Israel schafft Fakten
Tausende Palästinenser werden aus Ostjerusalem ausgebürgert
Israel hat im Jahr 2008 insgesamt 4.577 im Ausland lebenden Palästinensern ihr Wohnrecht für Ostjerusalem entzogen. 99 der Ausgebürgerten sind Kinder unter 18 Jahren, berichtete am Dienstag die israelische Menschenrechtsorganisation HaMoked, die sich für die Rechte von Palästinensern in den besetzten Gebieten stark macht. In den 40 Jahren zwischen 1967 und 2007 wurden insgesamt 8.558 Palästinensern ihre Ausweispapiere entzogen.
Wer durch die israelische Besatzung von Ostjerusalem 1967 nicht vertrieben wurde oder floh, hatte die Wahl zwischen der israelischen Staatsangehörigkeit und dem Wohnrecht. Die Mehrheit entschied sich für das Wohnrecht. Im Laufe der Besatzung verschlechterte sich die Lebenssituation für Palästinenser in Ostjerusalem, viele schickten ihre Kinder ins Ausland, wo sie studierten, arbeiteten und Familien gründeten.
Nach israelischem Besatzungsrecht verlieren palästinensische Einwohner von Ostjerusalem ihr Wohnrecht, wenn sie länger als sieben Jahre im Ausland leben, eine andere Staatsangehörigkeit annehmen oder in einem anderen Land Aufenthaltsrecht haben. Die palästinensischen Einwohner von Ostjerusalem »haben in Israel den Status von Immigranten, obwohl Israel Ostjerusalem besetzt hält«, kritisiert HaMoked. Ohne Wohn- oder Aufenthaltsrecht dürfen die Palästinenser nicht einmal mehr Verwandte in ihrer Heimatstadt besuchen.
Die Ausbürgerung von Palästinensern nehme »erschreckende Ausmaße an«, so die Menschenrechtsorganisation. Die Politik des israelischen Innenministeriums sei »Teil einer umfassenden Strategie, die Zahl von Palästinensern in der Stadt zu reduzieren und die Zahl der jüdischen Einwohner zu erhöhen«.
Derweil sorgte ein Vorschlag der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft bei der israelischen Regierung für Ärger. Die Regierung Schwedens will, daß die EU sich künftig für einen »lebensfähigen Palästinenserstaat« einsetzen soll, »der das Westjordanland und den Gazastreifen umfaßt, mit Ostjerusalem als Hauptstadt«. Der Vorschlag beeinträchtige »die Fähigkeit der Europäischen Union, sich als wichtiger Vermittler an dem politischen Prozeß zwischen Israel und den Palästinensern zu beteiligen«, erklärte das israelische Außenministerium. Der Vorschlag dürfte aber vermutlich ohnehin keine Aussicht auf Erfolg haben, da mindestens die Hälfte der 27 EU-Mitgliedsstaaten nicht einverstanden sei, berichtete die Nachrichten-agentur AFP.
Erst vor zwei Wochen hatte die EU-Ratspräsidentschaft in einer Erklärung zum Siedlungsbau gefordert, »daß eine Lösung gefunden werden muß, um den Status von Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten zu klären«. In einer Diskussionsvorlage Schwedens für das Außenminister-Treffen der EU-Länder am kommenden Dienstag wird Jerusalem als »Hauptstadt zweier Staaten«, also Israels und eines künftigen Palästinenserstaates, bezeichnet.
Vor der UNO-Vollversammlung, wo derzeit über die Lage im Mittleren Osten diskutiert wird, hat die Schweiz Israel scharf kritisiert. Die Blockade des Gazastreifens müsse sofort beendet werden, Israel müsse die Einfuhr von Material zum Wiederaufbau zulassen, denn der Winter verschärfe die Situation der 1,5 Million Menschen im Gazastreifen. Der dicht besiedelte Küstenstreifen war vor knapp einem Jahr vom israelischen Militär überfallen und weitgehend zerstört worden. Auch der Ausbau der Siedlung Gilo südlich von Jerusalem wurde von der Schweiz als »klare Verletzung des Völkerrechts« verurteilt, ebenso die Zerstörung von Häusern und die Vertreibung von Bewohnern durch Siedler.
Karin Leukefeld