaufs- und Logistikzentrale Aufgaben erhalten soll, die bislang von der »Direction de la Santé« erfüllt wurden, der geplante »établissement public« nach »privatrechtlichen Regeln« funktionieren solle und auch das Personal und die Führungskräfte der geplanten Agentur für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte einem privatrechtlichen Statut unterstellt werden sollen, appelliert die Staatsbeamtengewerkschaft CGFP an die Chamberdeputierten, gegen beide Regierungsvorlagen zu stimmen. An Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) erging der »nachdrückliche« Appell der CGFP, Abstand von der geplanten weiteren Privatisierung im öffentlichen Gesundheitswesen zu nehmen und die Gesetzesprojekte »unverzüglich von der Tagesordnung der Abgeordnetenkammer nehmen zu lassen«.

Zur Begründung heißt es in einem Pressekommuniqué weiter, die Pläne der Regierung verstießen nicht nur gegen das Gehälterabkommen von 2002, weswegen man bereits ein Schlichtungsverfahren eingeleitet habe, sondern auch gegen die Verfassung. Während im noch unter CSV-Premier Jean-Claude Juncker geschlossenen Gehälterabkommen ausdrücklich vereinbart worden sei, daß alle Mitarbeiter einer öffentlichen Einrichtung auch ein öffentliches Statut erhalten, lasse Artikel 41 der Verfassung keinen Zweifel daran, »daß die öffentliche Gesundheit in die Verantwortung des Staates fällt«. Um zu verhindern, daß staatliche Kernaufgaben »Schritt für Schritt in privatrechtliche Strukturen ausgelagert werden«, fordere die CGFP, daß sowohl die Einkaufs- und Logistikzentrale im Gesundheitswesen als auch die Agentur für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte wie gehabt als staatliche Verwaltungen funktionieren.

Bereits im März habe sich auch die von der Chamberleitung diesmal nicht um eine Stellungnahme gebetene Chambre des fonctionnaires et employés publics (CHFEP) »entschieden gegen eine Privatisierung staatlicher Dienstleistungen ausgesprochen – insbesondere im Gesundheitssektor«.