Keine Lösung für Spanien in Sicht
Was bereits im Wahlkampf zu den Dezember-Wahlen in Spanien deutlich wurde, ist nun eingetreten. Außer der Kommunistischen Partei der Völker Spaniens (PCPE) gibt es keine landesweit agierende Parteien bzw. Wahlbündnisse, die eine echte Alternative zum bestehenden gesellschaftlichen System anbieten. Die sich als links verstehenden oder »links« gebenden Parteien haben sich lediglich einen harten Wettbewerb mit vorwiegend populistischen Wahlversprechen geliefert, die alle darauf hinausliefen, den spanischen Kapitalismus ein wenig »besser« zu verwalten, ihn für die Menschen ein wenig erträglicher zu machen. Das betrifft in erster Linie die sozialdemokratische PSOE, die einst von deutschen Sozialdemokraten mitgegründet und hochgepäppelt wurde, also von einer Partei, die Mitte der siebziger Jahre bereits umfangreiche Erfahrungen bei der Verwaltung des Systems gesammelt hatte. Die PSOE war vor allem darauf bedacht, die nach dem Tod des greisen Diktators Franco und angesichts der in sich zusammenfallenden faschistischen Diktatur bei vielen Spaniern aufkommende Hoffnung auf eine echte Alternative in Bahnen zu lenken, die sowohl dem spanischen Kapital als auch den Interessen der ausländischen Kapitalgruppen keinen Schaden zufügen könnte.
Die einst starke Kommunistische Partei Spaniens, PCE, war nach dem Dahinscheiden des Generalissimus Franco im November 1975 machtvoll aus der Illegalität an die Öffentlichkeit getreten. Zehntausende Spanier kamen zur Begrüßung der legendären Passionaria, der PCE-Vorsitzenden Dolores Ibarruri in die Große Arena von Madrid. Dem »Gespenst des Kommunismus«, wie es Marx und Engels 1848 formuliert hatten, dem Erstarken der Kommunisten in der spanischen Gesellschaft, der Hoffnung auf ein Wiedererstehen der ruhmvollen Spanischen Republik, und letztlich auch dem Einfluß der Nelkenrevolution vom April 1974 im Nachbarland Portugal mußte mit allen Mitteln das Wasser abgegraben werden. Und so vereinten sich – wie es schon im Kommunistischen Manifest vorausgesagt wurde – erneut sämtliche Kräfte der Reaktion gegen dieses Gespenst.
Durch die Wühltätigkeit der Reaktion, finanziert mit
viel Geld aus sprudelnden finsteren Quellen im In- und Ausland, aber auch durch die Ideologie des »Eurokommunismus« wurde die einst so stolze PCE nach und nach in die faktische Bedeutungslosigkeit geführt, und sie erringt heute nur noch bescheidene Wahlerfolge im Rahmen der »Izquierda Unida«, einer Mitgliedsorganisation der »Europäischen Linkspartei« (EL). Unter dem Einfluß und nach dem Vorbild der griechischen SYRIZA und mit aktiver Unterstützung eben jener EL entstand schließlich die »Linkspartei« Podemos, die in den Wahlkämpfen mit der IU konkurrierte. Und letztlich mit dem Etikett der »jugendlichen Frische« auch die Gruppierung der »Bürger«, die sich inzwischen bereits als rechtsliberale Partei im Interesse des spanischen Kapitals entpuppte.
Auch die einst starke und einflußreiche Gewerkschaft »Comissiones Obreras« (Arbeiterkommissionen, CC.OO.), die in den 70er und 80er Jahren unter Führung klassenbewußter kommunistischer Arbeiter machtvolle Aktionen organisierte, hat sich inzwischen weitgehend auf die Positionen der »Sozialpartnerschaft« erniedrigen lassen und hat stark an Einfluß verloren.
Die nun erneut zur Wahl antretenden Parteien und Bündnisse des linken Spektrums sind – mit Ausnahme der PCPE – allesamt Verfechter eines Kapitalismus mit freundlicherem Antlitz. Keine von ihnen tritt mit dem Ziel an, die Besitzverhältnisse an den Produktionsmitteln oder auch nur die Mitgliedschaft Spaniens in der EU und der NATO ernsthaft in Frage zu stellen. Somit wird es auch nach den Wahlen vom 26. Juni keine Lösung im Interesse der Schaffenden Spaniens geben.
Uli Brockmeyer