Leitartikel09. Januar 2017

Luxemburg ist ein Steuerparadies …

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… aber nicht für die Lohnabhängigen, sondern für das Kapital und insbesondere für das Groß- und Finanzkapital.

Der Berufungsprozeß um »Luxleaks« und die Enthüllung von Steuerdeals internationaler Konzerne mit dem Luxemburger Staat ist da nur die Spitze des Eisbergs. Bekanntlich benutzten seit 2002 mindestens 340 internationale Konzerne diese Steuerwaschmaschine und sparten dank der institutionalisierten Steuervermeidung Milliarden Steuern.

Doch wie das im real existierenden Kapitalismus die Regel ist, werden nicht die Konzernmanager und die Regierenden, die diese Deals wollten und ermöglichten, zur Rechenschaft gezogen, sondern die kleinen Angestellten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die dafür sorgten, dass Einzelheiten dieser Praxis, die sich bis heute hinter dem Rücken der Öffentlichkeit abspielt, ans Tageslicht kamen.

Die Steuergeschenke für das Kapital gehen weit über die Grauzone der Steuerdeals hinaus. Viele Geschenke erfolgen am helllichten Tag und sind in Gesetzen festgehalten, denen die verschiedenen Fraktionen der bürgerlichen Einheitspartei im Parlament wohlwollend zustimmen und die dazu führen, dass der Anteil des Kapitals am Gesamtsteueraufkommen seit Jahrzehnten zurückgeht.

Die punktuelle Steuerreform, die zum 1. Januar 2017 in Kraft trat, hält zum Beispiel fest, dass die Körperschaftssteuer für Betriebe von 21 auf 19 Prozent zurückgeht und ein Jahr später sogar auf 18 Prozent, so dass der globale Steuersatz für Unternehmen nur noch 26,01 Prozent betragen wird, statt bisher 29,22 Prozent. Doch selbst das entspricht nicht der vollen Wahrheit, denn zusätzliche Geschenke, zum Beispiel in Form von Investitionsbeihilfen und Abschreibungen führen in der Realität dazu, dass Unternehmen nur 15 Prozent oder noch weniger an Steuern an zahlen.

Und dann gibt es da noch das Finanzkapital, die Banken, Finanzgesellschaften und Investment- und Spezialfonds, die seit jeher besonders gehätschelt werden, weil sie die Vermögen der reichen Familien bunkern und dazu beitragen, den Kapitalbedarf großer Konzerne zu decken und damit den kapitalistischen Reproduktionsprozeß stärken und die Spekulation an den Börsen befeuern.

In Luxemburg verwalten diese Investmentfonds inzwischen Anlagevermögen in Höhe von mehr als 3.826 Milliarden Euro. Zum Vergleich: die Gesamtausgaben im Luxemburger Staatshaushalt von 2017 betragen gerade mal 18 Milliarden Euro.

Ausgerechnet diese Investmentfonds bezahlen nur wenig Steuern, manche davon – und das geht dann schon nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut – nur 0,01 Prozent.

Das alles ist ganz legal, aber ist es nicht auch hochgradig kriminell in einem Land, in dem das garantierte Mindesteinkommen und der gesetzliche Mindestlohn unter oder knapp über dem Existenzminimum liegen und Armut, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot schlimme Auswirkungen haben?

Eine Erhöhung der Kapitalsteuern drängt sich unter diesen Umständen förmlich auf, vorausgesetzt, man setzt sich ein klein wenig soziale Gerechtigkeit zum Ziel. Will man dieses System aber vom Kopf auf die Füße zu stellen, bedarf es schon grundlegender Eingriffe in die kapitalistischen Besitzverhältnisse. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

Ali Ruckert