Kaleidoskop18. März 2022

Mindestens vier Tote und viele Verletzte bei Erdbeben in Fukushima

von dpa/ZLV

Ein starkes Erdbeben hat im japanischen Fukushima mindestens vier Menschenleben gefordert und beträchtliche Schäden angerichtet. Mehr als 200 Menschen seien verletzt worden, berichtete der Fernsehsender NHK am Donnerstag. In der Atomruine Fukushima sei der Druck im Sicherheitsbehälter eines der drei beim Super-GAU im März 2011 zerstörten Reaktoren abgefallen. Der Betreiberkonzern TEPCO sei noch dabei, die Ursache zu ermitteln. Die Meßstationen auf dem Gelände des fast auf den Tag vor elf Jahren durch ein schweres Erdbeben mit Tsunami havarierten Atomkraftwerks zeigten aber keine erhöhten Werte radioaktiver Strahlung.

Eine zunächst ausgegebene Warnung vor einem einen Meter hohen Tsunami wurde gestern am frühen Morgen (Ortszeit) wieder aufgehoben. Die schweren und ungewöhnlich langandauernden Erschütterungen rissen am Mittwoch viele Menschen im Nordosten Japans sowie in weiteren Landesteilen einschließlich der Hauptstadt Tokio aus dem Schlaf. In mehr als 2,2 Millionen Haushalten fiel zwischenzeitlich der Strom aus, allein in Tokio waren rund 700.000 betroffen. Die Regierung von Premier Fumio Kishida schickte das Militär, um bei der Wiederherstellung Trinkwasserversorgung zu helfen.

Das japanische Fernsehen zeigte teils schwer beschädigte Häuser, Schreine und aufgerissene Straßen. In einem Tempel der Stadt Minamisoma in Fukushima stürzten fast zwei Dutzend Grabsteine um, darunter auch von Opfern der Katastrophe vom 11. März 2011. Damals waren 20.000 Menschen in den Fluten gestorben. »Ich habe zwei starke Erschütterungen gespürt und sah, wie geparkte Autos auf und ab hüpften, weil der Boden bebte«, sagte ein Wachmann im Rathaus von Soma der Nachrichtenagentur Kyodo. Die Erschütterungen erinnerten viele an die Katastrophe vor elf Jahren.

In Geschäften fielen Waren aus den Regalen, in Wohnungen und Büros stürzten Möbel um. In Fukushimas Nachbarpräfektur Miyagi wurden mehrere Schulgebäude beschädigt. Dutzende Schulen mußten vorübergehend geschlossen werden. Rund 18.000 Fahrstühle in den betroffenen Gebieten blieben zeitweise stecken.

Im Reaktorblock 1 der Atomruine Fukushima, wo sich in Folge der Kernschmelzen vor elf Jahren noch geschmolzener Kernbrennstoff befindet, sei der Druck im Sicherheitsbehälter unmittelbar nach dem Beben kurzzeitig gestiegen, meldete NHK. Da die Überprüfung des Vorfalls Zeit benötige, sei der geplante Einsatz eines weiteren Roboters zum Aufspüren des geschmolzenen Brennstoffs in dem Reaktor verschoben worden. Der Reaktorblock 1 ist einer von drei Reaktorblöcken, die beim Super-GAU zerstört worden waren.

Die Regierung hatte zunächst von keinen neuen Unregelmäßigkeiten gesprochen. Doch auch das Kühlsystem für die Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente in den Reaktoren 2 und 5 stoppte in Folge der starken Erschütterungen vorübergehend, meldeten lokale Medien unter Berufung auf TEPCO. Auch ein Kühlsystem in einem Abklingbecken im Atomkraftwerk Fukushima-Daini zwölf Kilometer südlich der Atomruine fiel aus, konnte aber ebenfalls wieder aktiviert werden. Ebenso sei das Kühlsystem für abgebrannte Brennelemente im Atomkraftwerk Onagawa in Miyagi betroffen gewesen.

Im Turbinengebäude des Reaktors Nr. 5 der Atomruine Fukushima-Daiichi ging ein Feueralarm los, es seien aber keine Anomalien festgestellt worden, versicherte die japanische Atomaufsicht. Durch das Beben entgleiste auch ein Hochgeschwindigkeitszug – die rund 100 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord des Shinkansen blieben aber unverletzt. Gestern war noch nicht abzusehen, wie lange die Instandsetzungsarbeiten an der Bahnstrecke dauern würden.

In Tokios Nachbarpräfektur Kanagawa sowie in den Präfekturen Ibaraki, Akita und Yamagata im Norden gab es ebenfalls Verletzte, berichteten lokale Medien. Das Beben hatte Japan am Mittwoch um 23.36 Uhr Ortszeit erschüttert. Das Zentrum lag in 57 Kilometern Tiefe vor der Küste Fukushimas. Die Meteorologische Behörde Japans gab die Stärke zunächst mit 7,3 auf der Richter-Skala an, erhöhte sie später aber auf 7,4.