Luxemburg07. März 2019

Mindestlohnerhöhung: Staat übernimmt zwei, Patronat ein Drittel

Arbeitsminister: »Wir wollten die Betriebe nicht übermäßig belasten«. Finanzminister spricht von Win-Win-Situation für Salariat und Patronat

Nach dem vorzeitigen Abschluß ihrer Koalitionsverhandlungen erklärten Regierungsformateur Xavier Bettel und die Delegationschefs der Mehrheitsparteien Corinne Cahen (DP), Etienne Schneider (LSAP) und Félix Braz (Déi Gréng) Ende November, Mindestlohnbezieher würden rückwirkend zum 1. Januar 2019 pro Monat »100 Euro netto mehr« bekommen. Wobei Schneider vor gut drei Monaten betonte, Patronat und Staat würden sich die Kosten der Mindestlohnerhöhung »teilen«, es sei nur noch nicht entschieden, wer wieviel übernehme. Am Donnerstag lüftete die Regierung das Geheimnis auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Arbeitsminister Dan Kersch und Finanzminister Pierre Gramegna: Der Staat übernimmt zwei Drittel, das Patronat nur ein Drittel.

»Wir wollten die Betriebe nicht übermäßig belasten«, erklärte Kersch zur Begründung. Die Erhöhung komme auch jenen Beziehern des unqualifizierten und des qualifizierten Mindestlohns zugute, deren Lohn knapp darüber liege. Beim unqualifizierten betrage sie 5,75 Prozent und beim qualifizierten Mindestlohn rund fünf Prozent. Inklusive jener, deren Lohn bis zu 2,5 Prozent über dem Mindestlohn liege, spreche man mittlerweile von 60.000 Betroffenen »im wahrsten Sinne des Wortes«, 58 Prozent davon seien Einwohner. »Wir sind uns bewußt, daß wir mit dieser Maßnahme nicht alle Probleme der Lohngerechtigkeit lösen werden«, gestand Kersch ein. »Mindestlohnbezieher werden dadurch nicht auf einen Schlag reich.« Man könne aber dennoch von einem »sozialpolitisch großen Schritt nach vorn« sprechen.

Gramegna erklärte, auch als Finanzminister sei er »froh« über die Maßnahme, die zu zwei Drittel zu Lasten des Fiskus gehe. Da der »soziale Zusammenhalt« gestärkt werde, könne man von einer »Win-Win-Situation« für Salariat und Patronat sprechen. Den Verteilungsschlüssel bezeichnete er als »ausgewogen«.

Zur praktischen und zeitlichen Umsetzung der Mindestlohnerhöhung erklärte Gramegna, nach der bereits im Dezember zum 1. Januar 2019 von der Chamber beschlossenen direkten Erhöhung um 1,1 Prozent werde es eine weitere um 0,9 Prozent geben, die rückwirkend zum 1. Januar in Kraft trete. Spätestens mit dem Juli-Lohn werde dann ein neuer Steuerkredit für Mindestlohnbezieher ausbezahlt, der ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar gelte. Für Bezieher des unqualifizierten Mindestlohns betrage er 70 Euro, für Bezieher des qualifizierten Mindestlohns 68,93 Euro. Die neuen Steuerkredite seien (wie der im Jahr 2017 für alle Schaffenden eingeführte Steuerkredit in Höhe von 50 Euro) degressiv, um nicht jene zu benachteiligen, die etwas mehr als den Mindestlohn verdienen. Bei einem Monatslohn von 3.000 Euro betrage der Steuerkredit für Mindestlohnbezieher null Euro.

Wer Teilzeit arbeite, bekomme entsprechend weniger, erklärte Gramegna auf Nachfrage. Wer beispielsweise 20 Wochenstunden arbeite, bekomme rund 50 Euro mehr. Da Punktlandungen nicht möglich gewesen seien, reiche der Nettozuwachs von 101,19 Euro für Bezieher des unqualifizierten Mindestlohns in der Steuerklasse 1 bis zu 108,75 Euro für Bezieher des qualifizierten Mindestlohns in der Steuerklasse 2.

oe

Der Arbeits- (l.) und der Finanzminister während der Pressekonferenz in den Räumen des Informations- und Pressedienstes der Regierung (SIP) (Foto: ZLV)