So überflüssig wie der Militärflieger
Wenn die NATO es zur Erreichung ihres Zweiprozentziels akzeptiert, will die Regierung ein Militärkrankenhaus bauen lassen
Déjà-vu: Wie der damalige CSV-Premier Jean-Claude Juncker und sein LSAP-Vize Jean Asselborn im Frühjahr 2003 die Werbetrommel für den Militärflieger A400M rührten, für den dem deutsch-französischen Rüstungskonzern EADS dann ein dreistelliger Millionenbetrag überwiesen wurde, um den luxemburgischen Militärtransporter dann dauerhaft im belgischen, zwischen Brüssel und Löwen gelegenen Melsbroek zu stationieren, so versucht die neue Regierung aus CSV und DP erneut, den Steuerzahlern ein Militärkrankenhaus schmackhaft zu machen. Schon 2015 hatte es unter dem olivgrünen Armeeminister François Bausch einen Vorstoß zum Bau eines Kriegsspitals gegeben.
Führten die Vertreter der Mehrheitsparteien im Parlament vor zwei Jahrzehnten ins Feld, der A400M sei nicht überdimensioniert, könne er doch auch Hilfsgüter in Katastrophengebiete befördern, obwohl das zivile Transportflugzeuge auch und viel billiger können, weshalb bei internationalen Hilfsaktionen fast nie auf Militärflugzeuge zurückgegriffen wird, so erklären die Chamberdeputierten von CSV und DP heute, das Militärspital, das es in ihr Regierungsprogramm geschafft hat, sei nicht überdimensioniert, weil es auch zivil genutzt werden könne. Bleibt die Frage, warum nicht gleich die bestehenden zivilen Polikliniken ausgebaut werden.
In der Gesundheitskommission des Parlaments mußte der DP-Deputierte Gusty Graas am Mittwoch zudem einräumen, daß es noch völlig ungeklärt ist, ob die NATO die Millionen, die die Regierung in den Bau eines Militärkrankenhauses stecken will, als Rüstungsausgaben zur Erreichung ihres Zweiprozentziels akzeptiert. Das Kriegsbündnis fordert von seinen Mitgliedern, mindestens zwei Prozent der Jahreswirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP) für Militärausgaben aufzuwenden.
Die offensichtliche Überdimensioniertheit eines eigenen Spitals für die Armee läßt sich auch nicht mit der Behauptung vom Tisch wischen, die »Nachfrage« (Graas) ließe sich erhöhen, wenn das luxemburgische Militärkrankenhaus auch verletzte Soldaten verbündeter Streitkräfte aufnehmen würde. Denn die vier wichtigsten Verbündeten der Luxemburger Armee haben nur wenige Flugminuten vom Großherzogtum entfernt ihre eigenen Militärkrankenhäuser: Die Belgier haben das Hôpital militaire Saint-Laurent in Lüttich sowie das Hôpital militaire Reine Astrid in Brüssel. Frankreich hat im grenznahen Metz das erste von mittlerweile acht Hôpitaux d'instruction des armées und Deutschland hat im rheinland-pfälzischen Koblenz seit der Wiederbewaffnung der BRD das Bundeswehrzentralkrankenhaus. Mit 1.485 Mitarbeitern ist es das größte spezialisierte Spital der deutschen Streitkräfte.
Noch abwegiger ist es, daß die USA ein luxemburgisches Militärkrankenhaus in Anspruch nehmen, haben sie doch im angrenzenden deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz mit Ramstein bei Kaiserslautern die größte Basis der U.S. Air Force außerhalb des eigenen Landes und in der Nähe in Landstuhl auch das größte Militärkrankenhaus außerhalb der USA. Das dortige U.S. Regional Medical Center hat 3.300 Mitarbeiter.
Washington hat angekündigt, seine Militäreinrichtungen in Rheinland-Pfalz – zu denen insbesondere auch die U.S. Air Base Spangdahlem in der Eifel und der U.S. Army-Stützpunkt Baumholder bei Idar-Oberstein gehören – in den nächsten Jahren mit deutlich mehr als einer Milliarde US-Dollar auszubauen. Dazu gehört wiederum der Neubau eines Lazaretts in Weilerbach bei Ramstein, das das Hospital in Landstuhl als größtes US-amerikanisches Militärkrankenhaus außerhalb der USA ablösen soll.