Leitartikel12. September 2025

Bestellt und abgeholt

von Uli Brockmeyer

Am Dienstag forderte der ukrainische Präsident in seiner allabendlichen »Botschaft« an das Volk, die auch in den westlichen Medien täglich besondere Beachtung findet, die Lieferung von mehr Flugabwehrsystemen an die Ukraine. »Es muss schnellere Entscheidungen zu Lieferungen geben, vor allem bei Patriot-Systemen«, sagte er. Das zu diesem Zeitpunkt in London stattfindende »Ramstein-Treffen« der »Ukraine-Kontaktgruppe« müsse »konkrete Ergebnisse liefern«. Dazu erwarte er stärkere Finanzhilfen der NATO-Staaten für den Kauf US-amerikanischer Waffen.

Anlaß für diese Forderung war eine zuvor von ihm verbreitete Meldung über einen russischen Angriff am Montag im Donbass, bei dem angeblich 20 Menschen gezielt getötet worden waren, die dort nach ihrer Rente anstanden. In manchen Medien, wie im hiesigen »Tageblatt«, war auch von 24 Toten die Rede – allerdings fehlte ein Hinweis auf den Wahrheitsgehalt der Meldung. Ein solcher erschien am selben Tag, als in einigen Medien gemeldet wurde, daß am Montag in Gaza 59 Palästinenser bei massiven Angriffen Israels getötet worden waren. In diesem Fall erfolgt stets der Hinweis, daß sich die Angaben »nicht unabhängig überprüfen« ließen, denn immerhin stammten sie ja von palästinensischen Gesundheitsbehörden.

Einen Tag später wurde das Publikum erschüttert von Meldungen über einen massiven Drohnen-Angriff auf polnisches Staatsgebiet. Die Information vom frühen Morgen, laut der das polnische Militär die Herkunft der Drohnen prüfe, wurde wenig später ersetzt durch die Entscheidung der polnischen Regierung, es habe sich »eindeutig« um russische Drohnen gehandelt. Beweise dafür wurden nicht mitgeliefert – warum auch, wenn der Premierminister es sagt, und wenig später von so gut wie allen Anführern im freien Westen, vor allem Merz, Macron, Rutte und von der Leyen bekräftigt wird.

Der »massive Angriff« führte zu einem zerstörten Dach eines Bauernhauses. Wenige Tage zuvor hatte ein »gezielter Angriff auf die Regierung« in Kiew zu einem Feuer aus zwei Fenstern im obersten Stock eines Regierungsgebäudes in Kiew geführt. Was gezielte Angriffe ausrichten, kann man bei den Attacken Israels in Gaza tagtäglich erkennen, vor allem bei den Luftangriffen auf höhere Gebäude in der Stadt Gaza. Die Begründung dafür, es handle sich um »Stützpunkte von Hamas-Terroristen«, wird von den Medien auch hierzulande gern – bar jeden Zweifels – weiterverbreitet.

Der Sinn der Meldungen über angebliche Angriffe aus Rußland gegen Polen erschließt sich recht eindeutig. Die polnische Regierung forderte unverzüglich Beratungen zum NATO-Artikel 4, der gemeinsame Positionen im Falle einer militärischen Bedrohung vorsieht. Die Präsidentin der EU-Kommission verkündet in ihrer Rede zur Lage der Union kurz darauf ein Programm zur Entwicklung und Produktion von Drohnen, gemeinsam mit der Ukraine. Und am Donnerstag hat die Ukraine bei der EU eine weitere Milliarde Euro abgeholt – der Staat, der weiterhin von internationalen Organisationen als einer der korruptesten der Welt geführt wird. Niemand ist auf die Idee gekommen, mal mit Moskau zu reden, und der Frage nach der Herkunft der 16 in Polen aufgefundenen Drohnen nachzugehen. Verschärfung der Konfrontation verdrängt jeglichen Gedanken an Konsultation.

Das Kriegsgeschrei wird jeden Tag lauter, wird jeden Tag unerträglicher, wird jeden Tag gefährlicher. Wollen wir wirklich »kriegstüchtig« werden, wollen wir uns wirklich auf einen totalen Krieg einstellen?