Ausland27. September 2025

Es soll »irgendeinen Durchbruch« geben

Trumps »21-Punkte-Plan« für den Mittleren Osten und Gaza

von Karin Leukefeld

Glaubt man diversen Medienberichten, scheinen sich derzeit am Rande der UNO-Generalversammlung viele Treffen und Gespräch um den Gazastreifen und die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete – Westjordanland, Ostjerusalem – zu drehen. Die Trump-Administration hat Steve Witkoff, ihren »Sonderbeauftragten für Friedensmissionen«, darunter auch den »Konflikt« Israel-Palästina, mit viel Arbeit eingedeckt.

Am Dienstag trafen USA-Präsident Donald Trump und Witkoff mit arabischen Präsidenten und Scheichs zusammen. Laut Berichten sollen Katar, Jordanien, die Türkei, Pakistan, Indonesien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien teilgenommen haben. Trump legte dort einen »21-Punkte-Plan« vor, um den Krieg in Gaza zu beenden.

Journalisten berichten, er habe um Ideen gebeten, wie und ob man sich auf den Vorschlag endgültig einigen könne, um den Konflikt zu beenden. Viel ist – noch – nicht über das Papier in Erfahrung zu bringen, allerdings wird Witkoff mit den Worten zitiert, es werde in den kommenden Tagen »irgendeinen Durchbruch« geben. Das gemeinsame Gespräch mit den arabischen Führern sei »sehr produktiv« gewesen, ließ Witkoff durchblicken. Der »21-Punkte-Plan« komme den israelischen Interessen ebenso entgegen, wie den Interessen der anderen arabischen Nachbarländer. »Wir haben Hoffnung.«

Pläne ohne die Palästinenser

Soviel über den Plan bekannt ist, sollen alle Gefangenen (Original: Geiseln) von der Hamas freigelassen werden und es soll einen »dauerhaften Waffenstillstand« geben. Der Plan sieht einen Rahmen für die Verwaltung von Gaza ohne die Hamas vor und schlägt vor, wie der Abzug der israelischen Armee aus Gaza »nach und nach« vollzogen werden könne. Laut Diplomaten aus der Region sollen die arabischen Führer dem Plan weitgehend zugestimmt haben, an manchen Punkten aber Ergänzungen vorgelegt. So dürfe es keine Annexion der Westbank durch Israel geben und der aktuelle Status Quo von Jerusalem soll beibehalten werden. Die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen müsse erhöht werden. Auch über die illegalen israelischen Siedlungen im Westjordanland gesprochen worden.

Das Treffen sei sehr nützlich gewesen, so eine der diplomatischen Quellen. Angeblich soll Trump zugesagt haben, dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu kein »grünes Licht« für eine Annexion des besetzten Westjordanlandes zu geben. Es sei bei dem Treffen auch über die Bildung einer Nachkriegsverwaltung im Gazastreifen gesprochen worden. Einigkeit herrsche darin, daß die Hamas dort keine Funktion haben dürfe. Offenbar war auch die Bildung einer »Schutztruppe« im Gespräch. Indonesien hatte bereits angekündigt, bis zu 20.000 indonesische Soldaten für eine Friedenstruppe in die Region zu entsenden.

Beobachter führen den neuen Gesprächsanlauf auf den israelischen Angriff auf Katar zurück. Seitdem sei die USA-Administration sehr viel aktiver geworden. Außenminister Marco Rubio tourte durch die Region und forderte die Staaten der Region auf, endlich eine Verhandlungslösung aktiv zu unterstützen. »Die Zeit läuft uns davon«, sagte Rubio.

Katar hatte von Rubio eine Zusage gefordert, daß Israel das Emirat nicht wieder angreifen werde. In dem Fall werde Katar seine Verhandlungsrolle wieder aufnehmen. Zudem fordert Katar eine Entschuldigung von Israel. Bei dem Angriff auf eine Wohngegend in der katarischen Hauptstadt Doha waren am 9. September sechs Personen getötet worden. Ziel des Angriffs war die Verhandlungsdelegation der Hamas, die dort Beratungen abhielt. Unter den fünf toten Palästinensern war der Sohn von Khalil al Hayya, der die Verhandlungen auf Seiten der Hamas führt. Auch ein katarischer Offizier fiel dem Angriff zum Opfer.

»Rote Linien« und Interessen

Die Regierungen der EU-Länder erhielten eine schriftliche Fassung des »21-Punkte-Plans«. Der US-amerikanische Nachrichtensender CNN berichtete unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte europäische Diplomaten, man gehe von einem ernsthaften Vorschlag der USA aus, den »Konflikt« zu beenden. Mit dem Plan könnte man Israel daran hindern, das besetzte Westjordanland zu annektieren, wie es die rechtsextremen Minister der Netanjahu-Regierung fordern, nachdem eine Reihe westlicher Staaten in den vergangenen Tagen Palästina als Staat anerkannt hatten.

Im Fall einer Annexion des Westjordanlandes, ist eine Ausweitung des »Abraham Abkommens« unwahrscheinlich. Für die Netanjahu-Regierung wäre die Annexion das Ende eines Staates Palästina, was sein vorrangiges Ziel ist.

Mit dem »Abraham Abkommen« im Jahr 2020 hatte Donald Trump in seiner ersten Amtszeit (2017 – 2021) versucht, die Beziehungen zwischen Israel und den arabisch-muslimischen Staaten zu »normalisieren«. Von den Golfstaaten unterzeichneten lediglich Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate das Abkommen. Sudan ratifizierte das Abkommen nie, Marokko handelte sich enorme innenpolitische Proteste für die Unterzeichnung des Abkommens ein. Mit Jordanien und Ägypten ist Israel durch Friedensverträge verbunden, die aber sowohl in Amman als auch in Kairo fast auf Eis gelegt wurden.

Israel versucht mit aller militärischen Kraft, die Palästinenser aus Gaza und schließlich nach Ägypten zu vertreiben, die Palästinenser aus dem Westjordanland sollen nach Jordanien verjagt werden. Gleichwohl plant die USA-Administration die »Normalisierung« der Beziehungen mit Israel aktuell auch Syrien und dem Libanon aufzuzwingen, Saudi-Arabien bleibt angesprochen.

Schlachtfeld Gaza

Der Krieg gegen Gaza geht unvermindert weiter. Am 26. September werden bis zum Mittag 29 Tote gemeldet, darunter erneut Menschen, die Hilfe suchten. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters dokumentierte Menschen, die er unmittelbar nach erneuten Luftangriffen auf die Stadt Gaza zwischen den Trümmern entdeckte. Schreiende, mit Staub überdeckte Kinder auf einem Balkon, einen alten Mann vor der Ruine eines Hauses im Flüchtlingslager Shati. Kinder, die im Staub nach einem Luftangriff eine Straße entlanglaufen. Ein weinendes Mädchen trägt ein weinendes Kleinkind auf dem Arm.

Ein anderer Fotograf für die Nachrichtenagentur AP dokumentiert einen Jungen, der den Leichnam eines Mannes trägt, der bei dem Versuch, Nahrungsmittel zu bekommen, unweit eines Verteilzentrums für Lebensmittel der von den USA und Israel getragenen Organisation »Humanitäre Gazastiftung« (GHF) getötet wurde.