Ausland11. September 2021

Aufregung um Öl

USA versuchen weiter iranische Lieferungen in den Libanon zu verhindern

von Manfred Ziegler

Lange Schlangen vor wenigen offenen Tankstellen, Diesel ist knapp und teuer, die Stromproduktion viel zu gering. Gegen die Energiekrise des Libanon will die Hisbollah per Schiff Diesel aus dem Iran importieren. Schon die Ankündigung führte zu hektischer Betriebsamkeit in westlichen Botschaften. Die USA-Botschafterin im Libanon, Dorothy Shea, träumt, seit die Hisbollah ihren Plan bekannt gab, von Stromlieferungen aus Jordanien in den Libanon. Durch das Transitland Syrien – entgegen den bestehenden USA-Gesetzen und Sanktionen. Für Syrien wäre es ein Erfolg gegen die Sanktionen.

Die Energiekrise des Libanon ist Ausdruck der tiefen Krise des Landes. Der fallende Kurs des libanesischen Pfund gegenüber dem US-Dollar macht alle Importe teurer. Am Ende lassen sich Ölimporte einfach nicht mehr finanzieren, wenn sie in Dollar bezahlt werden müssen. Auch Privatleute, die mit Dieselgeneratoren Strom erzeugen, stehen vor diesem Problem. Wer genug Geld hat, versucht, auf Solarenergie auszuweichen.

Die geschäftsführende Regierung hat inzwischen einen teilweisen Ersatz für teure Importe gefunden. Ohne Einsatz von Devisen können 84.000 Tonnen Schweröl aus dem Irak geliefert werden, das allerdings nicht für die Erzeugung von Strom geeignet ist. Es wird von einem Unternehmen in Dubai ausgetauscht gegen insgesamt 63.000 Tonnen Diesel unterschiedlicher Qualität.

Mittlerweile erreicht die Stromproduktion im Libanon allenfalls noch zwei Drittel des Höchststandes in den Jahren bis 2019. Um die aktuelle Stromproduktion zu erhöhen, schlug USA-Botschafterin Shea vor, Erdgas aus Ägypten nach Jordanien zu liefern, dort zu verstromen und über Syrien in den Libanon zu liefern.

Etliche Teilnehmer einer Delegation des USA-Kongresses unterstützen den Vorschlag von Shea. Einer von ihnen, Senator Christopher Van Hollen, bemerkte allerdings, die Schwierigkeit liege im Transport durch Syrien. Doch die USA-Regierung suche mit Hochdruck nach Möglichkeiten, dieses Hindernis zu umgehen, trotz des »Caesar Act«. Dieses Gesetz verbietet bekanntlich Geschäfte jeder Art mit Syrien bei Strafe von Sanktionen.

Die Regierungen Syriens und des Libanon – und übrigens auch die Hisbollah – unterstützen den Vorschlag von Shea. Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges reiste eine hochrangige Regierungsdelegation aus dem Libanon nach Damaskus. Unter Leitung der Stellvertretenden Ministerpräsidentin und Verteidigungsministerin Zeina Akar wurden mit dem syrischen Außenminister Faisal Mekdad konkrete Schritte diskutiert, wie Strom und Gas in den Libanon geliefert werden können (die »Zeitung« berichtete). Ein weiteres Treffen fand am Mittwoch in Amman statt. Hier sollen die Energieminister aus Ägypten, dem Libanon, Jordanien und Syrien Wege zur Unterstützung des Libanon besprechen.

Während Teilnehmer der Delegation des USA-Kongresses darüber nachdenken, Ausnahmen von den Sanktionen gegen Syrien zuzulassen, um die Energieversorgung des Libanon sicherzustellen, warnen sie zugleich vor zusätzlichen Sanktionen gegen den Libanon, sollte Öl aus dem Iran importiert werden. Senator Richard Blumenthal aus Connecticut bezeichnete die Hisbollah als »Krebs einer terroristischen Organisation«. Öl zu liefern sei eine bösartige Aktion des Iran. Es gebe für den Libanon überhaupt keinen Grund, Öl aus dem Iran zu importieren, weil es genügend andere Möglichkeiten gebe.

So schlug die Initiative der Hisbollah hohe Wellen – noch bevor das erste von drei bisher geplanten Schiffen am Hafen festgemacht hat.