Leitartikel20. Februar 2024

Palästina anerkennen!

von Uli Brockmeyer

Es ist erstaunlich, daß so viele Luxemburger sich in diesen Tagen aktiv mit der Situation im Nahen Osten beschäftigen. Eine Petition, mit der unsere Regierung aufgefordert wird, Palästina endlich als Staat anzuerkennen, hat in Rekordzeit die vorgeschriebene Zahl an Unterschriften erhalten. Auch die Tatsache, daß bei den Demonstrationen, zu denen das Komitee für einen Gerechten Frieden im Nahen Osten (CPJPO) seit Wochen an jedem Samstag aufruft, mehrere hundert Teilnehmer mit selbst angefertigten Transparenten auf die Misere der Palästinenser hinweisen, ihren Protest gegen den Völkermord laut herausschreien und einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand fordern. Das zeigt, daß zumindest bei einem Teil unserer Bevölkerung der Sinn für Frieden und Gerechtigkeit wächst.

Die hiesigen Medien unternehmen wenig oder gar nichts, um die Menschen über die wahre Lage aufzuklären. Zu groß ist offenbar die Angst bei vielen Kollegen in anderen Redaktionen, in die »Antisemitismus-Ecke« gestellt zu werden. Allein die »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« wird nicht müde, auf ihren Seiten, in ihrer Internetausgabe und auch auf Facebook über das Elend, das Leid und das Sterben der Palästinenser und ebenso über den Protest dagegen in Luxemburg und in aller Welt zu berichten.

Es kommt darauf an, die Informationen auch im richtigen Zusammenhang zu vermitteln. Wenn die »Zeitung«, ebenso wie die Kommunistische Partei, den Krieg in Gaza nicht als »Militäreinsatz«, sondern tatsächlich als Krieg und zudem als Völkermord bezeichnet, dann nicht etwa, um antisemitische Stimmung zu verbreiten. Es gibt für uns keinen Zweifel daran, daß – auch als Schlußfolgerung aus dem Völkermord der deutschen Faschisten und ihrer Verbündeten an den Juden in der Zeit des Zweiten Weltkriegs – der Staat Israel besteht und ein Recht auf Existenz haben muß.

Doch daraus darf sich nicht ableiten, daß die Palästinenser, die seinerzeit von ihrem Grund und Boden und aus ihren Häusern vertrieben wurden, weiterhin als Menschen zweiter oder dritter Klasse behandelt werden. Die einschlägigen Beschlüsse der UNO zu achten, muß auch bedeuten, diesen Menschen in Gaza, im Westjordanland, in der Diaspora endlich eine Heimat zu geben, aus der sie nicht zum zweiten, dritten oder vierten Mal vertrieben werden. Einen Staat, in dem sie ohne Einmischung von außen über ihr eigenes Schicksal bestimmen dürfen und können.

Eine völkerrechtliche Anerkennung als Staat würde den Palästinensern die Möglichkeit geben, sich gleichberechtigt zu fühlen mit anderen Völkern, die in ihrem eigenen Staat leben. Ein Staat Palästina könnte die Beziehungen zu seinen Nachbarn selbst regeln und damit auch Schritt für Schritt die Bestrebungen vieler Palästinenser aus der Welt schaffen, sich mit der Waffe in der Hand gegen Besatzer zur Wehr setzen zu wollen.

Die Versuche hiesiger Zeitungen, den Sinn und das Ziel der Petition zu relativieren, treiben indes seltsame Blüten. Da ist im »Luxemburger Wort« die Rede von Anerkennung Palästinas als »Nation«, und im »Tageblatt« wird behauptet, daß die osteuropäischen EU-Staaten, die die Anerkennung des Staates Palästina vor über 40 Jahren vollzogen haben, »damals zur Sowjetunion gehörten«… Gewisse Grundkenntnisse der jüngeren Geschichte und der internationalen Politik sollten schon vorhanden sein, wenn man darüber schreibt.

Die Petition wird das Problem nicht lösen, aber deren Behandlung wäre ein wichtiger Schritt. Darum: Palästina anerkennen!