Luxemburg16. November 2022

CHFEP-Avis zum Regierungsentwurf für Staatsbudget 2023:

Steuerreform statt »Space Mining«

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Das Urteil der Berufskammer der öffentlich Bediensteten CHFEP über den Regierungsentwurf für das Staatsbudget 2023 ist vernichtend. Die im nächsten Jahr von der Dreierkoalition vorgesehenen Staatsausgaben zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft und zur Wiedererlangung der Kaufkraft der Privathaushalte seien »unzureichend bis nicht existent«, heißt es im CHFEP-Avis, der am Dienstag von ihrer Vollversammlung angenommen wurde. Auf der anschließenden Präsentationspressekonferenz im CHFEP-Sitz am hauptstädtischen Boulevard Royal forderte ihr Präsident Romain Wolff die Regierung aus DP, LSAP und Grünen auf, endlich die seit langem versprochene »grundlegende Steuerreform« anzugehen.

Das aktuelle Steuersystem sei hoffnungslos veraltet und vor allem sei es höchst ungerecht. Hätten physische Personen, also in erster Linie die Schaffenden, im Jahr 2002 noch zu 51 Prozent zum Gesamtsteueraufkommen beigetragen, und juristische Personen, also die Unternehmen, zu 49 Prozent, so habe sich das Verhältnis schon bis zum Jahr 2016 derart verschoben, daß die Schaffenden bereits zu 72 Prozent zum Steueraufkommen beigetragen haben, und die Unternehmen dementsprechend nur noch zu 28 Prozent. Hinzu komme, so Wolff, daß die Einkommen der Schaffenden aus Lohnarbeit nach wie vor deutlich stärker besteuert werden als Kapitaleinkommen.

Auch ohne Steuerreform könne die Regierung zumindest die Steuertabelle an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anpassen, fordert die CHFEP. Wenn es jetzt heiße, das koste aber 600 Millionen Euro, dann solle die Regierung ihre Prioritätensetzung überdenken. Zu den fragwürdigsten Ausgaben der Regierung, so der Kammerpräsident, zählten die im Staatsbudget eingeplanten 200 Millionen Euro zur Fortsetzung des nicht sehr realistischen Traums vom Bergbau auf Asteroiden (»Space Mining«), die vielen Millionen für den Luxemburger Pavillon auf der Weltausstellung in Dubai und die zusätzlichen 139 Millionen Euro zum Bau des zweiten militärischen Spionagesatelliten, der anfangs 170 Millionen Euro kosten sollte.

Daß die Familienleistungen wieder an die Teuerungsrate des Indexwarenkorbes gekoppelt, also »reindexiert«, wurden, sei zu begrüßen, die CHFEP habe aber gefordert, die seit der Entindexierung 2006 aufgelaufenen Realsenkungen in irgendeiner Form auszugleichen. Das sei nicht geschehen, obwohl die Regierung den drei national repräsentativen Gewerkschaften OGBL, CGFP und LCGB bereits vor acht Jahren, im November 2014, in einem sogenannten Bipartiteabkommen zugesichert hat, die Familienleistungen wieder zu indexieren. Zumindest die Verluste seit ihrem Versprechen solle die Regierung den Familien rückwirkend zukommen lassen.

Weil sich der Populismus nicht erst seit der Coronakrise auch in Luxemburg im Aufwind befinde, will es die Berufskammer der öffentlich Bediensteten Bürgern erleichtern, der Abgeordnetenkammer Vorschläge für neue Gesetze zu unterbreiten. Geradezu »unseriös« sei ein diesbezüglicher Gesetzesvorschlag der Verfassungskommission des Parlaments, weil er von 125 Personen verlange, innerhalb von nur vier Wochen 12.500 Unterschriften unter ihren Gesetzesvorschlag zu sammeln, sowie eine Schätzung der Kosten im Falle seines Inkrafttretens vorzulegen. Schon die Regierung und ihre Ministerien hätten doch Probleme mit solchen Schätzungen, gab Wolff zu bedenken.