Kaleidoskop26. November 2024

Eklat in Berlin

Nan Goldin eröffnet Ausstellung mit Rede über Gaza-Krieg

von dpa/ZLV

Berlin – Begleitet von lautstarken Aktivisten hat die Künstlerin Nan Goldin ihre Ausstellung in Berlin mit einer Rede eröffnet, in der sie das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg scharf kritisiert hat. Zudem verurteilte sie mehrmals Deutschlands Haltung in dem Konflikt.

Nach ihrer Rede hielten Dutzende Aktivisten in und vor der Nationalgalerie Flaggen und Banner hoch und forderten in Sprechchören unter anderem die »Freiheit Palästinas«. Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, versuchte eine Gegenrede zu halten, wurde dabei aber niedergeschrien. Als sich die Lage beruhigt hatte, las er die Rede noch einmal vor.

Die 71-jährige US-Amerikanerin Nan Goldin zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der zeitgenössischen Fotografie. »Ich habe beschlossen, diese Ausstellung als Plattform zu nutzen, um meiner moralischen Empörung über den Völkermord in Gaza und im Libanon Ausdruck zu verleihen«, sagte sie auf der Bühne. »Deutschland ist die Heimat der größten palästinensischen Diaspora Europas. Dennoch werden Proteste mit Polizeihunden bekämpft.«

Ihre knapp vierzehnminütige Rede hatte sie mit einer vierminütigen Schweigepause begonnen, um an die Todesopfer in den palästinensischen Gebieten, im Libanon und auch in Israel zu erinnern.

»Haben Sie Angst, das zu hören, Deutschland? Dies ist ein Krieg gegen Kinder.« Nan Goldin, die aus einer jüdischen Familie stammt, sagte auch: »Meine Großeltern entkamen den Pogromen in Rußland. Ich bin mit dem Wissen über den Nazi-Holocaust aufgewachsen. Was ich in Gaza sehe, erinnert mich an die Pogrome, denen meine Großeltern entkommen sind.«

»Die gesamte Infrastruktur Palästinas ist zerstört worden. Die Krankenhäuser, die Schulen, die Universitäten, die Bibliotheken. Es ist auch ein kultureller Völkermord. Warum kannst du das nicht sehen, Deutschland?«

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der die Nationalgalerie gehört, verurteilte die Äußerungen von Goldin scharf. »Ich empfinde die von Nan Goldin im Zuge der heutigen Eröffnung ihrer Retrospektive gemachten Äußerungen als unerträglich und durch ihre Einseitigkeit gefährlich verharmlosend.« Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) nannten Goldins Äußerungen »unerträglich einseitig«. Goldins künstlerische Arbeit sei verdienstvoll. Doch »die unerträglich einseitigen Ansichten der politischen Aktivistin auch zu Israel« lehne sie ab, betonte die Grünen-Politikerin.

Nan Goldins große Retrospektive mit dem Titel »This Will Not End Well« ist bis 6. April 2025 in der Neuen Nationalgalerie in Berlin zu sehen. Die Ausstellung zeigt Goldins Lebenswerk mit Diashows und Filmen, unterlegt mit Musikstücken und Tonspuren.