Kaleidoskop16. Februar 2022

Ehrenbär für Isabelle Huppert

von dpa/ZLV

Sie hat stets etwas Geheimnisvolles an sich. Hinter der kühlen Fassade der französischen Bourgeoisie versteckt Isabelle Huppert emotionale Abgründe, Sehnsüchte, Begierden. Von einer Filmszene zur nächsten läßt sie ihre Charaktere überzeugend zu knallharten Drogenhändlerinnen mutieren oder sexuelle Exzesse durchleben. In Jahrzehnten vor der Kamera hat sich Isabelle Huppert zu einem der berühmtesten Gesichter des französischen Films gespielt. Auch auf der Berlinale ist sie Stammgast. Das Filmfestival in Berlin ehrte die 68-Jährige am Dienstag mit einem Goldenen Ehrenbären.

Subtile Charaktere sind ihr wichtiger als kommerzielle Erfolge. Ihr Archiv umfaßt etwa 150 Kinofilme, Fernsehproduktionen, Serien. Dafür wird sie immer wieder ausgezeichnet. Zweimal erhielt sie den französischen César, bekam die Silberne Palme in Cannes, den Silbernen Bären in Berlin, einige Europäische Filmpreise, den Golden Globe sowie eine Nominierung für den Oscar.

Ihre Rollen in »La dentellière« (deut. Titel: »Die Spitzenklöpplerin«), »Coup de torchon« (»Der Saustall«), Claude Chabrols »Madame Bovary« von 1991, »La Pianiste«, »8 femmes«, »Elle«, »L’Avenir« oder »Greta« gehören zu den bekanntesten Auftritten. Häufig wird ihr Name mit dramatischen Rollen in Verbindung gebracht, zuletzt zeigte sie wieder mit »La daronne« (»Eine Frau mit berauschenden Talenten«) ihre heitere Seite.

Für diese sehr unterschiedlichen Charaktere greift Huppert auf identische Ressourcen zurück. »Ich nutze im Grunde genommen dieselben Kräfte, wenn ich eine Komödie spiele oder eine dramatische Rolle. Da gibt es für mich überhaupt keinen Unterschied«, sagte sie.

Isabelle Anne Huppert ist ein Kind der französischen Hauptstadt. Geboren in Paris, lebt die Mutter von drei Kindern noch immer dort. Bereits als 14-jähriges Mädchen nahm sie Schauspielunterricht. Früh wurden Filmemacher auf sie aufmerksam.

Ihr künstlerischer Weg streifte eine stattliche Reihe großer Namen: sie drehte für Jean-Luc Godard, Bertrand Tavernier, François Ozon, Otto Preminger, Claude Chabrol, Michael Cimino, Michael Hanecke, Anne Fontaine, Patrice Chéreau, Paul Verhoeven oder Luc Bondy. Vor der Kamera stand sie dabei mit Yves Montand, Michel Piccoli, Romy Schneider, Hanna Schygulla, Peter O'Toole, Catherine Deneuve, Richard Attenborough, Philippe Noiret und Isabelle Adjani. Auf der Theaterbühne arbeitete sie mit Peter Zadek, Bob Wilson, Yasmina Reza oder Krzysztof Warlikowski.

Aus Sicht der Berlinale-Juroren ist Isabelle Huppert eine unnachahmliche Künstlerin, »die nicht zögert, Risiken einzugehen oder sich dem Mainstream entgegenzustellen«. Neben dem Goldenen Ehrenbären gibt es eine Hommage mit einigen ihrer älteren Filme.