Leitartikel25. November 2021

Wettrüsten im Weltraum

von

Als die weit über ihre Anhängerschaft als Partei der Abrüstung und des Friedens geschätzte KPL am Samstag ihr hundertjähriges Bestehen feierte, befand sich Armeeminister François Bausch auf einem viertägigen Arbeitsbesuch im sonnigen Kalifornien, um sich mit Vertretern der »United States Space Force« (USSF) zu treffen. Bereits im Juli hatten Bausch und Außenminister Jean Asselborn USA-General John W. Raymond, den Chef der Weltraumoperationen der USSF, in Luxemburg zu Gast, um – wie es in einem Kommuniqué hieß – »neue Partnerschaften mit der „Space Force“ der amerikanischen Verteidigung« auszuloten«.

Denn nicht nur finanziell, auch räumlich dehnen die USA und die von Washington kontrollierte NATO ihre Spielräume aus – aktuell vor allem in den Cyber- und den Weltraum. Während die kontinuierlich steigenden Militärausgaben der NATO-Staaten mit mehr als 1.0000 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr diejenigen Rußlands und Chinas weit hinter sich lassen, verkündete USA-Präsident Joe Biden im Juli: »Ich denke, es ist mehr als wahrscheinlich, daß, wenn wir in einem Krieg enden werden – einem echten Krieg mit einer Großmacht –, es Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite ist, und die Wahrscheinlichkeit nimmt exponentiell zu.«

An welche »Großmacht« Biden hinsichtlich eines »echten Krieges« denkt, ergibt sich daraus, daß die NATO China erst kürzlich ganz offiziell als eine »systemische Herausforderung« eingestuft hat und der Volksrepublik immer offener mit Aggression droht. Im vergangenen Monat verabschiedete der Kriegspakt zudem einen gegen die Russische Föderation gerichteten »Masterplan«, der den Einsatz von Atomwaffen einschließt, und bereits im Dezember 2019 hatte die NATO das Weltall offiziell zu einem eigenständigen »Operationsgebiet« der westlichen Kriegsallianz erklärt.

Der olivgrüne Ressortchef Bausch, der bei der Vorstellung ihres neuen Organisationsgesetzes Ende Juli beklagt hatte, die Armee habe insbesondere »im Luftfahrt-, Cyber- und im Raumfahrtbereich« noch »zu wenig qualifiziertes Personal«, erklärte (laut einem Pressekommuniqué der »Direction de la défense«) bei seinem jüngsten Arbeitsbesuch beim großen Bruder, angesichts »vieler neuer Akteure, öffentlicher wie privater«, gewinne der Weltraum »an Bedeutung für die Verteidigung«.

Mit anderen Worten: Bausch – und mit ihm die gesamte Regierung aus Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen – will bei der militärischen Nutzung des Weltraums nach Kräften mitspielen.

Um was es den USA dabei geht, machte der damalige Pentagonchef Mark Esper Ende 2019 deutlich, nachdem Bidens Vorgänger Donald Trump gerade das erste USA-Militärbudget unterzeichnet hatte, das Steuermilliarden für den Aufbau eigenständiger Weltraumstreitkräfte enthält: Die »Space Force« habe die Aufgabe, die erodierende Vorherrschaft der USA im Weltall zu verteidigen. Die »U.S. Space Force« ist die sechste Teilstreitkraft der USA neben dem Heer, der Marine, dem Marinekorps, der Luftstreitkräfte und der Küstenwache. Allerdings sind die Weltraumstreitkräfte gleichzeitig an die Luftwaffe angeschlossen.

Vergleichsweise lächerlich – aber alles andere als lustig – ist demgegenüber, daß es auf dem Diekircher Herrenberg mittlerweile nicht nur Offiziere gibt, die für die Besatzung des seit einem Jahr im belgischen Melsbroek stationierten Militärtransporter A400M zuständig sind, in der Kaserne gibt es mittlerweile auch Verantwortliche für den Cyberkrieg sowie eine Art Weltraumkommando.