Die westliche Rüstungsgemeinschaft
Westliche Mächte stellen zwei Drittel der globalen Rüstungsexporte. Beliefert werden Irans arabische Rivalen und potenzielle Gegner Chinas
Die USA, die EU und die westliche Welt insgesamt haben ihren ohnehin dominanten Anteil an den boomenden globalen Rüstungsexporten weiter gesteigert. Dies geht aus dem aktuellen Bericht des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI zum internationalen Handel mit Kriegsgerät hervor (die »Zeitung« berichtete).
Hauptprofiteure der Aufrüstung
Insgesamt befanden sich die Rüstungsexporte im Zeitraum von 2015 bis 2019 auf dem höchsten Niveau seit dem Ende des Kalten Kriegs. Sie lagen laut SIPRI um 5,5 Prozent über denjenigen im Zeitraum von 2010 bis 2014 und sogar um 20 Prozent über denjenigen zwischen 2005 und 2009. Mit Abstand größter Verkäufer schwerer Waffen waren dabei die USA, die ihren Anteil von 31 Prozent (2010 bis 2014) auf 36 Prozent (2015 bis 2019) steigerten. Gleichfalls zugelegt hat die EU; ihre Mitgliedstaaten – Britannien noch inklusive – konnten ihre Waffenausfuhren um neun Prozent ausweiten und erreichten gut 26 Prozent des globalen Rüstungsexports. Damit lagen sie deutlich vor Rußland, dessen Exportanteil von 27 auf 21 Prozent fiel.
EU auf Platz zwei
Liegt die EU nun nach den USA auf Platz zwei, so stehen die Staaten Nordamerikas und Europas (ohne Rußland) zusammen für 66 Prozent der internationalen Waffenlieferungen. Sie sind die Hauptprofiteure der Aufrüstung weltweit.
Deutschland hat seinen Anteil am internationalen Waffenhandel gesteigert und in den Jahren von 2015 bis 2019 5,8 Prozent des globalen Rüstungsexports gestellt – 17 Prozent mehr als im vorigen Zeitraum von 2010 bis 2014; auf der globalen Rangliste sämtlicher Rüstungsexporteure überhaupt reicht das für Rang vier.
SIPRI vergleicht Fünfjahreszeiträume, da es in der Rüstungsbranche aufgrund teilweise weit überdurchschnittlicher Einzelaufträge – etwa für große Kriegsschiffe – immer wieder zu starken Schwankungen bei einzelnen Jahreswerten kommt. Der SIPRI-Bericht, der sich ausschließlich auf schwere Waffen bezieht, arbeitet zudem mit einer speziellen Kennziffer, die nicht den Preis, sondern die militärischen Fähigkeiten des jeweiligen Kriegsgeräts mißt. Das sichert die Vergleichbarkeit etwa deutscher und chinesischer Exporte trotz der unterschiedlichen nationalen Preisniveaus.
Irans arabische Rivalen
Die Region, die weltweit die meisten schweren Waffen kauft, sind die Länder des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas. Sechs der zehn größten Importeure von Kriegsgerät befinden sich laut SIPRI dort. Saudi-Arabien hat seine Rüstungskäufe um 130 Prozent aufgestockt und ist mit einem Anteil von zwölf Prozent am Weltmarkt größter Abnehmer schwerer Waffen überhaupt. Zu den Top Ten zählt mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, einem Hauptkunden deutscher Rüstungskonzerne, ein zweites Land, das am Krieg im Jemen beteiligt ist. Die Emirate werden wie Saudi-Arabien und das Emirat Qatar (Platz zehn auf der SIPRI-Rangliste), die gleichfalls zu den wichtigsten Käufern deutschen Kriegsgeräts gehören, weitgehend von westlichen Firmen hochgerüstet – vor allem gegen Iran.
Chinas potenzielle Gegner
Neben der Krisenregion am Persischen Golf rüsten die westlichen Staaten vor allem aktuelle und potenzielle Rivalen Chinas auf. Viertgrößter Waffenimporteur überhaupt ist Australien, das zuletzt 4,9 Prozent aller Einfuhren schwerer Waffen weltweit orderte. Das Land profiliert sich seit einiger Zeit als Hardliner im Machtkampf des Westens gegen China; es wurde im Zeitraum von 2015 bis 2019 vor allem von den USA, Spanien und Frankreich mit Kriegsgerät beliefert, zählt inzwischen aber auch zu den Spitzenkunden deutscher Waffenschmieden.
Siebtgrößter Waffenimporteur der Welt ist laut SIPRI Südkorea (3,4 Prozent aller Einfuhren schweren Kriegsgeräts), das unter anderem den größten Auslandsstützpunkt der USA-Streitkräfte beherbergt und das im Zeitraum von 2015 bis 2019 beinahe ein Drittel seiner Rüstungsgüter in Deutschland gekauft hat. Potenzielle Gegner Chinas in Ost- und in Südostasien und im Pazifikgebiet erhalten ein Sechstel aller globalen Waffenlieferungen; sie werden dabei überwiegend von westlichen Ländern bedient. Einige von ihnen – neben Südkorea beispielsweise auch Singapur – sind traditionelle Käufer deutschen Kriegsgeräts.
83 Prozent aus dem Westen
Der aktuelle SIPRI-Bericht bestätigt einmal mehr die dominante Stellung westlicher Waffenschmieden im globalen Geschäft mit Kriegsgerät. Bereits im Dezember hatte ein SIPRI-Bericht gezeigt, daß von den 100 größten Rüstungsunternehmen weltweit 70 ihren Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika oder in Europa haben (ohne Rußland und die Türkei); sie produzieren gut 83 Prozent des Kriegsgeräts, das von den globalen Top 100-Rüstungsfirmen hergestellt wird. Allein im Jahr 2018 verließen Rüstungsgüter im Wert von 348 Milliarden US-Dollar ihre Fabriken, mehr als die gesamte Wirtschaftsleistung etwa Dänemarks. Die 27 Waffenschmieden aus Europa, die zu den globalen Top 100 zählen, stellten im Jahr 2018 Kriegsgerät im Wert von rund 102 Milliarden US-Dollar her.
German Foreign Policy
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(Foto: Jussi Nukari/Lehtikuva/dpa)