Dunkle Wolken am Regenbogenhimmel
Sah es jahrelang so aus, als würde sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten auch in Luxemburg mit immer mehr Freundlichkeit und Toleranz begegnet und als würden bestehende Diskriminierungen sukzessive abgebaut, so trübt sich das Bild vom wolkenlosen Regenbogenhimmel bei näherem Hinsehen schnell ein. Nicht nur in den USA unter Trump, auch in Europa geht es bei der Gleichstellung queerer Menschen mittlerweile wieder zurück.
Die »Rainbow Map« (Regenbogenkarte) der ILGA (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association), mit der die Lage sexueller und geschlechtlicher Minderheiten anhand eines Gleichstellungsindex in 49 europäischen Ländern analysiert wird, registrierte zuletzt einen Abbau bereits erreichter Rechte. Besonders erwähnt werden in diesem Jahr abermals das EU-Land Ungarn, aber auch Georgien und das seit über einem Jahr von Sozialdemokraten regierte Britannien, wo kürzlich neue Gesetze gegen LGBTIQ+ erlassen wurden.
Die Daten verdeutlichten, so die ILGA in einer Stellungnahme zur diesjährigen Worldpride, daß der Abbau von Minderheitenrechten Teil einer allgemeinen Aushöhlung des demokratischen Schutzes in ganz Europa sei. Während Belgien auf Platz zwei und Deutschland immerhin auf den achten Platz vorrückten, verschlechterte sich Luxemburg auf der »Rainbow Map« und fiel 2025 vom siebten auf den zehnten Platz zurück.
Das dürfte unter anderem daran liegen, daß sexuelle und geschlechtliche Minderheiten auch nach zehn Jahren unter einem schwulen Premierminister (dem die ersten sechs Jahre ein schwuler Vizepremier zur Seite stand) noch immer als irgendwie »krank« angesehen werden und folglich geglaubt wird, diese Menschen hätten eine »Heilung« nötig.
So gilt eine Transidentität in Luxemburg noch immer als psychische Krankheit, die zuerst diagnostiziert werden muß, bevor überhaupt eine Aussicht auf größere medizinische Maßnahmen, von der Hormonersatztherapie bis zur angleichenden Operation, besteht.
Auch werden intergeschlechtlich geborene Kinder, anders als zum Beispiel seit 2021 in Deutschland, noch immer nicht vor medizinisch überflüssigen Operationen an den äußeren und inneren Genitalien und den Keimdrüsen geschützt, mit denen ihr Geschlecht direkt nach der Geburt weiblich oder männlich gemacht wird. Diese »geschlechtsangleichenden Eingriffe«, zu denen viele völlig überforderte Eltern von den behandelnden Ärzten gedrängt werden, haben mehrere Ausschüsse der UNO als Verletzung der Menschenrechte klassifiziert und die betreffenden Länder aufgefordert, sie zu verbieten.
Vor allem aber konnte sich die Dreierkoalition aus DP, LSAP und Grünen in zehn langen Jahren nicht dazu durchringen, sogenannte Konversionstherapien, bei denen die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität der »Patienten« verändert oder unterdrückt werden soll, zu verbieten. Sogar in Spanien, das noch viel mehr als das Marienland vom Katholizismus durchdrungen ist, gelang das schon vor drei Jahren. Wer in Spanien gegen das Verbot solcher »Umpolungsbehandlungen« verstößt, riskiert eine Geldstrafe von bis zu 150.000 Euro.
Bei jenen, die für die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten kämpfen, setzt sich hoffentlich bald die Erkenntnis durch, daß es nicht reicht, einmal im Jahr auf einer von Großunternehmen gesponserten Pride-Parade Imagepflege zu betreiben und sich selbst zu feiern.
Oliver Wagner